Nachruf auf Prof. Dr. Erwin Faul

Das Fach Politikwissenschaft trauert um Univ.-Prof. em. Dr. Erwin Faul.

Das Fach Politikwissenschaft an der Universität Trier trauert um den geschätzten Kollegen Professor em. Dr. Erwin Faul, der am 27. Dezember 2020 im Alter von 97 Jahren verstorben ist. Er lehrte von 1977 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1988 an der Universität Trier. Erwin Faul hat die Entwicklung des Fachs Politikwissenschaft in Trier maßgeblich mitgeprägt und mit seiner engagierten Lehre Studierende für die Disziplin, ihre Themen und Problemstellungen gewinnen können und seine eigene Begeisterung für das Fach zu vermitteln gewusst.

Erwin Faul hat nach seiner Kriegserfahrung als Soldat von 1945 bis 1952 an der Universität Heidelberg Soziologie, Nationalökonomie, Staatsrecht, Psychologie, Philosophie und Geschichte studiert, bei Gelehrten wie Karl Jaspers, Gustav Radbruch, Willy Hellpach, Erich Preiser, Alexander Rüstow und vor allem Alfred Weber, an dessen Colloquium er viele Jahre teilnahm und den er bei seinen späten Publikationen unterstützte. 1952 wurde er mit einer Arbeit über „Die Situation des modernen Machiavellismus“ (1961 in erweiterter Fassung unter dem Titel „Der moderne Machiavellismus“ als Buch erschienen) in Heidelberg promoviert. Anschließend war er bis 1955 zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter und ab 1955 bis 1966 Wissenschaftlicher Assistent der politikwissenschaftlichen Forschungsgruppe am Alfred-Weber-Institut für Staatswissenschaften, des Politischen Seminars und schließlich des Instituts für Politische Wissenschaft unter Leitung von Dolf Sternberger und Carl J. Friedrich. Seit 1958 hatte er einen Lehrauftrag für Politische Wissenschaft an der Universität Heidelberg, 1970 nahm er einen Ruf der Ruhr-Universität Bochum zum ordentlichen Professor für Politische Wissenschaft an.

Die breite Auswahl an Fächern und Themen, die ihn schon als Student interessierte, spiegelte sich später auch in der Breite seiner Forschungsinteressen und -themen wieder, ebenso in der Vielfalt der theoretischen und methodischen Ansätze, derer er sich in seinen Forschungen bediente, sowie im interdisziplinären Zugang zu den von ihm behandelten Gegenständen. Auch deckte er in seiner Lehre in Trier die Teildisziplinen Regierungslehre, politische Theorie und Internationale Beziehungen ab.

Neben seinem Interesse an Machiavelli und dem Machiavellismus hat sich Erwin Faul früh und intensiv mit Themen der Wahl- und Parteienforschung auseinandergesetzt. So war er 1953 bis 1955 Redakteur der Zeitschrift der Deutschen Wählergesellschaft „Der Wähler“ und trat mit einigen Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zur frühen Wahlforschung und Wählersoziologie in der Bundesrepublik in Erscheinung, so etwa in einem mit Christian-Claus Baer verfassten Werk zu „Wahlen zwischen Ost und West. Beiträge zur Problematik gesamtdeutscher Wahlen“ (1954) und als Herausgeber des Bandes „Wahlen und Wähler in Westdeutschland. Eine Schrift der Deutschen Wählergesellschaft“ (1960). Auch Abhandlungen zum Wahlrecht stammen aus seiner Feder. Auf dem damit eng verwandten Feld der Parteienforschung war er mit Beiträgen zur Parteiengeschichte, so mit mehreren Abhandlungen zum Richtungsstreit in der frühen deutschen Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie, präsent.

Erwin Faul hat an einem wichtigen Kapitel der deutschen Politikwissenschaft mitgeschrieben und sich große Verdienste um das noch junge Fach in der Bundesrepublik Deutschland erworben. Über fast 20 Jahre, von 1960 bis 1979, war er Redakteur, dann Chefredakteur und Herausgeber der Politischen Vierteljahresschrift (PVS), des Organs der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW). Er verhalf der Zeitschrift zu nationalem und internationalem Ansehen in der Fachöffentlichkeit. Von 1963 bis 1979 war er auch Vorstandsmitglied der Vereinigung. In diesen Ämtern fiel ihm eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung politikwissenschaftlicher Standards in den 1970er Jahren zu, einer Phase der Politisierung und Polarisierung der bundesdeutschen Politikwissenschaft. Später gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der 1983 entstandenen Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP).

In den 1980er Jahren betätigte sich Erwin Faul als ein Pionier der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung zum Start neuer Medien, insbesondere des Kabel- und Satellitenfernsehens. Er leitete als Mitglied der wissenschaftlichen Begleitkommission zum Start des Kabelfernsehens in Ludwigshafen und der Vorderpfalz eine große empirische Untersuchung mit drei wissenschaftlichen Mitarbeitenden und 45 studentischen Hilfskräften zur Kodierung und Auswertung von Fernsehprogrammen im dualen Rundfunksystem. Später veröffentlichte er noch weitere Beiträge zur Entwicklung des deutschen Kabelfernsehens. Zuletzt beschäftigte er sich intensiv mit Fragen von Demographie und Migrationspolitik.

Die Universität und das Fach verlieren mit ihm einen herausragenden und geschätzten Wissenschaftler und Kollegen. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.

 

Prof. Dr. Joachim Schild, Geschäftsführer des Fachs Politikwissenschaft