Heike Wernz-Kaiser

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Betreut durch Prof. Dr. Ulrike Gehring 

  Dissertationsvorhaben: Die Bedeutung der Tapisserie für die Entwicklung einer abstrakten Bildsprache im 20. Jahrhundert am Beispiel der Bauhausschülerin und Folkwangdozentin Margarete Willers (1883-1977)

In der Geschichte der Textilkunst kommt der Webklasse am Bauhaus eine herausragende Bedeutung zu.

Wie alle anderen Werkbereiche am Bauhaus haben hier auch die Textilien eine eigenständige und interessante Entwicklung durchgemacht. Erst mit den Bauhausweberinnen und ihrer Orientierung hin zur Industrieproduktion wurden spezifische stoffliche Qualitäten wie etwa die durch abstrakte Muster akzentuierte textile Struktur zu maßgeblichen Gestaltungselementen. Durch das experimentelle Befragen des Materials erhielt auch der textile Bereich die Chance eines schöpferischen Neubeginns, dem sich die Studenten mit großer Kreativität und technischem Gestaltungswillen widmeten. Der Mangel an handwerklicher Professionalität eröffnete gerade dem Textilatelier Raum zum mutigen Kombinieren von Materialien, Mustern und Farben.

Bereits 1986 stellte Ingrid Radewaldt in ihrer Dissertation "Bauhaustextilien 1919-1933" fest, daß über die Bauhaustextilien keine zusammenhängende Darstellung existiert und dieser Teil der Bauhausarbeit in der Forschung nur durch relativ wenige Werkstattbeispiele berücksichtigt ist. Als Gründe hierfür vermutet Radewaldt u.a., dass Textilien für viele Künstler, Designer, Kunsthistoriker nach wie vor zu Produkten des weiblichen "Hausfleißes" zählen würden und diese für sie kein wesentliches Medium seien, um Formwillen auszudrücken.

Auch wenn sich die Forschungssituation insbesondere durch die Arbeiten von Sigrid Wortmann-Weltge 1993 und das 1998 herausgegebene fundamentale Werk von Magdalena Droste "Das Bauhaus webt" (1998) deutlich verbessert hat, so ist doch nach wie vor die Bedeutung und Funktion des textilen Schaffens im Spannungsfeld zwischen Architektur, Malerei und der Hinwendung zum Industriedesign im 20. Jahrhundert nicht geklärt.

Grundsätzlich fehlt es immer noch an einer kunsthistorischen Einschätzung, welcher Stellenwert die Beschäftigung mit dem Textil im allgemeinen und das Schaffen von Tapisserien als eigenständigen Kunstwerken im Rahmen der Entwicklung einer neuen Bildsprache in der Zeit ab 1919 einnimmt.War es den in Deutschland verleibenden Künstlern und Künstlerinnen gelungen, das avangardistische Kunstverständnis mit dem nationalsozialisten Kunstdogma zu verbinden oder kam es auch im Werschaffen dieser Künstler zu radikalen Brüchen?

Die Absolventinnen der Webklasse des Bauhauses spiegeln mit ihren Biografien und in ihrem Werk unterschiedliche Facetten des künstlerischen Selbstverständnisses des Bauhaus wider. Waren die einen nur am Rande mit dabei und kehrten zum klassischen Kunstrepertoire Malerei und Plastik zurück, blieben andere zeitlebens dem Kunstgewerbe verbunden und haben oft keine oder nur wenige Spuren hinterlassen, agierten diejenigen, die das Weben zu ihrem Beruf machten, andererseits nicht nur als Textilkünstlerinnen, sondern oft auch als Lehrerinnen und Botschafterinnen der Bauhaus-Idee.

Eine dieser Botschafterinnen war die Bauhausschülerin und Folkwangdozentin Margarete Willers (1883-1977), der die aktuelle Forschungsarbeit gewidmet ist.

Ziel des Promotionsvorhabens ist es, ausgehend vom künstlerischen Nachlass der Malerin und Weberin den Einfluss des Bauhauses unter besonderer Berücksichtigung der Kunstpädagogik von Johannes Itten und Paul Klee für das textile Medium zu erarbeiten und zu überprüfen, inwieweit diese Innovation in der Zeit des Nationalsozialismus weitergetragen und bewahrt werden konnte.

Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, welcher Stellenwert der Tapisserie als eigenständigem künstlerischem Medium im Rahmen der Entwicklung einer abstrakten Bildsprache im 20. Jahrhundert zukommt.