Urteil der Woche (KW 7)

Mit dem heutigen Urteil hat sich der BFH (IV R 12/19) zu der Korrekturmöglichkeit für die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer im Falle einer unterbliebenen Gewerbesteuerfestsetzung geäußert.

Die Klägerin im vorliegenden Fall ist eine GbR. Das Finanzamt erließ für die Streitjahre 2008 bis 2010 Feststellungsbescheide, in denen sowohl die gewerblichen Einkünfte der GbR als auch der Gewerbesteuermessbetrag und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer antragsgemäß gesondert festgestellt wurden. Nach Erlass der Bescheide teilte die GbR dem Finanzamt mit, dass für die Streitjahre keine Gewerbesteuer festgesetzt worden und mittlerweile Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Daraufhin änderte das Finanzamt die streitgegenständlichen Feststellungen gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 AO und verminderte die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer auf jeweils 0 €. Gegen die geänderten Feststellungsbescheide erhob die GbR, nach erfolglosem Einspruchsverfahren, Klage vor dem FG München, welches die Klage als begründet ansah. Das Finanzamt ging in Revision.

Der BFH wies die Revision gegen das Urteil des FG Münchens als unbegründet zurück – eine Änderung der Feststellungsbescheide hätte nicht erfolgen dürfen. Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO komme nicht in Betracht, da im Streitfall kein Grundlagenbescheid ergangen ist, an dessen Erlass, Aufhebung oder Änderung der Feststellungsbescheid anzupassen sei. Das Unterlassen der Festsetzung der Gewerbesteuer könne der abweichenden Festsetzung der Gewerbesteuer aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO nicht gleichgestellt werden, da es im Falle des fehlerhaften Versäumnisses an einer regelnden Entscheidung fehle. Auch stelle die formlose Mitteilung der hebeberechtigten Gemeinde an das FA, dass ein Gewerbesteuerbescheid nicht mehr ergehen könne, keinen Grundlagenbescheid dar.
Zudem komme eine Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht, da weder der Eintritt der Festsetzungsverjährung noch das Unterlassen, bis zum Eintritt der Verjährung Gewerbesteuer festzusetzen, ein rückwirkendes Ereignis darstellen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führe nicht dazu, dass sich der Sachverhalt rückwirkend ändere. Sie habe lediglich zur Folge, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (mit Wirkung für die Zukunft!) erlöschen. Gleiches gelte für das Unterlassen. Schließlich ergebe sich eine materielle Rückwirkung auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 35 EStG.

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