Heimliche Marktführer mit unheimlich großem Potenzial

Eine Studie an der Universität Trier beleuchtet die stillen Unternehmens-Stars der rheinland-pfälzischen Wirtschaft.

Foto: www.colourbox.de
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146 Hidden Champions gibt es in Rheinland-Pfalz. Diese Unternehmen sind in ihren Branchen Markführer, manche sogar weltweit. Sie sind für die Wirtschaft und Gesellschaft des Landes von enormer Bedeutung und haben dennoch einen geringen Bekanntheitsgrad. Das Forschungszentrum Mittelstand (FZM) der Universität Trier hat heute die Ergebnisse einer Studie zu diesen heimlichen (Welt-)Marktführern vorgestellt, die das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau im Rahmen einer Projektförderung unterstützt hat. Die rheinland-pfälzischen Hidden Champions weisen ähnliche Strukturmerkmale hinsichtlich Unternehmensalter, Umsatz und Branchenverteilung wie die der übrigen Bundesländer auf, beschäftigen jedoch signifikant weniger Mitarbeiter.

Die von den Trierer Wirtschaftswissenschaftlern um Professor Jörn Block vorgelegte Studie ist die erste systematische Analyse von Hidden Champions in Rheinland-Pfalz. Sie geht über eine Bestandsaufnahme hinaus und bezieht aktuelle Herausforderungen, Chancen und Risiken dieses Unternehmenstypus in die Untersuchung mit ein. Somit werden der Landespolitik, der Wirtschaft und den Verbänden wichtige Erkenntnisse zur Verfügung gestellt. „In der Studie wird die enorme wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Relevanz der Hidden Champions deutlich. Sie tragen entscheidend zu Beschäftigung und Wirtschaftsleistung in Rheinland-Pfalz bei“, fasst Studienleiter und FZM-Sprecher Jörn Block zusammen.

146 heimliche Marktführer

Als Hidden Champions gelten in der Studie Unternehmen, die auf dem Weltmarkt zu den Top 3 gehören oder in Europa an der Spitze ihrer Marktnische stehen. Sie müssen mindestens 20 Personen beschäftigen, seit mehr als zehn Jahren bestehen und einen jährlichen Umsatz zwischen fünf Millionen und einer Milliarde Euro erwirtschaften. Diese Kriterien erfüllen in Rheinland-Pfalz 146 Unternehmen.

„Die hohe Anzahl an Hidden Champions spricht für die grundsätzlich positiven Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz“, so Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt. „Unsere oftmals hochspezialisierten Weltmarktführer stellen hochqualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung und haben eine hohe Bedeutung für die Wirtschaftsleistung und Innovationskraft im Land. Die Landesregierung setzt alles daran, dass diese Unternehmen bestmögliche Bedingungen vorfinden, um sich im internationalen Wettbewerb weiterhin erfolgreich zu positionieren.“

Methodische Sensibilität

„Wer von Hidden Champions spricht, denkt an die Rolle des Mittelstands für die wirtschaftliche Entwicklung. Aber sie müssen auch identifiziert werden. Dazu gehört methodische Sensibilität, also gute Beobachtungs- und Messverfahren. Das Forschungszentrum Mittelstand zeigt hier seine besondere Expertise“, so Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier.

Obwohl sie weniger als ein Prozent aller rheinland-pfälzischen Unternehmen ausmachen, beschäftigen die Hidden Champions knapp elf Prozent der Arbeitnehmer im rheinland-pfälzischen Mittelstand. Zu den Umsatzerlösen des Mittelstands tragen die heimlichen (Welt-)Marktführer knapp 20 Milliarden Euro pro Jahr bei.

Nord-Süd-Gefälle

Die meisten Hidden Champions sind gleichauf in den Kreisen Neuwied und Westerwaldkreis (je 11), dem Kreis Bernkastel-Wittlich und der Stadt Mainz (je 10) sowie dem Kreis Mayen-Koblenz (9) ansässig. In der regionalen Standortverteilung ist ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar. In den fünf nördlichsten Landkreisen sind 28 Prozent aller Hidden Champions angesiedelt, in den fünf südlichsten Kreisen nur knapp sieben Prozent. Mehr als drei Viertel der Unternehmen sind in einer Branche des verarbeitenden Gewerbes tätig, wobei der Maschinenbau mit etwa einem Viertel die am häufigsten vertretene Branche ist. Zudem gehört ein Drittel der Hidden Champions einer technologieintensiven Branche an.

An der Gesamtzahl von bundesweit 1.674 Hidden Champions machen die rheinland-pfälzischen einen Anteil von knapp neun Prozent aus. Im Hinblick auf Unternehmensalter, Umsatz und Branchen sind keine statistisch signifikanten Unterschiede zu erkennen. Es lässt sich allerdings feststellen, dass die rheinland-pfälzischen Hidden Champions signifikant weniger Mitarbeiter beschäftigen als die Hidden Champions in (Rest-) Deutschland.

In Nischenmärkten positioniert

Wie bundesweit zu beobachten ist, zeichnen sich auch die rheinland-pfälzischen Hidden Champions durch die Herstellung hochwertiger Produkte, eine starke Innovationskraft, eine hohe Qualifikation der Mitarbeiter sowie einen engen Kundenkontakt aus. Typischerweise positionieren sie sich als Qualitäts- und Technologieführer in Nischenmärkten, für die sie hochwertige und technologisch versierte Produkte produzieren.

Entscheidungsträger von 19 rheinland-pfälzischen Hidden Champions, die im Rahmen der Studie befragt wurden, nannten den Fachkräftemangel sowie den Ausbau regionaler Infrastruktur als größte Herausforderungen. Die voranschreitende Digitalisierung und das steigende Nachhaltigkeitsbewusstsein begreifen sie weniger als Problem denn als eine Chance, ihre marktführenden Positionen durch die Entwicklung verbesserter Produkte zu festigen oder sogar auszubauen.

Mit den Rahmenbedingungen des Standorts Rheinland-Pfalz zeigen sich die befragten Unternehmen weitestgehend zufrieden. Verbesserungspotential sehen sie in der Kooperation mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen des Landes sowie in der Kenntnis und Inanspruchnahme von staatlichen Innovationsförderprogrammen.

► Weitere Informationen

Die Studie

Prof. Dr. Jörn Block, Dr. Alexandra Moritz, Lena Benz, Matthias Johann: „Hidden Champions in Rheinland-Pfalz ‒ Identifikation, Erfolgsfaktoren, Herausforderungen“

Die Studie wurde gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz.

► Der Studienbericht sowie Unternehmenslisten können hier abgerufen werden

Das Forschungszentrum Mittelstand

Das Forschungszentrum Mittelstand (FZM) der Universität Trier fördert den Austausch zwischen regionaler Wirtschaft und Wissenschaft. Ziel ist es, einen Transfer und eine enge Zusammenarbeit zwischen Universität und regionaler Wirtschaft zu schaffen. Die breite fachliche Aufstellung ermöglicht den Austausch in verschiedensten Themengebieten.

Kontakt

Prof. Dr. Jörn Block
Forschungszentrum Mittelstand
Mail: mittelstand@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-3030