Burghard Rieger:
Semantische Dispositionen.
Prozedurale Wissenstrukturen mit stereotypisch repräsentierten Wortbedeutungen
In: Rieger, B. (Hrsg.): Dynamik in der Bedeutungskonstitution [Papers in Textlinguistics 46], Hamburg (H. Buske) 1985, S. 163-228
Kurzfassung
Die
empirische Rekonstruktion von Wortbedeutungen als semantischen
Dispositionen verbindet das Format stereotypischer
Repräsentationen und Möglichkeiten prozeduraler
Bedeutungsbeschreibung mit empirisch-quantitativen Verfahren der
Textanalyse. Hierzu wird zunächst der Rahmen eines (re-)konstruktiven
Ansatzes prozeduraler Semantik skizziert, in dem die Konzeptionen der
Dispositions-Struktur, der Frame-Theorie und der
prototypischen Bedeutungsrepräsentation in ihren relevanten
Aspekten diskutiert werden. Daraus wird ein auf dem Gebrauch von Wörtern
in Texten basierendes Bedeutungsmodell entwickelt, das eine
Rekonstruktion assoziativ strukturierter Wissenszusammenhänge erlaubt,
die sich aus den Verwendungsregularitäten lexikalischer Einheiten
aufbauen und über einen statistischen Ansatz analysiert werden
können. Formal als (metrische) Raumstruktur darstellbar, lassen sich im
semantischen Raum Bedeutungselemente derart abbilden, daß deren
Positionen semantische Ähnlichkeiten repräsentieren. Auf ihnen
kann sodann ein Algorithmus operieren, der die Bedeutung eines sprachlichen
Terms prozedural als eine Abhängigkeitsstruktur von relevanten
Bedeutungselementen generiert. Diese liefert die - je nach variierenden
Wissensbasen, Kontexten und Aspekten - unterschiedlichen, dabei
veränderlichen semantischen Dispositionen. Sie können als
eine Veraussetzung nicht nur dafür gelten, daß
natürlich-sprachlichen Termen - je nach Gegenstandsbereich,
Kommunikationszusammenhang und Redeintention - unterschiedliche Bedeutungen
und/oder Interpretationen zugewiesen werden, sonder dürfen darüber
hinaus auch - ähnlich den Mengen- und Begriffs-hierarchischen
Beziehungen, die logisch-deduktiven Schlußprozessen zugrundeliegen - als
Grundlage gelten für eine durch Inhalte gesteuerte algorithmische
Simulation analog-assoziativer Folgerungen, die zumindest für
eingrenzbare Gegenstandsbereiche absehbar erscheint. Einige konkrete Beispiele
aus dem auf einem Computer implementierten System veranschaulichen
abschließend die entwickelten Verfahren und Mechanismen.
Full text
HTML Format
PDF Format
(327 Kb)
zurück
zu Aufsätze / back to Articles