Mapping Spaces. Netzwerke des Wissens in der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts

Das Forschungsprojekt Mapping Spaces untersucht das Wechselverhältnis von Kunst, Wissenschaft und Technik um 1600. Im Zentrum steht das frühneuzeitliche Wissensnetzwerk, das in Leiden zu wichtigen Kooperationen zwischen Landvermessern, Ingenieuren, Künstlern und Wissenschaftlern führt. Inwiefern sich dieser Austausch in den Motiven der niederländischen Historien- und Landschaftsmalerei widerspiegelt, zeigt der Vergleich einschlägiger Werke aus den südlichen und nördlichen Provinzen. Das Forschungsprojekt mündete in einer Ausstellung am ZKM Karlsruhe, die seit 2011 von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet wurde. Dieser verhandelte neben kunsthistorisch relevanten Fragestellungen vor allem auch die naturwissenschaftlichen, wissenschaftshistorischen und medientheoretischen Gesichtspunkte. Das Ergebnis dieser Kooperation war 2014 am ZKM | Museum für Neue Kunst, Karlsruhe, zu sehen. Zur Ausstellung ist ein von Ulrike Gehring und Peter Weibel herausgegebener Katalog in engl. Sprache erschienen. An ihm wirkten über 40 internationale Wissenschaftler/innnen unterschiedlicher Teildisziplinen mit. 

Geschichte des Projekts

Das 2006 von Prof. Gehring an der Universität Trier initiierte Forschungsprojekt „Natur & Wissenschaft in der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts“ untersucht den Einfluss naturwissenschaftlichen Denkens auf die niederländische Landschafts- und Marinemalerei des Goldenen Zeitalters. Der verbreiteten Ansicht, wonach sich der tief abgesenkte und leicht gekrümmte Horizont vieler Landschaftsgemälde einem größeren Realismus verdankt, soll hier widersprochen werden. Die Öffnung des Bildraumes wird hier vielmehr über die Verbreitung der modernen (Natur-)Naturwissenschaften erklärt. Das Ausbildungssystem der niederländischen Malergilden, in denen Künstler und Landvermesser gemeinsam organisiert waren, sowie der große Erfolg einer Vielzahl von leicht verständlichen Vermessungshandbüchern, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts in die in die Techniken der maßstäblichen Landschaftsdarstellung einführen, liefern wichtige Indizien für den engen Austausch zwischen Wissenschaft und Kunst.

Erste Ergebnisse aus der Analyse von ca. 400 Übersichtslandschaften wurden im Dezember 2008 auf der von der DFG finanzierten Tagung „Die Entdeckung der Ferne“ (Bischöfliches Priesterseminar Trier) sowie 2009 und 2011 auf dem Niederlandeforum des Deutschen Kunsthistorikertages in Marburg und Frankfurt intensiv diskutiert und bestätigt. Seit 2010 besteht die Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM). Verstärkt durch ein wissenschaftliches Kuratorenteam und einen internationalen wissenschaftlichen Beirat, erfolgt seitdem die disziplinenübergreifende Aufarbeitung der topographischen Landschaften. Von thematischer Relevanz sind dabei die Kartographie und Landvermessung wie auch die Fortifikation, die Kastrametation und die Ballistik. Ihren geistesgeschichtlichen Rahmen entfaltet die Fragestellung dabei in den komplexen Raumentwürfen zeitgenössischer Philosophen wie auch den Vorstellungen christlicher wie jüdischer Gelehrter, die dem endlosen Raum die Unendlichkeit der Multiversen gegenüberstellen.
In der universitären Lehre wurde das Ausstellungskonzept in mehreren Projektseminaren von Studentinnen und Studenten bearbeitet. Hierüber berichtete das Trierer Unijournal ausgiebig. In der online verfügbaren Ausgabe finden sich weitere Informationen über das Forschungs- und Ausstellungsvorhaben sowie ein Interview mit Prof. Dr. Peter Weibel (Vorstand des ZKM), Dr. Andreas Beitin (Leiter des ZKM | Museum für Neue Kunst) und Prof. Dr. Ulrike Gehring. (Download: Heft 2/2012).

Die Ausstellung

Die Ausstellung Mapping Spaces ist im ZKM | Museum für Neue Kunst vom 12. April bis zum 13. Juli 2014 zu sehen. Gezeigt werden etwa 250 Exponate, darunter Gemälde, Graphiken, Messinstrumente, Zeichengeräte, Handbücher, Atlanten, Globen und Stadtmodelle. In der Gegenüberstellung der verschiedenen Medien kann der produktive Austausch von Kunst, Wissenschaft und Technik im Zeitalter der Wissenschaftlichen Revolution nachgewiesen und in der Landschaftsmalerei vor Augen geführt werden. Technische Verfahren werden dann bildwürdig, als Landvermesser und Linsenschleifer erkennen, nicht nur zu produzieren, sondern Methoden zu entwickeln, die im Übertrag auf die Kunst neue Einsichten generieren. Tatsächlich verdanken sich Fortschritt und Modernisierung bis heute nicht alleine der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern auch dem reflektierten Einsatz neuer Geräte, Apparaturen und Medien.