Ukraine-Krieg – "Frieden & Bildung"

Dr. Lothar Müller: „Wir dürfen den Ukraine-Krieg in den Schulen nicht ignorieren, aber die Kinder gleichzeitig nicht verunsichern“

Lehramtsstudierende haben in einer Ausstellung gezeigt, welchen Beitrag Schulen zu einer Kultur des Friedens leisten können.
Lehramtsstudierende haben in einer Ausstellung gezeigt, welchen Beitrag Schulen zu einer Kultur des Friedens leisten können.

Eigentlich hatte Dr. Lothar Müller für das Sommersemester vorgehabt, in seinem Seminar ein ganz anderes Thema mit seinen Lehramtsstudierenden zu behandeln. Doch dann marschierte Russland in die Ukraine ein. Der Trierer Bildungswissenschaftler warf kurzerhand seine Pläne über den Haufen und beschloss, mit den Studierenden, allesamt im zweiten Semester, eine Ausstellung zu erarbeiten. Die Ausstellung „Frieden und Bildung – Schulische Beiträge zu einer Kultur des Friedens“ war im Juli an der Universität Trier zu sehen und kann mittlerweile online besucht werden. „Die Studierenden waren sehr stolz darauf und ich war es auch. Sie haben ganze Arbeit geleistet“, sagt Müller. „Die Ausstellung folgt der Idee, dass es eine zentrale schulische Aufgabe ist, die mit Frieden zusammenhängenden Werte in die Köpfe und Herzen von Schülerinnen und Schülern zu tragen.“

Die Lehramtsstudierenden setzen sich auf ihren Ausstellungspostern theoretisch mit übergreifenden Themen wie soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte ebenso wie mit persönlichen, individuellen Aspekten von Frieden wie Zivilcourage oder Toleranz auseinander. Zu jedem dieser Themen machen sie darüber hinaus konkrete Vorschläge für die Umsetzung im schulischen Unterricht. So recherchierte eine Gruppe, wie man mit Kindern über Flucht sprechen kann. Grundschüler könnten beispielsweise durch ein Spiel an das Thema herangeführt werden: Sie werden angeregt zu überlegen, was sie alles in ihren Rucksack packen würden, wenn sie schnell ihr Land verlassen müssten.

Doch sollte man gerade mit jüngeren Schülerinnen und Schülern überhaupt über den Krieg in der Ukraine sprechen? „Es ist ein Balance-Akt, bei dem es einen Mittelweg zu finden gilt“, sagt Müller. „Auf der einen Seite können wir den Krieg nicht ignorieren. Wir würden in der Schule unserem Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht nachkommen, wenn wir das täten. Auf der anderen Seite müssen Lehrpersonen pädagogisch sensibel sein, um Kinder nicht zu verunsichern.“ Wichtig sei, den Kindern zu vermitteln, dass sie sich auch in Krisen- und Kriegszeiten sicher fühlen können.

Bei älteren Schülerinnen und Schülern könnte, so Müller, in vielen Fächern ein Ansatz gefunden werden, um mit ihnen über Krieg und Frieden zu sprechen. Natürlich biete sich der Sozialkunde-, Religions- und Ethikunterricht an. Aber auch im Physikunterricht kann über Krieg und Frieden diskutiert werden – zum Beispiel, wenn es um Atomkraft und -waffen geht. „Ich würde mir hier teilweise mehr Kreativität im Umgang mit dem Lehrplan wünschen. Friedensthemen sind immer Querschnittsthemen, da Krieg alle Bereiche unseres Lebens tangiert. Schule darf nicht nur als Ort der Wissensvermittlung begriffen werden, sondern muss erzieherisch zur reflektierten Meinungsbildung, zur Bereitschaft und Fähigkeit, sich für Werte des Friedens einzusetzen, beitragen“, sagt Müller.

Eine zentrale aktuelle Herausforderung für Lehrkräfte ist laut Müller der Umgang mit den Erlebnissen von geflüchteten Kindern. Mehr als 160.000 schulpflichtige Mädchen und Jungen aus der Ukraine gibt es laut Kultusministerkonferenz im Herbst 2022 in Deutschland. Viele von ihnen sind traumatisiert. „Wir dürfen kein Kind mit Fluchterfahrung allein lassen. Lehrpersonen sollten hierbei jedoch die Grenzen ihrer Zuständigkeit kennen und die Kinder und Jugendlichen wenn notwendig an speziell geschulte Psychologinnen und Psychologen vermitteln.“

Zur Online-Version der Ausstellung

 

Kontakt

Dr. Lothar Müller
Bildungswissenschaften
Mail: lothar.mueller@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-2391