Nepal - Trierer Ethnologen im Land der Götter

"Nepal is here to change you, not for you to change Nepal!" - Das Annapurna Conservation Area Project (ACAP)

Hinduismus, Buddhismus, Tourismus - die neue Religion?

Eine fünftägige Wanderung führte unsere Gruppe in das Gebiet des Annapurna Conservation Area Project (ACAP) im Westen Nepals. Die Probleme innerhalb dieses Gebietes, ausgelöst durch den Massentourismus, sollen durch eine neue Strategie gelöst werden: Mit dem Konzept der Conservation Areas beschreitet Nepal neue Wege im Management von Schutzgebieten. Seit 1989 können die Conservation Areas von Nichtregierungsorganisationen (NGO's) geleitet werden. Durch den Verkauf von Trekkingpermits an Touristen werden mittlerweile sowohl der Ausbau der Basisinfrastruktur als auch die notwendigen Kontrollen finanziert. Die Einteilung des Schutzgebietes in verschiedene Zonen ermöglicht den Einheimischen weiterhin den Zutritt und die subsistenzwirtschaftliche Nutzung. Die Akzeptanz und Bereitschaft zur Mitarbeit ist daher wesentlich höher als in den staatlich gelenkten Nationalparks.

Das vorhandene indigene Wissen über Landnutzungssysteme soll die Grundlage für regionale Entwicklungskonzepte bilden. Es werden kleine, dezentrale und auf erneuerbaren Ressourcen basierende Projekte entwickelt. Die Einheimischen sollen durch Eigenbeteiligung (Arbeit, Geld) selbst zur Verbesserung ihrer Lebensgrundlagen beitragen. Mit über 40.000 Trekkingtouristen pro Jahr ist die Annapurna-Region an den Grenzen der Belastbarkeit angelangt. Nur eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der einheimischen Bevölkerung könnte die Schädigung der ökologisch sensiblen Hochgebirgslandschaft verhindern.

Zentrale Probleme im Annapurna-Gebiet

Umweltprobleme:

  • Entwaldung
  • Erosion
  • Überwaldung
  • bedrohte Fauna/Flora
  • degradierende Böden
  • Umweltverschmutzungen

Soziale Probleme:

  • Verlust eigener Werte und kultureller Identität
  • hohes Bevölkerungswachstum
  • Krankheiten
  • Kriminalität
  • Drogenmissbrauch

Ökonomische Probleme:

  • Unterernährung/Leben am Existenzminimum
  • geringe regionalwirtschaftliche Bedeutung des Tourismus
  • hohe regionale Sickerrate durch Importe
  • Wildwuchs touristischer Einrichtungen
  • Preissteigerungen

Trekking-Lodges in Chandrakot

Die Infrastruktur der Dörfer an der Annapurna-Route hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert: für die Trekkingtouristen wurden zahlreiche Lodges für Übernachtung und Verpflegung gebaut. Die Lodges werden häufig von Frauen betrieben, während die Männer als Träger ihr Geld verdienen. Das Leben der ehemaligen Bauern hat sich zunehmend auf den Tourismus ausgerichtet. ACAP hat im Schutzgebiet einheitliche Preise und Mahlzeiten eingeführt. Weitere Schwerpunkte sind energiesparende Kochtechniken, Solarduschen und umfangreiche Ausbildungskurse für die Lodgebetreiber. Die unangepasste Kleidung vieler Touristen (z.B. kurze Hosen) widerspricht den Moralvorstellungen der Nepali und kann unbewußt Konflikte auslösen.

Schwitzen für die Touristen

In den Bergregionen arbeiten heute zahlreiche Männer im Tourismus als Lastenträger oder Führer. Der vielzitierte Begriff "Sherpa" ist allerdings kein Synonym für einen Träger, sondern der Name einer bestimmten ethnischen Gruppe aus dem Solu-Khumbu-Gebiet am Mount Everest.

"Please use iodine instead of mineral water!"

Abfallvermeidung ist ein Schwerpunkt von ACAP. Im Besucherzentrum und in den Verhaltensbroschüren (minimum impact codes) werden die Trekkingtouristen darauf hingewiesen, statt der angebotenen Plastik-Einwegflaschen besser Jod zur Desinfektion des Wassers zu benutzen.

Seit der Öffnung des Landes im Jahr 1950/51 setzt Nepal auf einen Ausbau des Tourismus, weil:
die Binnenlage zwischen Indien und der VR China den wirtschaftlichen und außenpolitischen Spielraum begrenzt (Zusammenbruch traditioneller Handelsrouten), nennenswerte abbaubare Bodenschätze fehlen,
das agrarwirtschaftliche Entwicklungspotential bei starkem Bevölkerungswachstum nahezu erschöpft ist.
So ist die Zahl der Touristen vom Jahr 1961 bis 1986 um das 50-fache gestiegen und den Fremdenverkehr als die herausragende Branche in der Dienstleistungswirtschaft Nepals herauskristallisiert. Die nepalische Fluggesellschaft hat den Tourismus in einer Werbekampagne gar als neue Religion gepriesen. Für den gläubigen Nepali ist dies allerdings nicht zu akzeptieren, wo es für ihn nur zwei Gründe gibt, um zu reisen: entweder um als Pilger heilige Stätten zu besuchen oder um in Geschäften unterwegs zu sein. Der moderne Nepal-Tourist hingegen nützt vor allem das vielfältige Potential des Landes: die natürliche Schönheit des Gebietes einerseits, aber auch die sozialen Kontakte mit der aufgeschlossenen nepalischen Bevölkerung mit deren kulturellen Vielfalt sind ein großer Anziehungspunkt.

Visit Nepal ´98 - A World Of Its Own

Das Tourismusjahr "Visit Nepal Year ´98" ist ein Meilenstein, der den Tourismus in Nepal in das 21. Jahrhundert steuern will. Es gilt als optimale Gelegenheit, das Image Nepals als einzigartige Tourismusdestination zu stärken. Zahlreiche Organisationen auf internationaler Ebene (Bsp. UNO mit dem United Nations Development Program UNDP) und nationaler Ebene arbeiten zusammen, um u.a. folgende Ziele zu verwirklichen:

Die Anzahl der Besucherankünfte von 363.000 im Jahr 1995 auf 500.000 im Jahr 1998 zu erhöhen, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 11 Nächten pro Tourist im Jahr 1995 auf 13 Nächte im Jahr 1998 zu verlängern sowie
die durchschnittlichen Ausgaben pro Besucher von US$ 43 pro Tag (1995) auf US$ 50 pro Tag (1998) zu steigern.

Geschehen soll dies durch eine verstärkte Ausrichtung auf den "Quality tourism". Dabei wird durch zahlreiche Projekte z.B. eine Verbesserung der Infrastruktur angestebt, außerdem verstärkt lokale Produkte angeboten oder effektivere Werbekampagnen durchgeführt.

Auf zur Tempelrallye - Kulturtourismus im Kathmandu-Tal

Seit der Besiedlung des Tales im 3. Jahrhundert n. Chr. tut sich die einheimische Bevölkerung besonders durch ihre künstlerischen Fähigkeiten hervor. Es zieht sich ein Band historischer Kostbarkeiten durch das isolierte Kathmandu-Tal, wovon die Königsstädte Kathmandu, Patan und Bhaktapur die Zentren dieser unzähligen Bau- und Kunstwerke darstellen. Hier findet man neben den 7000 Tempeln, Pagoden oder Schreinen, Zeugnisse newarischer Holzschnittskunst wie reich verzierter Fenster, Balkone, Stützbalken, Säulen und Türrahmen. Zu den künstlerischen Handfertigkeiten zählen auch handgeknüpfte Teppiche mit traditionellen Mustern, handbemalte Schriftrollen oder die thankas (Roll- und Hängebilder).

Thamel: Sprungbrett in den Himalaya

Ob ehrgeiziger Everest-Bezwinger, Tieflandnashörner suchender Safari-Teilnehmer oder angehender Aussteiger, am touristischen Dienstleistungszentrum Thamel kommt keiner vorbei. Hier in Nepals Hauptstadt trifft man sich beim "French Croissant", "German Brown Bread" oder "Italian Pizza", um anstehende Aktivitäten zu organisieren: "Permits" zum "Trekking" oder "Slide Shows" für "Rafting Touren". Der Internationalität kommt man zudem noch durch Email-, Fax- und Telefonservice entgegen.

Der Durbar Square in Patan

Das Herzstück der drei Königsstädte bilden die sogenannten Durbar Squares. Auf engstem Raum ist hier eine Vielzahl von Tempeln konzentriert, viele davon im traditionellen newarischen Pagodenstil. Die zentralen Plätze sind auch Hauptanziehungspunkte für Touristen und Souvenirverkäufer.

Klein - handlich - typisch

Nach diesem Motto hergestellte handicraft-Produkte dienen zwar Produzenten und Händlern - wie hier am Durbar Square in Kathmandu - als sichere Einkommensquelle, doch stellt dieser Ausverkauf tatsächlich authentischer Kulturwerte ein großes Problem dar.

Durbar Square in Bhaktapur

Im Rahmen eines umfangreichen Stadtsanierungsprojektes erhielten alte Häuser neuzeitlichen Wohnkomfort wie Wasser- und Abwasserleitungen, doch der traditionelle äußerliche Stil blieb bestehen. Bhaktapur hat von den drei Königsstädten seinen mittelalterlichen Charakter am stärksten bewahrt - trotz der teilweise für touristische Infrastruktur verbundenen Umnutzung.

Totenverbrennung in der hinduistischen Pilgerstätte Pashupatinath

Es ist eine der skurilsten Attraktionen Nepals. Auf den niedrigen Steinsockeln werden die Leichen verbrannt und in das heilige Wasser des Bagmatiflusses gestreut. Neugierige Touristen beobachten und fotographieren diese religiöse Zeremonie aus nächster Nähe.

Royal Chitwan National Park - Ein Dschungel-Disneyland?

1984 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, stellt der Royal Chitwan National Park den touristischen Anziehungspunkt im Süden des Landes, im Terai, dar. Die charakteristischen Sal-Wälder, Elephantengras und Sümpfe bilden den natürlichen Lebensraum für das indische Nashorn, Krokodile, Affen, Antilopen, Schakale, Leoparden, Tiger und zahlreiche Vogelarten. Die Nutzung des Landes als Naturschutzgebiet (932 qkm) läßt sich mit dem wachsenden Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche der lokalen Bevölkerung nicht vereinbaren. Der Park beansprucht potentielles Farmland und Holzressourcen, außerdem werden die um den Park liegenden Felder häufig von den Wildtieren zerstört. Als Kompromiß für die Entschädigung der einheimischen Bevölkerung gilt die jährliche Grasernte. Hier können Ortsansässige für ein geringes Eintrittsgeld während 15 Tagen im Januar bis Februar so viel Schilf schneiden, wie sie aus dem Park heraustragen können. Schilf und Gras wird u.a. als traditionelle Dachabdeckung verwendet.

Tourist Shopping Center in Sauraha

Für die Gäste der wie Pilze aus dem Boden sprießenden Hotels und Pensionen ("Jungle Lodge", "Wildlife Jungle Camp", "Chitwan Jungle Lodge", "Rhino Lodge", "Riverview Jungle Camp" etc.) ist neben kleinen Shops in Sahara dieser Tourist Shopping Center (!) errichtet.

German Bakery in Sauraha

Internationale Küche für internationale Gäste!