Rückblick 59. Bitburger Gespräche vom 14. - 15. Januar 2016

 „Schiedsgerichtsbarkeit und private Justiz – Rechtspolitische Herausforderungen“ – so lautete das Thema der 59. Bitburger Gespräche im Januar 2016 unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Burkhard Hess, Direktor des Max Planck Institute Luxembourg for International, European and Regulatory Procedural Law, Universitäten Heidelberg und Luxemburg.

Die Tagung griff somit ein rechtspolitisches Thema auf, das die aktuellen Schlagzeilen beherrscht. Häufig wird in der Literatur die Frage gestellt, wie viel Privatisierung die Justiz verträgt und was die Rolle staatlicher Institutionen bezüglich dieses fortschreitenden Prozesses ist. Damit einhergehend wird oftmals die Frage gestellt, ob die wachsende Privatisierung von Rechtstreitigkeiten zum Bedeutungs- und Ansehensverlust staatlicher Institutionen und der staatlichen Justiz führt. Diskutiert werden dementsprechend oft die möglichen Gefahren, welche aus der zunehmenden Kommerzialisierung von Streitbeilegung erwachsen könnten. Nicht zuletzt wird häufig auch über die Frage gestritten, ob es einen staatlichen Kontrollvorbehalt im Hinblick auf private Streitbeilegung geben sollte. Immerhin enthält die deutsche Verfassung wesentliche Einrichtungsgarantien für die Justiz und gibt Mindeststandards für die Verfahren vor.

Während dies eher Überlegungen genereller Natur sind, werden oft aber auch speziellere Fragen diskutiert, wie zum Beispiel, ob private Investitionsschiedsgerichte grundsätzliche Entscheidungen nationaler Parlamente über die Energiepolitik von EU-Staaten in Frage stellen dürfen. Ferner wird diskutiert, ob Sportler auf staatlichen Rechtsschutz verzichten müssen, wenn sie ihre Startrechte einklagen. Ebenfalls kontrovers wird das Thema diskutiert, ob es richtig ist, dass Streitigkeiten um Internet-Domains nicht vor staatlichen Gerichten, sondern vor speziellen Schiedsgerichten verhandelt werden, welche das kalifornische Unternehmen ICANN mit Unterstützung der Internationalen Handelskammer in Paris eingerichtet hat. Besondere Aktualität erlangt das Thema auch mit Blick auf die Streitbeilegung im Verbraucherrecht (Consumer Alternative Dispute Resolution – CADR), die derzeit kontrovers diskutiert wird.

Die Bitburger Gespräche im Januar 2016 beleuchteten das Thema aus mehreren Perspektiven. Am ersten Tag widmeten sich die Vorträge vor allem allgemeinen Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit. Herr Prof. Dr. Pfeiffer von der Universität Heidelberg machte Ausführungen zu ihrem Bedarf, ihrer Funktion und ihrer Legitimität. Im Anschluss stellte Herr Prof. Dr. Wittreck die verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen privater Justiz vor, während Frau Dr. Mazza bemüht war, das rechtspolitische Problem bezüglich der Schiedsgerichtsbarkeit herauszuarbeiten. Laut Frau Dr. Mazza gilt es, den Gefahren einer „Veralltäglichung“ der Schiedsgerichtsbarkeit entgegenzuwirken, ohne eine „Überverrechtlichung“ des Prozesses und seiner Rahmenbedingungen herbeizuführen. Am Abend machte Herr Prof. Dr. Schlosser Ausführungen zur Entstehungsgeschichte des heutigen 10. Buchs der ZPO, bevor die Referenten am zweiten Tag verschiedene Einzelbereiche der Schiedsgerichtsbarkeit, die aktuell besonders im Fokus der öffentlichen Debatte stehen beleuchteten. Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Duve stellte den Bereich der Sportschiedsgerichtsbarkeit dar, der vor allem durch den Fall der Sportlerin Claudia Pechstein für kontroverse Diskussionen gesorgt hatte. Frau Rechtsanwältin Dr. Nacimiento befasste sich sodann mit der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, der im Kontext der Freihandelsabkommen TTIP und CETA eine besondere Bedeutung zukommt. Schließlich gab Herr Prof. Dr. Eidenmüller einen Überblick über neuere Entwicklungen im Bereich Online-Dispute-Resolution und CADR und analysierte kritisch den (inzwischen in Kraft getretenen) Gesetzentwurf zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie. Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion unter anschließender Einbeziehung des Publikums.

 

Die Vorträge und Diskussionen werden – wie stets - in einem im Verlag C. H. Beck erscheinenden Tagungsband veröffentlicht. Im Zuge einer Onlineveröffentlichung wird demnächst auch eine Vorabversion der Druckbeiträge auf der Homepage des Instituts für Rechtspolitik erscheinen.

 


Programm der 59. Bitburger Gespräche