Arealdynamik des Orpheusspötters

Zur Brutsaison 2008 startete die Abteilung Biogeographie der Universität Trier mit einem Freilandprojekt zur Erforschung der Arealdynamik des Orpheusspötters (Hippolais polyglotta) an seiner nordöstlichen Verbreitungsgrenze in Rheinland-Pfalz.

Hier finden Sie den Meldebogen Orpheusspötter zum Downloaden.

Warum der Orpheusspötter?

Der Orpheusspötter gehört zu den wenigen Vogelarten, die in den letzten Jahrzehnten ihr Areal erfolgreich nach Mitteleuropa erweitert haben. Von Südwesten her kommend, etablierte er sich in Deutschland in den 1980-er Jahren zunächst im Saarland, wo auch heute noch die größten Bestände zu verzeichnen sind, und breitete sich von dort weiter in nordöstlicher Richtung aus (Hayo & Zannini 1986, Heyne 1987, 2000, Dietzen, Folz & Henß 2006). Die aktuelle Arealgrenze verläuft durch das östliche und nördliche Rheinland-Pfalz.

Abb.1: Das "Orpheus-Team" bei der Arbeit in einer dicht besiedelten Weinbergsbrache an der Mosel bei Igel (Abb. durch Klick vergrößern)

Das Projekt:

Die Schlüsselfaktoren, die über Erfolg oder Misserfolg von Arealexpansionen entscheiden, sind bisher nur unzureichend geklärt. Aus diesem Grund wählten wir den Orpheusspötter als Modellspezies, um Erkenntnisse über die zugrunde liegenden Mechanismen und Rahmenbedingungen zu erlangen. Dabei liegt der Fokus der Freilanduntersuchungen auf der Analyse der Ausbreitungsdynamik von Jung- und Altvögeln des Orpheusspötters im Moseltal und dem angrenzenden Rheintal, welche innerhalb Deutschlands die Hauptausbreitungsachsen dieser Vogelart nach Nordosten darstellen. Hier werden v.a. verbuschte Weinbergsbrachen, Sandgruben oder geeignete Gehölzstrukturen in Industriegebieten besiedelt (Abb.1).

Durch ein mehrjähriges Farbberingungsprogramm soll geklärt werden, welche klein- und großräumigen Ortswechsel auf den besiedelten Flächen stattfinden und aus welchen Herkunftsgebieten die neu besetzten Standorte am Verbreitungsrand besiedelt werden.

Im ersten Untersuchungsjahr konnten bereits 87 Orpheusspötter (65 Männchen, 16 Weibchen, 4 ohne Geschl.-Best. u. 2 diesj.) gefangen und markiert werden. Jeder Vogel erhielt eine individuelle Kombination aus drei Farbringen und dem Aluminiumring der Vogelwarte Radolfzell (vgl. Abb.2+3). Darüber hinaus wurden von den meisten Tieren Blutproben genommen, um mit Hilfe genetischer Marker (Mikrosatelliten) Genfluss bzw. genetische Drift innerhalb der Orpheusspötter-Population nachweisen zu können.

Abb.2: Orpheusspötter-Fänge in Rheinland-Pfalz. Drei weitere Fangstandorte befinden sich im Saarland und in Hessen (Abb. durch Klick vergrößern)
Abb.3: Jeder Vogel bekommt eine einmalige Kombination aus drei Farbringen (weiß, rot, gelb, schwarz, grün oder blau) + Aluminiumring, so dass eine individuelle Wiedererkennung aus der Entfernung möglich ist. (Abb. durch Klick vergrößern)

Ausblick:

In den kommenden Jahren werden ergänzende Untersuchungen zur Raumnutzung und Nistökologie des Orpheusspötters, zu möglicher interspezifischer Konkurrenz mit anderen Vogelarten und zur Rolle der Prädation in verschiedenen Habitaten folgen (vgl. z.B. Irsch 1994, Faivre et al. 2002, Reullier et al. 2006).

Literatur:

Dietzen, C., H.-G. Folz & E. Henß (2006): Ornithologischer Sammelbericht 2005 für Rheinland-Pfalz. Fauna u. Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 34: 5-234

Faivre, B, J. Secondi, B. Frochot & F. Cezilly (2002): Local survival and breeding ecology in an expanding population of Melodious Warbler Hippolais polyglotta. Ardea 90: 293-301

Hayo, L. & G. Zannini (1986): Orpheusspötter, Hippolais polyglotta, im Saarland. J. Ornithol. 127:244

Heyne, K.-H. (1987): Der Orpheusspötter Hippolais polyglotta als Brutvogel in Rheinland-Pfalz. Dendrocopos 14:38-43

Heyne, K.-H. (2000): Zur Situation des Orpheusspötters Hippolais polyglotta in der Region Trier und Hinweise zur Bestimmung. Dendrocopos 27:8-13

Irsch, W. (1994): Zur Biologie des Orpheusspötters (Hippolais polyglotta Viell., 1817) unter besonderer Berücksichtigung der Arealausweitung an der nord-östlichen Verbreitungsgrenze. Abh. der Delattinia 21:5-57

Reullier, J., J. Perez-Tris, S. Bensch & J. Secondi (2006): Diversity, distribution and exchange of blood parasites meeting at an avian moving contact zone. Mol. Ecology 15:753-763

Ansprechpartner: Dr. Ortwin Elle (elle@uni-trier.de)