Osnabrücker Boden-Erklärung (OBE)

"Lokale Lösungen für ein globales Problem"

SOS - Save Our Soils!

Die Osnabrücker-Boden-Erklärung wurde als Entwurf in die Abschlussrunde der Fachtagung "Neue Wege zu nachhaltiger Bodennutzung" in Osnabrück, 14.-17. September 2000, eingebracht; sie wurde am 23.11.2000 veröffentlicht.
Die Tagung der Reihe "Umwelt im Dialog" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt war Teil des weltweiten EXPO Projekts "Faszination Boden" und wurde von der OBE 2000 GmbH, der Internationalen Bodenkundlichen Union, der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz und der Fachhochschule Osnabrück veranstaltet.
Die Erklärung ist im Internet - außer unter dieser Adresse - auch erhältlich unter:

Das gemeinsame Ziel der an der Tagung "Neue Wege zu nachhaltiger Bodennutzung" beteiligten Institutionen und Personen *) ist es, die Böden für die kommenden Generationen zu erhalten und die biologische Vielfalt auf und in den Böden zu fördern. Damit soll Chancengleichheit für die kommenden Generationen gewährleistet werden. Es gilt, die noch immer mit wachsender Geschwindigkeit voranschreitende Degradation und Zerstörung der Böden zu stoppen. Ca. 129 Hektar pro Tag zusätzliche Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Bundesrepublik Deutschland sind ein deutliches Alarmsignal. Es gilt, wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen.

Vom 14. bis 17. September 2000 trafen sich in Osnabrück etwa 200 Bodenexperten aus Wissenschaft, Planung und Praxis sowie darüber hinaus an Fragen nachhaltiger Bodennutzung Interessierte. Sie diskutierten im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Umwelt im Dialog" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zur EXPO 2000 intensiv und interdisziplinär über die Zukunft unserer Böden.

Der Bezug auf die Weltausstellung unterstreicht die Größenordnung der Aufgabe: Ohne Böden ist kein Leben außerhalb der Gewässer möglich. Für den Erhalt der Lebensgrundlagen und die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sind sie unverzichtbar. Im Rahmen der Vorsorge für kommende Generationen ist es dringend geboten, einerseits die Belastungen der Böden zu verringern und andererseits die unterschiedlichen Flächen- und Funktionsansprüche so umzusetzen, dass Böden in ihrer Vielfalt und Wertigkeit erhalten bleiben. Voraussetzung hierzu ist, die Nutzungen von Böden im Zusammenhang zu verstehen und die vielfältigen, unverzichtbaren Bodenfunktionen insgesamt zu beachten. Besonders wichtig und vordringlich ist es, die bereits praktizierten positiven Beispiele eines nachhaltigen Umgangs mit Böden in Land- und Forstwirtschaft sowie in der Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung bekannt zu machen, und die vielfältigen Bodenfunktionen in das allgemeine Bewusstsein zu rücken, um die Verbreitung bodenschonender Nutzungsformen zu forcieren. Nachhaltiger Umgang mit Böden bedeutet standortgemäße, die Bodenfunktionen fördernde Nutzung. Bei der immer noch zunehmenden Versiegelung durch Siedlungs- und Verkehrsflächen ist eine Trendwende dringend einzuleiten und eine konsequente Flächenhaushaltspolitik durchzusetzen.

Böden sind par excellence für eine nachhaltige Entwicklung bedeutsam, wie sie in der Agenda 21 für das neue Jahrhundert auf der Konferenz in Rio de Janeiro (1992) von der Staatengemeinschaft beschlossen wurde. Das Ausmaß der Bodendegradation bedroht angesichts der steigenden Weltbevölkerung die weitere Entwicklung. Es handelt sich um ein Problem, das dem Klimawandel und dem Verlust an Biodiversität in der Tragweite gleichkommt. Die Osnabrücker Veranstaltung will mit dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung der Böden als Lebensgrundlage und im Naturhaushalt zu entwickeln. Es gilt, "die Haut der Erde zu retten".

Böden sind lokal sehr unterschiedlich und die Formen ihrer Bedrohung können lokal und regional höchst differenziert sein. Für die zu ergreifenden Maßnahmen gilt deshalb in ganz besonderem Maße das Motto "Lokale Lösungen für ein globales Problem aktiv angehen".

Mit der Verabschiedung der UN Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung, dessen Sekretariat in Bonn ansässig ist, ist international ein wichtiger erster Schritt zu einem nachhaltigen Landmanagement und nachhaltigen Umgang mit Böden erfolgt. Alle Maßnahmen zu deren Umsetzung werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Osnabrücker Tagung begrüßt. Nach-drücklich wird unterstützt, dass diese Konvention zunehmend das Bewusstsein für ein nachhaltiges Landmanagement verstärkt. Dies wird an dem neuen Annex zur Konvention deutlich, der für die Staaten in Mittel- und Osteuropa erarbeitet wurde und der im Dezember 2000 auf der Vertragsstaatenkonferenz in Bonn verabschiedet werden soll.

Ebenso wird die Initiative "ICLEI Boden-Netzwerk der Städte" begrüßt, die auf dem Weltkongress von ICLEI (The International Environmental Agency for Local Governments) Ende Juni 2000 in Dessau verabschiedet wurde. Unterstützt wird auch die Initiative "Boden-Bündnis europäischer Städte und Gemeinden", die auf der Jahrestagung des Klimabündnisses europäischer Städte und Gemeinden in Bozen im Mai 2000 diskutiert wurde und die auf einem Workshop in Bozen am 23. und 24. Oktober 2000 in enger Anlehnung an das Klimabündnis gegründet werden soll. Städte und Gemeinden werden aufgefordert, gemäß dem Motto "Global denken, lokal handeln" für einen nachhaltigen Umgang mit Böden in diesen Initiativen aktiv zu werden.

Die Erfahrungen im Bereich des von uns Menschen verursachten Klimawandels haben gezeigt, dass der Aufarbeitung des wissenschaftlichen Sachstands eine wesentliche Bedeutung als Grundlage für politische Entscheidungen zukommt. Dies gilt, wenn man die Arbeit des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderungen) auf die Böden überträgt, sowohl für die Entwicklung der Bodendegradation als auch für die voraussichtlichen Auswirkungen auf zukünftiges Leben. Deshalb wird die Einrichtung eines Intergovernmental Panel on Soils (IPS, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Böden), wie sie der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung globale Umweltveränderungen (WBGU) empfiehlt, nachdrücklich unterstützt. Damit sollen die Probleme der Bodendegradation weltweit aufgearbeitet und thematisiert werden.

Die Einrichtung eines IPS wird die Bedeutung der bestehenden UN Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung deutlich aufwerten und das Gewicht des nachhaltigen Landmanagements und der nachhaltigen Bodennutzung auch in den Industriestaaten verstärken. Die 2002 stattfindende Weltkonferenz ("Rio + 10") bietet die Chance, als Initialzündung eine Empfehlung zur Einrichtung eines derartigen Panels zu verabschieden. Die deutsche Bundesregierung kann dabei eine besondere Rolle spielen, da sie wichtige Institutionen wie die Sekretariate der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung und der Klimarahmenkonvention in Bonn beherbergt.

Die Einrichtung eines IPS kann zugleich das Bodenbewusstsein stärken und die Böden dauerhaft auf die internationale Agenda setzen. Es dient zugleich dazu, die bestehende UN Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung in eine umfassende Konvention zum nachhaltigen Umgang mit Böden und Landmanagement weiter zu entwickeln.

Osnabrück, den 16. September 2000

Diese Erklärung wird unterstützt durch folgende Institutionen:

  • Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz, Schneverdingen;
  • Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft, Stuttgart;
  • Deutscher Verband forstlicher Forschungsanstalten (angefragt);
  • Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre, Institut für Pflanzenbauwissenschaften, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin;
  • Fachhochschule Osnabrück,
  • Forschungsverbund Agrarökosysteme München, Neuherberg;
  • Forschungszentrum Waldökosysteme Göttingen;
  • Forstliche Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz, Trippstatt (angefragt);
  • Internationale Bodenkundliche Union, Wien;
  • OBE 2000 GmbH (ein Zusammenschluss der Stadt Osnabrück mit den Landkreisen Osnabrück, Grafschaft Bentheim, Emsland, Cloppenburg und Vechta);
  • Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie;
  • Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH;
  • Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten.