Die Rückkehr der Zauberflöte

Ein Nachtrag zum Mozart-Jahr in zeitgenössischen Kupferstichwerken.

„Der Leitgedanke der Zauberflöte ist die Realisierung eines freimaurerischen Mysterienspiels im Medium der Oper und zugleich die Realisierung eines neuen Projekts einer deutschen Oper am Thema der Mysterienweihe.“ (Jan Assmann: Die Zauberflöte: Oper und Mysterium , 2005.) – Zwei Jahre, bevor Mozart Mitglied der Loge „Zur Wohltätigkeit“ wurde, legte der Orientalist, Theologe und Freimaurer Johann August Freiherr von Starck in seiner anonym erschienenen Schrift eine historisch-politische Theorie der Mysterien vom Altertum bis zum zeitgenössischen Maurerwesen dar.

Starck, Johann August: Über die alten und neuen Mysterien
Berlin: Maurer, 1782. VIII, 380 S.
Signatur:
99 = af 1567


Daß Mozart ein Opfer seiner Logenbrüder geworden sei, deren Geheimnisse er in der „Zauberflöte“ ausgeplaudert habe, gehört natürlich ins Reich der Legende. Für den Philosophen Karl Friedrich Krause führte die publizistische Beschäftigung mit der Freimaurerei, deren Orden er ab 1804 angehörte, allerdings tatsächlich zum Bruch mit der Bruderschaft.

Krause, Karl Christian Friedrich: Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft
Mitgetheilt, bearbeitet und durch eine Darstellung des Wesens und der Bestimmung der Freimaurerei und der Freimaurerbrüderschaft so wie durch mehrere liturgische Versuche erläutert vom Bruder Karl Christian Friedrich Krause. Dresden: Arnoldi, 1810. Getr. Zählung: Ill.
Signatur:
99 = af 950
Abb.: „Sieh, höre, schweige“: „Ehrenzeichen und emblematische Figuren“ der Freimaurerei, 1776


1. Aufzug, 1. Auftritt. Der Beginn der „Zauberflöte“ transportiert zwei für die spätere Handlung eigentümlich folgenlose Informationen: Erstens wird der Held von einer rätselhaften Schlange verfolgt (wer ist sie, woher kommt sie, wer sind ihre Auftraggeber?). Zweitens – ein wenig beachtetes Faktum – ist er offenbar Japaner: er kommt „in einem prächtigen japonischen Jagdkleide“ auf die Bühne und hört in der Tat auf den in Japan nicht ganz unüblichen Vor- oder Familiennamen Tamino ( bzw. )

Encyclopédie méthodique
Tableau encyclopédique et méthodique des trois règnes de la nature. Ophiologie.
Paris: Panckoucke, 1790. XLIV, 76 S., Taf. 175 – 230, 48, 32 Taf.: Ill.
Signatur: 99 = ag 401-28,16,1

 

Mußten die Vögel Federn lassen, um Papageno und Papagena einzukleiden, oder kamen die beiden schon fertig gefiedert zur Welt? Noch so eine unbeantwortete Frage!

Encyclopédie méthodique
Recueil de planches de l'encyclopédie. Bd. 6. Paris: Panckoucke [u.a.], 1783. [2], [378] Bl.: 290 Ill.
Signatur: 99 = ag 401-39,6


Abbildung: Nordlicht, beobachtet in Turin am 29. Februar 1780. „O zittre nicht, mein lieber Sohn!“ (1. Aufzug, 6. Auftritt). Dennoch ist Vorsicht geboten, denn es besteht kein Zweifel, daß die „nächtlich sternflammende Königin“ die ambivalenteste Figur in dieser Oper ist.

Encyclopédie méthodique
Dictionnaire de physique. Planches 2. Paris: Agasse, 1793. Bl. 61 – 133: nur Ill.
Signatur: 99 = ag 401-16,5

Das goldene Schloß, mit dem die drei Damen den Vogelfänger vorübergehend mundtot machen (1. Aufzug, 3. Auftritt), führt zur wahrscheinlich längsten Gesangssequenz auf den Buchstaben M in der Geschichte der Oper.

Diderot, Denis [Hrsg.]: Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers Recueil de planches sur les sciences, les arts libéraux, et les arts méchaniques avec leur explication. Bd. 2. Genève: Pellet, 1779. Getr. Zählung. Signatur: 99 = ag 56(2)-Suppl, 2

„Soll die Empfindung Liebe sein?“ (1. Aufzug, 4. Auftritt) Daß das Bildnis der Pamina „bezaubernd schön“ sei, ist für Tamino leicht gesagt, daß es augenblicklich die stärksten Gefühle auslöst, dagegen ein Beispiel außergewöhnlich gelungener medialer Fernwirkung.

Encyclopédie méthodique Recueil de planches du dictionnaire des beaux-arts. Paris: Agasse, 1805. Getr. Zählung: überw. Ill. Signatur: ag 401-9 Abb.: Tragbare Camera obscura.


2. Aufzug, 1. Auftritt. Große Dinge kündigen sich an: „Tamino, ein Königssohn, zwanzig Jahre seines Alters“, unterrichtet Sarastro seine Mitpriester, „wandelt an der nördlichen Pforte unsers Tempels...“ Dann dramatischer Szenenwechsel: „Nacht, der Donner rollt von weitem. Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Vorhof des Tempels, wo man Trümmer von eingefallenen Säulen und Pyramiden sieht.“

Montfaucon, Bernard de: L' antiquité expliquée et représentée en figures
Bd. 2,1: Le culte des Grecs & des Romains.
Paris: Delaulne [u.a.], 1719. 267 S., 104 Bl.: zahlr. Ill.
Signatur: 99 = ai 56-2,1
Abb.: Oben: Portal des Tempels der Faustina und des Antoninus Pius, unten: Säulen des Castor-und-Pollux-Tempels; beide auf dem Forum Romanum.


Abb.: Prozession von Priesterinnen und Priestern der Isis (nach einem römischen Relief).Die echten allerdings mit Sistrum und merkwürdigen Löffeln: „Sarastro nebst anderen Priestern kommen in feierlichen Schritten, jeder mit einem Palmenzweige in der Hand.“ (2. Aufzug, 1. Auftritt)

Encyclopédie méthodique
Recueil d'antiquités. Bd. 4: Figures antiques, ou iconologie. Seconde partie. Paris: Agasse, 1804. 287, 380 S.: überw. Ill.
Signatur: ag 401-2,9


„Das Theater verwandelt sich in das Gewölbe von Pyramiden“ (2. Aufzug, 20. Auftritt): Die Initiation in die geheimen Mysterien stellte man sich schon immer am liebsten in stockfinsteren ägyptischen Passagen vor.

Montfaucon, Bernard de: L' antiquité expliquée et représentée en figures
Bd. 5,2: Les funérailles des nations barbares, les lampes, les supplices, &c.
Paris: Delaulne [u.a.], 1719. S. 173 – 437, Bl. 132 – 204: zahlr. Ill.
Signatur: 99 = ai 56-2,1
Abb.: Gang im Innern der Cheopspyramide.


„Der, welcher wandelt diese Straße voll Beschwerden...“ (2. Aufzug, 28. Auftritt): Die beiden Geharnischten, die Tamino und Pamina zur letzten Prüfung führen, sind aber eigentlich noch viel unheimlichere Gesellen.

Du Halde, Jean Baptiste: Description géographique, historique, chronologique, politique, et physique de l'empire de la Chine et de la Tartarie chinoise
Nouv. éd. Bd. 2. La Haye: Scheurleer, 1736. 834 S.: Ill., Kt.
Signatur: 99 = ag 523-2
Abb.: Mandschurischer und chinesischer Offizier.


„Ich Narr vergaß der Zauberdinge!“ fällt Papageno glücklicherweise noch rasch ein, ehe der schon geknüpfte Strick zur Anwendung kommt (2. Aufzug, 29. Auftritt). Das magische Glockenspiel, Pendant zur titelgebenden Flöte, macht seinen Liebeskummer in der Tat umgehend gegenstandslos.

Encyclopédie méthodique
Recueil de planches de l'encyclopédie. Bd. 3. Paris: Panckoucke [u.a.], 1783. [2], [298] Bl.: 266 Ill.
Signatur: 99 = ag 401-39,3


Abb.: Die sogenannte „Aldobrandinische Hochzeit“ (römisches Wandbild). Das Bestehen der Prüfungen, die Initiand und Initiandin hier noch vor sich haben, wünscht man ihnen natürlich dann ganz besonders, wenn ihnen, wie Tamino und Pamina, als Bonbon am Ende die Hochzeit winkt.

Montfaucon, Bernard de: L' antiquité expliquée et représentée en figures
Bd. 3,2: Les bains, les mariages, l es grands & les petits jeux, les pompes, la chasse, la pêche, les arts, &c. Paris: Delaulne [u.a.], 1719. S. 202 – 390, Bl. 122 – 197, zahlr. Ill.
Signatur: 99 = ai 56-2,1