Urteil der Woche (KW 52)

Mit dem heutigen Urteil der Woche hat sich der BFH zu der ersten Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers geäußert.

Der Kläger und Revisionskläger war seit 2015 als Müllwerker tätig. Sein Arbeitstag gestaltete sich im Streitjahr wie folgt: Der Kläger kleidete sich morgens auf dem Betriebshof der Betriebsstätte zunächst um und hörte sich die Ansage der Einsatzleitung an. Danach ging er in den sog. Tourenraum und holte das Tourenbuch, die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel ab. Anschließend ging der Kläger zum Fahrzeug und kontrollierte mit zwei anderen Kollegen die Beleuchtung des Müllfahrzeugs. Sein Arbeitstag umfasste dabei 9 Stunden, wovon die vorgenannten Tätigkeiten 45 Minuten in Anspruch nahmen. Nach seiner Tour verblieb er weitere 30 Minuten auf der Betriebsstätte. In seiner ESt machte der Kläger Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden an 225 Tagen in Höhe von insgesamt 2.700 € als Werbungskosten geltend. Das FA und FG widersprachen dem Kläger.

Nach Ansicht des BFH ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die "erste Tätigkeitsstätte" als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen.

Die vom Kläger hervorgebrachten geringfügigen Tätigkeiten allein reichen nicht aus, um den Betriebshof als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Allerdings erschließt sich dem Senat nicht, inwiefern für die vorbereitenden Tätigkeiten auf dem Betriebshof 45 Minuten aufgewandt werden müssen, zumal vorgetragen wurde, die Fahrzeugprüfung dauere nur wenige Minuten. Das FG hat bislang auch keine Feststellungen dazu getroffen, welche Tätigkeiten der Kläger nach Rückkehr zum Betriebshof ausgeübt hat, wo er nach seinen Angaben weitere 30 Minuten verbracht hat. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Im zweiten Rechtsgang hat das FG belastbar festzustellen, welche Tätigkeiten der Kläger in den von ihm angegebenen Zeiträumen auf dem Betriebshof tatsächlich ausgeführt hat und ob er diese arbeitsrechtlich schuldete, sowie zu prüfen, ob sie zum Berufsbild des Klägers gehören.

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