KINtop ZEIGT...

KINtop-Soiree und Buchpräsentation


Ort: Deutsches Filmmuseum, Frankfurt a.M.
Zeit: 1.12.2004, 18h und 20.30h

Eine Veranstaltung in Kooperation mit KINtop, Stroemfeld Verlag sowie dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der J.W. Goethe-Universität Frankfurt.


Programm:

18.00 Uhr
Buchpräsentation „Kamera-Auge und Spürnase. Der Detektiv im frühen deutschen Kino“ mit Sebastian Hesse, anschl.

Harry Piel
Die Abenteuer eines Journalisten
Deutschland 1914

Willy Zeyn
Das Geheimnis von Chateau Richmond
Deutschland 1913


20.30 Uhr
Joe May
Stuart Webbs: Der Mann im Keller
Deutschland 1914

Joseph Delmont
Das Recht aufs Dasein
Deutschland 1913

Die Filme des Programms werden am Klavier begleitet von Eunice Martins. Das einstmals reiche Bilderuniversum des Detektivfilms ist nur noch in Bruchteilen vorhanden: die meisten Filme sind ein für allemal verlorengegangen. Sebastian Hesse, Autor von „Kamera-Auge und Spürnase. Der Detektiv im frühen deutschen Kino“ (Verlag Stroemfeld, KINtop-Reihe Bd.5) rekonstruiert dieses Stück Filmgeschichte in einer filmarchäologischen Spurensuche, die ihn in zahlreiche Archive in Deutschland, im europäischen Ausland und nach Amerika geführt hat. Von den Filmen, die das Buch versammelt, zeigen wir im Anschluss an die Buchpräsentation eine Auswahl aus den Jahren 1913/14. In Die Abenteuer eines Journalisten (1914) von Harry Piel, wird der Journalist Harrison zum Detektiv wider Willen. Erst ein krimineller Akt macht den Weg frei für die ersehnte Legalisierung des Liebesverhältnisses zu der Professorentochter. Dabei werden ihm Transportmittel unterschiedlicher Art zu Verbündeten, u.a. die Wuppertaler Schwebebahn. Das Geheimnis von Chateau Richmond (1913) von Willy Zeyn, aus der Serie Nobody – der weibliche Detektiv, greift das Motiv des reaktionären Geheimbundes auf, der sich bei Kerzenlicht um einen Totenschädel versammelt und seine Mitglieder verpflichtet, ihr Vermögen an den Club abzutreten. Auch hier kommen die genre-üblichen Verfolgungsjagden zum Einsatz, mit Aufnahmen von städtischem Ambiente und technischen Errungenschaften wie Autos, Motorbooten, wobei die Detektivin in ihrer Berufsrolle beobachtend und spionierend gezeigt wird und gleichzeitig in ihren Blicken auf den Mann fixiert. In Der Mann im Keller (1914), dem frühesten der erhaltenen Filme der Stuart Webbs-Serie, kommt der Gentleman-Detektiv einer Bande auf die Spur, die es, am Vorabend des Krieges, auf die Pläne für ein Schnellfeuergewehr sowie die Mitgift einer wohlhabenden Erbin abgesehen hat. Zunächst wird Webbs von einer Londoner Bürgerwitwe engagiert, um geheimnisvollen Geräuschen in ihrem Haus nachzugehen und erst Schritt für Schritt entschlüsselt sich das Geheimnis. In Das Recht aufs Dasein (1913) von Joseph Delmont kommt wieder einer Frau die Schlüsselrolle zu. Der entlassene Zuchthäusler Joseph Dermott (Joseph Delmont) gerät in den Verdacht, eine junge Frau, Edith (Ilse Bois), überfallen und schwer verletzt zu haben. In Wahrheit handelte es sich um einen Unfall, bei dem er zu Hilfe geeilt war. Unglücklicher Weise hat Edith bei dem Sturz das Gedächtnis verloren und noch bevor sie ihre Erinnerung zurückgewinnt, setzt sich die behördliche Aufklärungsmaschinerie in Gang.


 

KINtop zeigt: EINE REISE UM DIE WELT VOR 90 JAHREN. Stummfilmprogramm mit Klaviermusik und Büchervorstellung


Ort und Zeit:

11. März 2003 Filminstitut der Landeshauptstadt Düsseldorf

18. März 2003 Kino Arsenal im Filmhaus am Potsdamer Platz, Berlin

20. März 2003 Filmmuseum im Stadtmuseum, München
(mit Zusatzprogramm „Erotik und Exotik“)

20.Mai 2003 Filmarchiv Austria, Metro Kino,Wien

27. Mai 2003 Kino im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt am Main

03. Juni 2003 Cinémathèque Municipale de Luxembourg

06. Juni 2003 Cinémathèque Royale de Belgique, Brüssel
(zusätzlich SANGUE BLEU (Celio 1914)

Zwei neue Filmbücher sind Anlass für eine opulente Soirée des frühen Kinos: KINtop 11 ist die erste Publikation zur Archäologie des Kinos, die sich mit den kurzweiligen Kurzfilmprogrammen der Kinematographen vor dem Ersten Weltkrieg befasst. Und Jean Desmet and the Early Dutch Film Trade von Ivo Blom zeichnet akribisch nach, auf welchen Vertriebswegen die Filme in den Niederlanden damals in die Kinos gekommen sind. Der Filmverleiher Jean Desmet hat dem Filmmuseum Amsterdam nicht nur sein Geschäftsarchiv, sondern auch über 900 seiner meist farbigen Stummfilme vermacht. Aus diesem Schatz hat Ivo Blom eine aussichtsreiche Weltreise komponiert. So wie es damals üblich war, programmieren majestätische Naturbilder, komisch-groteske Slapsticks und hochdramatische Sensationsfilme die Stimmungswechsel des Publikums – unterstützt von der einfühlsamen Interpretin Eunice Martin am Klavier: Zuerst die Aktualitäten des Weltgeschehens in der Wochenschau, dann beschauliche Tulpenfelder, der Komiker Onésime gefolgt von einer Tragödie im Kino, ein dramatischer Western, entspanntes Lachen über einen komischen Heiratsantrag des kleinen Moritz und endlich der Höhepunkt des Programms: das dänische Zirkusdrama DIE VIER TEUFEL mit unerhörten akrobatischen Sensationseinlagen! Zum beruhigenden Ausklang ein Naturbild aus deutschen Landen...


 

Film-Programm:
(komponiert und eingeleitet von Ivo Blom)

PATHE JOURNAL 266a - F 1912 - 76 m

BLOEMENVELDEN HAARLEM- NL 1908 - Frères Alberts - 32 m

ONESIME ET SON COLLEGUE- F 1914 - Gaumont - 148 m

UNA TRAGEDIA AL CINEMATOGRAFO- I 1913 - Cines - 151 m

LITTLE MORITZ DEMANDE ROSALIE EN MARIAGE- F 1911 - Pathé - 126 m

BROTHER BILL - 1913 - Vitagraph - 229 m

DE FIRE DJAEVLE- DK 1911 - Kinografen - 747 m

BUONA SERA, FIORI/GUTE NACHT - I 1909 - Ambrosio - 18m

(Nähere Informationen zu den FIlmen auf der englischen Seite: Hier klicken)

Zusatzprogramm „Erotik und Exotik“ im Filmmuseum München:

CONSTANTINE-1913 - Eclair

LA MOUSMEE ET LE BRIGAND/DE LIEFDE VAN DE ROOVER-1911- Pathe/Japanese Film

KRI KRI FUMA L’OPPIO- 1913 - Cines

POEDINOK/TE LAAT- 1910 - Pathe/Le Film Russe

HOW THE CHAMPION OF THE WORLD TRAINS: JACK JOHNOSN IN DEFENCE AND ATTACK/JACK JOHNSON, DER MEISTERBOXER DER WELT- 1911 - Kineto

L’OBSESSION DU SOUVENIR- 1913 - Gaumont

[LES ROSES]/ HET SCHOONSTE UIT DE NATUUR- ca 1912 - Gaumont

BUONA SERA, FIORI/GUTE NACHT- 1909 – Ambrosio

 

TRIER IM FRÜHEN KINO
... eine filmische Zeitreise

Ort: Broadway, Trier
Zeit: 1. Juni, 19:39 und 21:30
kommentiert in Mundart, mit Klavierbegleitung

 

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10 Jahre  KINtop
   

ALLES DREHT SICH, ALLES BEWEGT SICH
Frühes Kino und Avantgarde


Ort: Filmmuseum München
Zeit: 4. Februar 2002, 19 Uhr
am Flügel: Aljoscha Zimmermann.

Ort: Cinémathèque Municipale de Luxembourg
Zeit: 22. Januar 2002, 20.30

Ort: Arsenal, Filmhaus Berlin, grosser Saal
Zeit: 9. Dezember 2001, 19 Uhr.

Ort: Kino im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt am Main
Zeit: 2. Dezember 2001, 18 Uhr




im Programm u.a.:
D. W. Griffith: Those Awful Hats (1909)
Gordon Bennett Ballonwettfahrten Berlin 1908 (Duskes 1908)
Hans Richter: Vormittagsspuk (1927)
Kurzfilme der Mutoscope & Biograph Company (1898)
Ken Jacobs: The Georgetown Loop (1965)

Die beiden Buchreihen KINtop Jahrbuch und KINtop Schriften vermitteln seit 1992 Einblicke in die kulturelle Vielfalt des frühen Kinos. In Filmarchiven und an Universitäten, auf Filmfestivals und in Kommunalen Kinos wird die ästhetische Anziehungskraft von Filmen wiederentdeckt: Seinerzeit ein "neues Medium", bieten sie dem Publikum auch heute überraschende Wahrnehmungserlebnisse. Niemand spricht heute mehr von den "primitiven" Anfängen des Films. Bewegung, Schaulust und die kurze Form sind inzwischen Kennzeichen für die Modernität des frühen Kinos. Die Kurzfilmprogramme des kinematographischen Varietés sorgen für geistige Abwechslung durch Zerstreuung der Sinne. Die Zuschauer flanieren durch einen Bilderkosmos, der durch ständigen Zufluß von Novitäten aktuell bleibt. Die Filmpioniere des frühen Kinos sind erstaunlich kreativ. Sie loten das Potential der kinematographischen Technik aus, experimentieren mit ungewohnten Sehweisen und sind ständig auf der Suche nach neuen Sujets. Märchenhafte Feerien und groteske Slapsticks wetteifern mit dem Schauwert technischer Höchstleistungen und exotischer Naturaufnahmen. Ein ausgeprägter Sinn für das Surreale der Wirklichkeit, eine Vorliebe für die Flüchtigkeit der Erscheinungen sowie die Mobilisierung des Blicks auf extensiven Kamerafahrten verleihen vielen frühen Filmen avantgardistische Qualität. Mit der Durchsetzung des langen Spielfilms im Ersten Weltkrieg geht dieses "Kino der Attraktionen" keineswegs unter, sondern lebt untergründig in und neben dem narrativen Mainstream-Kino in diversen Existenzweisen fort. Unverkennbar sind die Impulse, welche die internationale Filmavantgarde seit den 1920er Jahren vom frühen Kino empfängt.



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und sonst...

 

Einmal um die Welt mit Pathé Frères

Ort: Cinémathèque Municipale de Luxembourg
Zeit: Dienstag, 8. Mai 2001

Vor dem Ersten Weltkrieg drehte und zeigte die Pariser Firma Pathé Fréres ihre Kurzfilme in aller Welt. Die Schaulust des Publikums verlangte nach Exotik und wurde mit exquisiten Bildern befriedigt. Der Unterschied zwischen Dokumentarfilm und Spielfilm war nicht so wichtig, Hauptsache die bewegten Bilder auf der Leinwand waren schön farbig! Stationen und Sehenswürdigkeiten unserer Weltreise durch die Belle Epoque sind die Niederlande mit ihren Windmühlen, buddhistische Tempel in Siam, der Wilde Westen der USA, die nordafrikanische Küste, Rußland und Indien. Zum Schluß wohnen wir einem Schwertkampf in Japan bei - einem Meisterwerk der von Pathé zur Perfektion getriebenen Filmkolorierung! - Im Vorprogramm die schönsten Wasseraufnahmen der zehner Jahre: wir schauen auf die tosenden Wellen des Atlantik, durchfahren die Schluchten der Ardèche und erleben hautnah ein Seeungeheuer...


Vorprogramm
Rocks and Waves (1912), 3 min.
Descente en barque à travers les gorges de l'Ardèche (1912), 3 min.
Le Dytique (1912)
Nature's Fairest (1912), 3 min.

Hauptfilm
Pathé Around the World (Kompilation von 7 Pathé-Filmen, 1910-1915, mit Musik), Nederlands Filmmuseum 1993, 57 min.

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STÄDTEBILDER II
Frühe deutsche Städte- und Reisebilder

Ort: Kino Brotfabrik, Bonn, Tel.
0228-469721
Zeit: 15. Mai 2001, 19.30 Uhr

Filmraritäten aus der Metropole Berlin und aus der Provinz: Entdeckungsfahrten durch die Reichshauptstadt, Lokalaufnahmen eines Trierer Kinobesitzers für seine Stammgäste, die Anfänge des Freiburger Bergfilms. Neugierig nimmt die Kamera auf, was sich bewegt und setzt sich selbst in Bewegung - von der Berliner Friedrichstraße zum Lachsfang am Rhein und auf den Gletscher Monte Rosa. In den kurzen Filmen paart sich Entdeckerfreude mit dem neuen Sehen des Bekannten. Angesichts dieser naiven Schaulust erscheint die Neue Sachlichkeit der zwanziger Jahre wie ein intellektuelles Remake des frühen Kinos.

Das Programm:
LUMIERE-FILME AUS DEUTSCHLAND - F 1896- 15 min. - HOCHBAHNFAHRT DURCH BERLIN - D ca.1909- 3 min - EINE FAHRT DURCH BERLIN - D 1910- 7 min. - RHEINSALM-FISCHEREI IN LAUFENBURG - D 1908- 7 min - FREIBURG - DIE PERLE DES BREISGAU - D 1910- 7 min - DOMAUSGANG ZU TRIER D 1904- 3 min. - INTERNATIONALER MARIANISCHER KONGRESS - D 1912- 10 min. - 4628 METER HOCH AUF SKIERN. BESTEIGUNG DES MONTE ROSA - D 1913- 15 min.

Einführung und Kommentar: Martin Loiperdinger (Universität Trier)
Buchvorstellung: KINtop: Jahrbuch zur Erforschung des frühen Films.

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FilmDokument April 2001
Berlin - Freiburg - Trier.
Kurzfilme des Kaiserreichs.  „Lebende Bilder“ aus Deutschland vor dem ersten Weltkrieg


Ort: Kino Arsenal, Berlin, Potsdamer Platz
Zeit: Freitag, den 27. April 2001, 19.15 Uhr

EINE HOCHBAHNFAHRT DURCH BERLIN (1910), LACHSFISCHEREI BEI LAUFENBURG AM OBERRHEIN (1908), ein RADFAHRER-BLUMENKORSO IN TRIER (1914), Freiburg als „Perle“ für Freizeit-Tourismus (vor 1914). Frühe und selten gezeigte Filmbilder aus der Hauptstadt und aus der Provinz: Freiburg als wichtiges Zentrum der frühen Kinematographie, lokale Filme eines Trierer Kinobesitzers für seine Stammgäste, Entdeckungsfahrten durch die Reichshauptstadt.

Neugierig nimmt die Kamera auf, was sich bewegt und setzt sich selbst in Bewegung: Früheste Sportfilme wie DIE SPRÜNGE BEIM SCHNEESCHUH WETTLAUF UM DIE MEISTERSCHAFT VON DEUTSCHLAND FELDBERG 1910, erste Aktualitäten in der Wochenschau DER TAG IM FILM, die Sehenswürdigkeiten des kaiserlichen Berlins anno 1909. In diesen meist kurzen Filmen paart sich Entdeckerfreude mit dem neuen Sehen des Bekannten. Angesichts dieser naiven Schaulust erscheint die Neue Sachlichkeit der zwanziger Jahre wie ein intellektuelles Remake des frühen Kinos.

Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv, dem DFG-Projekt „Dokumentarischer Film in Deutschland 1895 bis 1918“ und KINtop, dem Jahrbuch zur Erforschung des frühen Films. Mit Einführungen von Uli Jung, Martin Loiperdinger und Jeanpaul Goergen. Zudem: Buchvorstellung „KINtop 9: Lokale Kinogeschichten“.

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EINLADUNG ZUR SUBSKRIPTION

Martin Loiperdinger
Film & Schokolade
Stollwercks Geschäfte mit lebenden Bildern
KINtop Schriften 4

344 Seiten, Fadenheftung, viele Abbildungen mit Videocassette VHS PAL 30 min.
ISBN 3-87877-760-4
ermäßigter Subskriptionspreis bis Erscheinen:
SFR / DM 68 ÖS 496
danach SFR / DM 98 ÖS 715

Einladung zur Subskription

Das Paket Buch und Videocassette (mit 34 Lumière-Filmen aus Deutschland, 30 min.) waren nach Erscheinen der ersten Auflage rasch vergriffen. Es wird hiermit für eine Neuauflage noch einmal zum ermäßigten Subskriptionspreis angeboten.
Wenn 300 Vorbestellungen zustande kommen, kann die Neuauflage in Druck gehen. Wir hoffen, diese Zahl bis Ende 2001 zu erreichen.
Bitte weisen Sie auch Freunde und Bekannte, die sich für dieses Buch interessieren könnten, auf die Subskriptionsmöglichkeit hin.

Bitte lassen Sie sich das Bestellformular schicken von Frau Doris Kern, Stroemfeld Verlag, 069-95522621.

zu KINtop Schriften 4:  Film &Schokolade

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REZENSIONEN:

- Roger Smither (Hg.): First World War U-Boat: A Guide Published to Accompany the Video Release of the Films Der magische Gürtel and The Exploits of a German Submarine (U 35) Operating in the Mediterranean.

- Griffithiana, Nr. 66/70 (1999/2000): Luke McKernan, Mark van den Temple (Hg.), Le Meraviglie della Biograph / The Wonders of the Biograph
Richard Brown, Barry Anthony: A Victorian Film Enterprise. The History of the British Mutoscope and Biograph Company, 1897-1915

- Guido Convents: Van kinetoscoop tot café-ciné. De eerste jaren van de film in België 1894-1908

- Elena Dagrada: La rappresentazione dello sguardo nel cinema delle origini in Europa

 

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Roger Smither (Hg.): First World War U-Boat: A Guide Published to Accompany the Video Release of the Films Der magische Gürtel and The Exploits of a German Submarine (U 35) Operating in the Mediterranean. London: Lloyd´s Register of Shipping for the Imperial War Museum, 2000; 211 S., pbk., inkl. VHS-Video, ca. 80 min., viragiert und s/w; Preis nicht mitgeteilt.

ISBN: 1-90083-996-2

In KINtop Nr. 8 hat Sabine Lenk auf drei "Visualisierungsprojekte der mediengeschichtlichen Forschung" hingewiesen, die – teilweise sich neuer Technologien bedienend – auf „die visuelle und auch auditive Umsetzung von Erkenntnissen" setzen und „einen direkten, einfachen, teilweise interaktiv spielerischen Zugang über Auge und Ohr ermöglichen" (S.181). Neben den drei Beispielen, die Lenk präsentierte, kann nun auf zwei weitere Projekte hingewiesen werden, wenngleich beide sich der konventionelleren Methode von kombiniertem Buch und Video bedienen. Das Filmarchiv Austria hat seine Reihe „Edition Film & Text" mit einer Kompilation der erotischen Filmproduktionen der Wiener Firma Saturn und einem lesenswerten Begleitbuch begonnen. (Michael Achenbach, Paolo Caneppele, Ernst Kieninger: Projektionen der Sehnsucht: Saturn – die erotischen Anfänge der österreichischen Kinematografie, Wien: FAA, 1999. Das Video vereinigt zwölf ausgewählte Beispielfilme aus den Jahren 1906-1910.) Die Reihe konzentriert sich nicht ausschließlich auf den Frühen Film, wird aber immer wieder auch die Filmgeschichte vor 1918 berücksichtigen. Das Londoner Imperial War Museum hat den deutschen Propaganda-Film Der magische Gürtel, den das Bufa 1917 auf dem U-Boot U.35 drehen ließ, um in befreundeten und neutralen Ländern den uneingeschränkten U-Bootkrieg gegen England zu rechtfertigen, restauriert und in einer kombinierten Buch- und Video-Edition veröffentlicht. Das weitgehend von Roger Smither verfasste Begleitbuch versteht sich als Guide und setzt entsprechend bei seinen Lesern keine Vorkenntnisse voraus. Die kursorische Geschichte der U-Boot-Entwicklung vor dem Ersten Weltkrieg, über Kampftaktiken der Waffe, die Rolle des U-Boot-Kriegs in der Propaganda und die Biographie des Kommandanten Lothar von Arnauld de la Perière, der U.35 auf ihrer Mission vom 31. März bis zum 6. Mai 1917 befehligte, sind daher naturgemäß sehr allgemein gehalten und wollen lediglich Hintergrundinformationen aufrufen, die den Film kontextualisieren. Der Hauptteil des Buches (S. 55-128) besteht aus Einstellungsprotokollen von insgesamt vier Schnitt-Fassungen des Films, der nach dem Krieg von den Briten, Amerikanern und Franzosen – und zwar unter weitgehender Beibehaltung der originalen Bildfolgen – für die anti-deutsche Propaganda eingesetzt wurde. Auch Arnauld de la Perières Logbuch über die Feindfahrt, in dem übrigens die Anwesenheit des Kameramannes Loeser an Bord nicht erwähnt wird, ist hier in Übersetzung abgedruckt und offenbart chronologische Diskrepanzen zwischen der filmischen Narration und den tatsächlichen Ereignissen. Der propagandistische Effekt von Der magische Gürtel scheint nicht allzu groß gewesen zu sein. Martin Loiperdingers Studie über die Rezeption der deutschen Filme über den Handelskrieg – neben Der magische Gürtel auch Ein Besuch bei unseren Blaujacken und Graf Dohna und seine „Möwe" (beide 1917) – belegt, wie sehr Bilder von untergehenden Schiffen dazu angetan waren, das Publikum emotional zu ergreifen und gegen eine Kriegsführung einzunehmen, die auf die Versenkung von zivilen Handelsschiffen ausgerichtet war. Der magische Gürtel wurde deshalb im neutralen Ausland oft nur vor handverlesenem Publikum gezeigt – eigentlich keine Propaganda mehr, sondern preaching to the confessed. Dagegen schien es ein Leichtes zu sein, die Bilder aus diesem Film für die Gegenpropaganda zu verwenden. Im Oktober 1919 erschien in England ein Film mit dem Titel The Exploits of a German Submarine (U.35) Operating in the Mediterranean, der unter dem Motto „An amazing pictorial record of Hun submarine warfare taken from the deck of the U35" (S. 150). Auch in den USA kursierten ab 1919 Filmmaterialien, die in ihren Bildteilen auf Der magische Gürtel zurück gingen. The Log of the U-35, wie die amerikanische Version schließlich hieß, benutzte auch Bilder, die in der britischen Version fehlten. Auch die französische Fassung, La Croisière de l´U.35, die Gaumont im Februar 1920 veröffentlichte, beinhaltete einige Inserts, die in keiner anderen Fassung enthalten sind, auf die die deutschen Kritiken aber gelegentlich hingewiesen haben. Allen drei Fassungen ist gemein, dass sie durch veränderte Zwischentitel die Aussagen der Bilder in eine andere Richtung lenken und die Wirkabsicht der deutschen Propaganda – die Einhaltung der Humanität im Seekrieg durch die deutsche Kriegsmarine zu beweisen – mit dem Vorwurf der ungerechtfertigten Versenkung ziviler Handelsschiffe zu konterkarieren. Auch die deutschen Filme Auf einer Fernfahrt mit U 35 (1921) und Deutsches U-Boot auf Kaperfahrt (1939!) sind gekürzte Versionen von Der magische Gürtel, wie überhaupt Materialien aus diesem Film in zahlreichen Kompilationen verwendet wurden, gewiss nicht zuletzt in Georg Graffes jüngster ZDF-Dokumentation über Ernest Shackleton (Höllenfahrten: Heldensaga im Eismeer, D 2000) Die amerikanischen und französischen Fassungen haben nur in kleinen Fragmenten überlebt. Die englische Fassung ist hingegen vom Imperial War Museum ebenfalls restauriert worden und wurde der Video-Edition beigegeben.      Der Begleitband wird abgeschlossen von Beiträgen über die Restaurierung des Films, eine Reflexion über die spezifischen Probleme der Musik, die für die Bilder der beiden in ihrer Aussage gegenläufigen Filme suggestive Klänge finden musste und einem Appendix zeitgenössischer Reaktionen auf die insgesamt vier verschiedenen Versionen von Der magische Gürtel. Handreichungen für den Einsatz des Videos im Schulunterricht sind gewiss eine sinnvolle Ergänzung für diese vorbildliche Edition.


Uli Jung

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Griffithiana, Nr. 66/70 (1999/2000): Luke McKernan, Mark van den Temple (Hg.), Le Meraviglie della Biograph / The Wonders of the Biograph, 296 S., ill., 50.000 Lit.

Richard Brown, Barry Anthony: A Victorian Film Enterprise. The History of the British Mutoscope and Biograph Company, 1897-1915, Flicks Books, Wiltshire 1999, 345 S., ill.

Auch über zwanzig Jahre nach der legendären FIAF-Konferenz 1978 in Brighton, die den Anstoß zu einer intensiven internationalen Erforschung des frühen Kinos gegeben hat, gleicht dieses Forschungsfeld immer noch einer Ansammlung von Eisbergen: Die wenigsten von ihnen sind bisher in ihren wirklichen Ausmaßen kartographiert. Zu den weitgehend unbekannten Eisriesen des frühen Kinos gehörten bis vor kurzem auch die europäischen Tochterfirmen der American Mutoscope & Biograph Company, welche als Ableger und Partner vor der Jahrhundertwende in Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Italien gegründet wurden. Die inzwischen erfolgten Restaurierungen von zwei Biograph-Filmsammlungen und die Veröffentlichung einer bahnbrechenden Wirtschaftsgeschichte der British Mutoscope & Biograph Company stellen jetzt einen gewaltigen Schub für die inter-national orientierte Erforschung des frühen Kinos dar. Wie von den meisten in der neuen Branche der Kinematographie tätigen Unternehmen sind auch von den europäischen Mutoscope & Biograph-Gesellschaften keine Firmenarchive erhalten. Erschwerend kommt hinzu, daß in diesem Fall auch zu den Filmen kaum Angebotskataloge oder Inserate in der Branchenpresse zu finden sind: Biograph-Filme wurden bis 1902 von einem firmeneigenen Vorführservice als Programmnummer in großen Varietés gezeigt und überhaupt nicht verkauft. Diese Vertriebsform diente der exklusiven Qualitätssicherung: Der Biograph-Projektor lieferte seinerzeit die mit Abstand größten und schärfsten Filmbilder. Er wurde mit 68mm-Filmrollen geladen, deren Einzelbilder rund viermal so groß wie diejenigen des 35mm-Normalfilms sind. Wegen der technischen Schwierigkeiten, die das ungewöhnliche Format bereitet, wurde die Restaurierung der erhaltenen Filme lange Zeit aufgeschoben. Im Oktober 2000 nun konnte Nico de Klerk vom Nederlands Filmmuseum auf dem Stummfilmfestival Le Giornate del Cinema Muto in Sacile bei Venedig der internationalen Fachöffentlichkeit einen Bilderschatz präsentieren, der bisher gleichsam unter der Wasserlinie des Eisbergs verborgen war: Unter seiner Leitung waren aus rund 300 restaurierten Filmen unter thematischen, produktionsästhetischen und dramaturgischen Gesichtspunkten elf Programme komponiert worden. Die Gruppierung der jeweils 30 Sekunden langen Filme orientiert sich an Sujets wie Aktualitäten, Militärparaden und Sketchen, an visuellen Attraktionen (von flüchtigen Bewegungserscheinungen wie Meereswellen, Rauch etc. bis zu eindrucksvoll choreographierten phantom rides), an Kamerastandpunkten, Reaktionen aufgenommener Personen, Adressierungen des Publikums und nicht zuletzt auch am seinerzeit üblichen Grundsatz der Abwechslung - dem ersten Gebot für die Zusammenstellung von Kurzfilm-Nummernprogrammen. Trotz der Reduktion auf 35mm-Format sind die restaurierten Filme von bestechender photographischer Qualität, was die Schärfe und Klarheit des Bildes, die Auflösung und die Gradation der Grauwerte angeht. Bei einem Großteil der gezeigten Filme hat ein Mann Regie geführt, welcher in der Filmgeschichtsschreibung bislang vor allem als Ingenieur und Erfinder firmierte. In der zur Retrospektive der Biograph-Filme in Sacile erschienenen Ausgabe der Zeitschrift Griffithiana stellt Paul C. Spehr den als maßgeblichen Erfinder des 35mm-Filmformats und Konstrukteur des Kinetoskops in Edisons Diensten bekannten William Kennedy-Laurie Dickson als Produzent, Regisseur und häufig auch Kameramann von hunderten von 68mm-Biograph-Filmen vor. Dickson war bemüht, die von Louis Lumière und seinen Operateuren realisierten Bildeffekte zu steigern und hat ab Juni 1897 vor allem in Europa gearbeitet, bevor er sich im Oktober 1899 nach Südafrika einschiffte, um Filmaufnahmen vom Burenkrieg zu machen. Das werkbiographische Porträt Dicksons wird ergänzt durch ausführliche Artikel von Stephen Bottomore über die nichtfiktionale Filmproduktion der Mutoscope & Biograph-Gesellschaften und von Barry Anthony über die vor allem in New York hergestellten zahlreichen Sketche. Diese enthielten oft erotische Anzüglichkeiten, die nicht für das gutsituierte Publikum der Projektionen des American Biograph in den Varietés bestimmt waren, sondern für den diskreten peep show-Apparat der Firma, das Mutoskop. Deac Rossell informiert über die technologischen Besonderheiten bei der Aufnahme, Kopierung und Wiedergabe des 68mm-Großformats der Mutoscope & Biograph Company. Mark van den Temple berichtet über die ungewöhnlichen Schwierigkeiten der Übertragung der nichtperforierten 68mm-Bänder auf 35mm-Sicherheitsfilm. Frank Gray stellt die Tagebücher des Biograph-Kameramanns Eugene Lauste vor, welche das englische South East Film & Video Archive kürzlich aus Familienbesitz übernehmen konnte. Nico de Klerk wertet die Programme des Londoner Palace Theatre of Varieties aus, das seine live-Unterhaltung von März 1897 bis Dezember 1902 mit einer bis zu 30 Minuten dauernden Nummer des American Biograph bereicherte. Aus diesen Varieté-Programmheften des Palace, die fast durchgängig jeden gezeigten Filmtitel aufführen, hat Luke McKernan eine Filmographie der im Palace gezeigten Biograph-Titel zusammengestellt. Eine weitere Filmographie führt die rund 300 restaurierten Biograph-Titel im Londoner National Film and Television Archive sowie im Nederlands Filmmuseum auf. Von einer Gesamtfilmographie der Biograph-Gesellschaften, deren 68mm-Produktion zusammengenommen auf rund 5000 Titel geschätzt wird, ist die Forschung allerdings noch weit entfernt. Während Griffithiana anläßlich der Premiere der Biograph-Programme in Sacile die Filme in den Vordergrund stellt, machen Richard Brown und Barry Anthony in ihrer Monographie zur Geschichte der British Mutoscope and Biograph Company darauf aufmerksam, daß die wirtschaftichen Ergebnisse entscheidend vom Finanzmanagement des Unternehmens abhingen und nicht so sehr von der Herstellung und Auswertung der Filme. Unter ihrem Chairman William Thomas Smedley, der über gute Kontakte zur City verfügte, war die British Mutoscope and Biograph Company das erste Filmunternehmen, das auf dem Londoner Aktienmarkt Kapital aufnahm. Unter den Geldgebern waren Presse-Tycoons, die sich für das Potential des Mutoskops als "lebende Zeitung" interessierten. Da in England nur vier Biograph-Projektoren zur Verfügung standen, konzentrierte sich die Firma auf das Geschäft mit den Mutoskopen, das von regionalen Gesellschaften betrieben wurde, und betrachtete die aufsehenerregenden Filmprojektionen in den großen Varieté-Theatern als Werbeträger für die Mutoskop-Münzautomaten. Ohne die Unterstützung akademischer Einrichtungen haben Richard Brown und Barry Anthony ihre jahrelange akribische Quellenrecherche als Privatgelehrte betrieben. Das Ergebnis ist die erste systematische und detaillierte Firmengeschichte eines frühen englischen Filmunternehmens. Indem sie ihre Aufmerksamkeit ohne hierarchisierende Vorannahmen gleichermaßen auf alle recherchierten Fakten der Unternehmensgeschichte richten, konterkarieren sie herkömmliche Sichtweisen, welche Filmgeschichte vorrangig als eine progressiv verlaufende Geschichte von Filmwerken verstehen. Daß die Aktivitäten der British Mutoscope and Biograph Company von der Aussicht auf Profit bestimmt waren, zeigen Brown und Anthony überzeugend an der Kehrtwende der Firmenstrategie im Jahr 1902: Als die Gewinne aus dem Mutoskop-Geschäft massiv einbrachen, verlegte sich die Firma kurzerhand auf den noch nicht erschlossenen "Heimkino"-Markt und setzte dort auf die zahlungsfähige Nachfrage der englischen Mittelklassen, die sie mit dem Mutoskop nicht erreicht hatte. So vertrieb sie die bereits 1896 von Lumière entwickelte Kinora, die ein Betrachtungsgerät nach Art des Mutoskops für den Heimgebrauch war, und richtete ein Kinora-Studio zur Aufnahme "lebender Porträts" ein, damit die Kunden sich dann zuhause im bewegten Bild betrachten konnten. Die Monographie von Brown und Anthony zeigt überzeugend, wie produktiv und vielversprechend die Ergänzung ästhetisch orientierter Filmanalysen durch die Rekonstruktion von Firmenstrategien bei der Etablierung des neuen kinematographischen Marktes für das Verständnis des frühen Kinos ist. Sie gibt zugleich ein leuchtendes Beispiel für die Historiographie maßgeblicher deutscher Filmgesellschaften vor dem Ersten Weltkrieg. Daß auch hier keine Firmenarchive überliefert sind, sollte angesichts der bahnbrechenden Firmengeschichte von Brown und Anthony gerade ein Anreiz zur systematischen Quellenrecherche sein. Nicht zuletzt harrt auch die Deutsche Mutoskop und Biograph-Gesellschaft noch der Aufarbeitung...



Martin Loiperdinger

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Guido Convents: Van kinetoscoop tot café-ciné. De eerste jaren van de film in België 1894-1908 (Symbolae Facultatis Litterarum Lovaniensis Series B, vol. 18), Universitaire Pers Leuven, Leuven 2000, 482 S., ill., 1.595,- BEF.

Die detailreiche Studie von Guido Convents (es handelt sich um die Dissertation des Autors) ist Teil eines größeren Forschungsprojekts zur Kinogeschichte Belgiens. Zwei Bände zu den Jahren 1908-1914 sowie über die Zeit des Ersten Weltkriegs sind in Vorbereitung, weitere sollen folgen. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage, wie die lebenden Bilder sich in Belgien als Unterhaltungsangebot auf dem Markt positionieren und etablieren konnten. Ähnlich wie in Deutschland oder den Niederlanden kamen auch in Belgien die meisten Apparate und Filme aus dem Ausland, vor allem aus Frankreich. Wie in den beiden Nachbarländern wurde auch hier die Entwicklung nicht in erster Linie durch die Produktion, sondern durch die Auswertung bestimmt. Deshalb konzentriert sich Convents hauptsächlich auf die verschiedenen Darbietungsformen für lebende Bilder sowie die Personen, die auf diesem Gebiet als Unternehmer, Betreiber oder Auswerter auftreten. Die Untersuchung ist vor allem sozial- und kulturgeschichtlich ausgerichtet; Convents versucht dabei insbesondere, die Strategien zu rekonstruieren, mittels derer sich die verschiedenen Akteure mit der Präsentation bewegter Bilder auf dem Unterhaltungsmarkt der Belle Epoque etablieren wollten. Die zahlreichen biographischen Einzelstudien enthalten somit nicht nur überaus nützliche Informationen und Materialien zu den jeweiligen Personen. Der Autor analysiert auf dieser Grundlage, wie sich die Akteure verhielten, welche Entscheidungen sie in bestimmten Situationen trafen und welche Konsequenzen sich daraus ergaben. Das – übrigens sehr reichhaltig illustrierte – Buch gliedert sich in drei Teile, wobei der erste die Jahre 1894-1897 behandelt. Wie in den meisten anderen europäischen Ländern stehen auch in Belgien Edisons Kinetoscope und Lumières Cinématographe am Anfang der kommerziellen Präsentation kinematographischer Aufnahmen. Convents widmet beiden Vorführgeräten jeweils ein Kapitel, wobei er ausführlich auf die Belgier eingeht, die dabei als Investoren, Konzessionäre, Betreiber oder Auswerter auftraten, aber auch auf deren ausländische Konkurrenten. Das dritte Kapitel ist dann einem weiteren Apparat gewidmet, dem Zoographe, einer französischen Erfindung, die mit belgischem Kapital vermarktet wurde. Dabei versuchte man auch, allerdings mit wenig Erfolg, den Zoographe in den Dienst der kolonialen Propaganda zu stellen. Im zweiten Teil geht es um die reisenden Filmauswerter in der Zeit zwischen 1898 und 1908. Convents beschreibt zunächst das komplexe Phänomen der Kirmeskinematographie, wobei hier vor allem das Verhältnis von Schaustellerei und Filmvorführung im Zentrum steht. Die Karrieren der einzelnen Personen verliefen durchaus unterschiedlich: Schausteller, die ja traditionell großes Interesse an neuen Erfindungen hatten, kamen zur Kinematographie; andererseits gab es jedoch auch die umgekehrte Bewegung von der Filmpräsentation hin zur Schaustellerei. Die lebenden Bilder konnten im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen oder auch als Nebenprogramm bei anderen Darbietungen gezeigt werden. Auch in diesem Punkt wählt Convents nicht eine einseitige, auf die Aktivitäten von Belgiern beschränkte Perspektive, sondern er behandelt auch die Präsenz ausländischer Schausteller auf belgischen Jahrmärkten. Das fünfte Kapitel, das ebenfalls von diesem Blick für die internationalen Zusammenhänge zeugt, beschäftigt sich mit dem breiten Feld des Varieté, von der Music Hall bis zum Zirkus. Der dritte Teil schließlich beschreibt die Anfänge der eigentlichen Kinogeschichte in Belgien, also die Entstehung von Abspielstätten, die mehr oder weniger exklusiv zur Vorführung von Filmen dienten. Hier spielte die französische Firma Pathé mit ihrer konzertierten Produktions﷓, Distributions﷓ und Auswertungspraxis eine zentrale Rolle. Der vorliegende Band endet mit den Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung vom 13. Juli 1908, mit der das neue Medium seitens der Obrigkeit einer strikteren Kontrolle unterworfen wurde. Dies bedeutete gleichzeitig, daß der Film von nun an in Belgien auch offiziell als eine selbständige, von anderen unterschiedene Unterhaltungsform betrachtet wurde.



Frank Kessler

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Elena Dagrada: La rappresentazione dello sguardo nel cinema delle origini in Europa. Nascita della soggettiva, CLUEB, Milano 1998, 339 S., ill., 42.000 Lit.

Als Anfang der 1980er Jahre das frühe Kino als Forschungsbereich ‚wiederentdeckt’ wurde, war die Kombination von historischen und theoretischen Fragestellungen einer der Aspekte, die diesen Gegenstand für viele Filmwissenschaftler besonders anziehend machte. Aus der Erkenntnis, daß es sich bei den Anfängen der Kinematographie nicht einfach um eine ‚primitive’ Form der späteren, entwickelten ‚Filmsprache’ handelt, ergab sich die Notwendigkeit, andere Begriffe zu entwickeln und diese theoretisch zu fundieren, um die Filme der Frühzeit adäquat beschreiben zu können. So haben Autoren wie Noël Burch, André Gaudreault oder Tom Gunning mit ihren Arbeiten nicht nur der Filmgeschichtsschreibung neue Zugänge eröffnet, sondern gleichzeitig auch die filmtheoretische Diskussion in vielen Punkten durch eine konsequente Historisierung der Fragestellungen bereichert. Auch der vorliegende Band von Elena Dagrada (eine überarbeitete und ergänzte Fassung ihrer Dissertation) knüpft an diese Forschungstradition an, die in den letzten Jahren durch das zunehmende Interesse an institutionsgeschichtlichen und kulturhistorischen Problemen ein wenig in den Hintergrund gedrängt wurde. Dagrada befaßt sich in ihrer Studie mit einem Phänomen, das schon um 1900 in zahlreichen Filmen zu finden ist. Traditionell wird es unter Stichworten wie „subjektive Kamera“ (italienisch soggettiva) oder „point-of-view-shot“ behandelt, wobei man dann jedoch von narrativen Konstellationen (geschlossener diegetischer Raum, Charaktere usw.) ausgeht, wie sie zwar im klassischen Kino zu finden sind, nicht aber im frühen Film. Deshalb wählt Dagrada die neutralere Bezeichnung „Blickdarstellung“ (rappresentazione dello sguardo) und verwendet den Ausdruck soggettiva nur in Hinsicht auf das – mit Tom Gunning zu sprechen – Kino der narrativen Integration. Drei Hypothesen leiten ihre Untersuchung: Zunächst die Annahme, daß die Konventionen der frühen Blickdarstellungen, die vor allem über den Bezug auf optische Instrumente wie Lupe, Fernrohr und Mikroskop oder als heimliche Beobachtung durch ein Schlüsselloch motiviert und vermittels entsprechender Masken markiert werden, auf eine bereits bestehende Ikonographie zurückgreifen. Diese hatte sich auf der Bühne, in der bildenden Kunst, aber auch der Populärkultur herausgebildet. Nach der zweiten Hypothese führt die Kodifikation dieser früheren Formen durch Schnittechniken in der Folge dazu, daß die Bilder dem Blickpunkt der Charaktere entsprechend aneinandergefügt werden. Damit stellt Dagrada die Blickdarstellung in den Zusammenhang der filmischen Verfahren, die dazu dienen, Raum und Zeit zu artikulieren. Dazu kommt, drittens, daß die Blickdarstellung, trotz der späteren Bezeichnung als soggettiva, im frühen Film keine subjektive Erfahrung wiedergibt, sondern eher attraktionelle Nahaufnahmen motiviert. Diese stimulierende und facettenreiche Studie ist somit einerseits ein Beitrag zu einer historischen Poetik des Kinos, indem sie die Funktionen eines Verfahrens im Rahmen des jeweiligen historischen Kontexts analysiert. Andererseits bereichert Dagrada die Diskussion der point-of-view-Problematik um die wichtige Einsicht, daß die Blickdarstellung nicht einfach als Subjektivierungsstrategie verstanden werden kann. Darüber hinaus ist dieses Buch auch ein überaus nützliches Forschungsinstrument: Der etwa 150 Seiten umfassende zweite Teil besteht aus einer analytischen, kommentierten Filmographie der in dieser Arbeit behandelten Filme.



Frank Kessler

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