Burghard B. Rieger:

Theorie der unscharfen Mengen und empirische Textanalyse

In: Klein, W. (Hrsg.): Methoden der Textanalyse [medium literatur 3], Heidelberg (Quelle & Meyer) 1977, S. 84-99


Kurzfassung

Mathematisch-statistische Untersuchungen im Bereich von Sprache und Texten erscheinen problematisch, wenn sie nicht nur Buchstaben, Silben und Wörter zählen, sondern Einsichten zu vermitteln suchen in so undurchsichtige Prozesse, wie es die Bedeutungskonstitution in der natürlichen Sprache immer noch ist. Ganz offensichtlich treten sie damit in eine gewisse Konkurrenz zu formalen, vornehmlich sprachlogisch ausgerichteten Ansätzen der linguistischen Theorienbildung, für die die Mathematisierung nicht weniger charakteristisch ist: den Semantikmodellen der algebraischen Linguistik. Akzeptiert man diese Unterscheidung von algebraischer und statistischer Linguistik (Schnelle 1968) als die beiden Teildisziplinen, die jenen exaktwissenschaftlichen Ausschnitts von Theorie und Experiment in der Linguistik bilden, dann kommt man nicht umhin, deren bis heute nahezu unvermitteltes Nebeneinander zu konstatieren.
Der Idealvorstellung jedenfalls einer - durch wechselseitige Überprüfung und Kontrolle dieser beiden Teildisziplinen - sich ständig korrigierenden Theorienbildung in der Linguistik ist man heute kaum näher als 1968. Dabei steht mit der Theorie der unscharfen Mengen (Zadeh 1965) eine Art Gelenkstück bereit, das, numerisch flexibel und formal befriedigend, algebraische Strukturen einerseits mit empirisch-numerischen Daten andererseits zu verknüpfen gestattet und möglicherweise doch einen deutlichen Schritt in Richtung auf eine mathematisch-empirische Sprach- bzw. Textwissenschaft zu tun erlaubt.
Im folgenden werden Ansätze zu einer mathematisch-statistischen Methode der Bedeutungsanalyse natürlich-sprachlicher Texte vorgestellt, deren Resultate sich als unscharfen Mengen darstellen lassen und zu einem formalen Semantikmodell beitragen, für das das Phänomen der Vagheit natürlich-sprachlicher Bedeutung konstitutiv ist.


Full text

HTML Format

PDF Format (158 Kb)


zurück zu Aufsätze / back to Articles