Vortragsreihe Sozialpädagogik und Nachhaltigkeit

BiBesch: Logos der h_da und der Universitäten Hildesheim und Trier

Die nachhaltige Gestaltung von sozialen, ökologischen und materiellen Grundlagen unserer Gesellschaft ist mehr als ein aktuelles politisches Thema. Zunehmend etabliert sich der Begriff der Nachhaltigkeit im sozial- und erziehungswissenschaftlichen Diskurs und berührt hier verschiedene Themenfelder: Als Containerbegriff sind hier gesellschaftliche und organisationale Verwendungsweisen von Nachhaltigkeit zu finden, aber auch konkrete Bezüge zu einer nachhaltigen Erbringung von Sozialer Arbeit.

Nachhaltigkeit bezieht sich auf zentrale Fragen des Umgangs mit materiellen Ressourcen im Hinblick auf unterschiedliche Konzepte von (Post)Wachstumsgesellschaft. Eine organisationsbezogene Perspektive fordert Soziale Dienste heraus, Ziele und Mittel so zu wählen, dass finanzielle und personale Ressourcen von Fachkräften und Adressat*innen effizient genutzt werden. Und schließlich wird bezogen auf individuelle Hilfeprozesse gefordert, dass Interventionen nachhaltig, also dauerhaft und in die Zukunft wirken.

In der Ringvorlesung werden unterschiedliche Perspektiven auf Nachhaltigkeit zusammengetragen und auf ihre Anschlüsse für sozialpädagogische Probleme befragt. Es soll dabei systematisch die Frage beantwortet werden, ob Nachhaltigkeit für die Sozialpädagogik jenseits zeitgenössischer Thematisierung eine zentrale Kategorie darstellen kann.

Die von Markus Emanuel (h_da), Gunther Grasshoff (Universität Hildesheim) und Marc Weinhardt (Universität Trier) ausgerichtete Veranstaltung findet im Sommersemester jeweils montags von 16h-18h c.t. mit Vorträgen auf Zoom statt. Die Zugangsdaten stellen wir kurz vor Beginn der Veranstaltung hier bereit.

ZUGANGSDATEN

Zoom-Meeting beitreten
https://uni-trier.zoom.us/j/86344373361?pwd=Q0VlZEpQcU9HU2FiaUIyUkkvNkc5QT09

Meeting-ID: 863 4437 3361
Kenncode: i19g69JU

PROGRAMM

Datum

Thema

Räume

25. April

Soziale Arbeit und nachhaltige Entwicklung: Yannick Liedholz (Berlin)

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02. Mai

Katastrophenhilfe: Rainer Treptow (Tübingen)

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09. Mai

Raumplanung, Wohnen, Gemeinwesen: Stephanie Weiss (Luzern) und Marcel Schmidt (Wiesbaden)

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16. Mai 

Soziale Gerechtigkeit, Armut und Sozialpolitik: Michael Opielka (Jena) und Wolfgang Schröer (Hildesheim)

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23. Mai

Nachhaltig Wirtschaften: Michael Batz (Heidenheim) sowie Michael Domes und Jan Niessen (Nürnberg)

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30. Mai

Mobilität und Migration: Caroline Schmitt (Klagenfurt) und Gast

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13. Juni

Soziale Bewegungen: Susanne Maurer, Meret Guizetti und Nika Müller (Marburg)

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27. Juni

Advokatorische Ethik und Nachhaltigkeit mit Abschlussdiskussion: Micha Brumlik (Berlin)

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ÜBERSICHT ÜBER DIE BEITRÄGE

Soziale Arbeit und nachhaltige Entwicklung (Yannick Liedholz, Berlin):

Die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit steht in der Sozialen Arbeit am Anfang. Der Klimawandel und weitere ökosoziale Problemlagen konfrontieren die Profession und ihre Angehörigen mit vielen Fragen. Der Vortrag gibt eine pointierte Einführung in den Diskurs um eine nachhaltige Entwicklung und skizziert wesentliche Berührungspunkte zur Sozialen Arbeit. Weiterführend wird die Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) als ein Ansatz für eine nachhaltigkeitssensible Sozialpädagogik vorgestellt.

Katastrophenhilfe (Rainer Treptow, Tübingen):

Vorgestellt werden Grundlagen, ausgewählte Entwicklungen und Perspektiven der Humanitäre Hilfe und des Katastrophenschutzes. An unterschiedlichen Beispielen aus transnationalen und lokalen Kontexten werden Reichweiten und Grenzen dieser Hilfeformen thematisiert. Einbezogen werden Aspekte der medialen Krisenkommunikation, technischer und fachlicher Erfordernisse sowie Aufgaben und Fragen der Gewährleistung ihrer Nachhaltigkeit im Rahmen der Kooperation zwischen Bevölkerung und professionellen Hilfesystemen.

Soziale Nachhaltigkeit: Neue Handlungsfelder für die Soziale Arbeit in Stadt, Quartier und Siedlung (Stephanie Weiss, Luzern):

Während die Leitbilder einer sozial nachhaltigen Entwicklung auf der Ebene Stadt, Quartier und Siedlung von vielfältigen Akteur*innen im nationalen und internationalen Diskurs ausformuliert sind (vgl. SDG 11, Neue Leipzig Charta 2020), bleiben die konkreten Handlungsfelder und -verständnisse insbesondere für die Soziale Arbeit oftmals vage und nicht klar definiert. Am Beispiel verschiedener Wohn-, Quartiers- und Siedlungsprojekte werden konkreten Handlungsfelder von der Gemeinwesenarbeit bis zu einer planungsbezogenen Sozialen Arbeit skizziert und zur Diskussion gestellt.

Theoretische Vorüberlegungen für eine nachhaltigkeitsorientierte Soziale Arbeit (Marcel Schmidt, Wiesbaden):

Was hat die UN-Agenda 2030 mit Sozialer Arbeit zu tun? Der Vortrag will dieser Frage nachgehen und eine Brücke bauen zwischen dem in der Agenda 2030 formulierten Ziel einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, den außerhalb in der Sozialen Arbeit entwickelten Ansätzen transformativer Bildung sowie den aktuellen Diskussionen um ökosoziale Transformationen in der Sozialen Arbeit, hin zu einer transformativen Bildung für eine (mehrdimensional) nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung.

Nachhaltig wirtschaften (Michael Batz (Heidenheim) sowie Michael Domes und Jan Niessen (Nürnberg): Nachhaltige Sozialwirtschaft oder wie kann soziale Nachhaltigkeit wirtschaftlich sein?

Nachhaltigkeit – ein Megatrend oder ethisch gebotene Not-Wendigkeit? Wo steht hier die Soziale Arbeit und Sozialwirtschaft? Im interdisziplinären Gespräch diskutieren Jan Niessen und Michael Domes am Beispiel eines Kinder- und Jugendhauses kritisch über die Frage, wie starke Nachhaltigkeit konkret in der Praxis aussehen kann. Richtiges „Rechnen“, wertebasiertes Personalmanagement und spezifisches Grundverständnis Sozialer Arbeit (Gegenstand und Funktion) als zentrale Faktoren, die entscheiden, ob und wie nachhaltige Sozialwirtschaft im bestehenden System möglich ist. Michael Batz stellt in seinem Beitrag die wichtigsten Gründe, die dafürsprechen, dass das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ein wesentliches Leitziel für Organisationen der Sozialwirtschaft sein sollte, sowie hemmende und fördernde Faktoren einer nachhaltigen Praxis in der Sozialwirtschaft vor und geht der Frage nach, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Ansatz der Gemeinwesenökonomie zukommt.

Migration und Mobilität (Caroline Schmitt, Klagenfurt und Bea Schwager, Zürich): Nachhaltigkeit und Inklusion in der solidarischen Stadt :

Unser Vortrag versteht sich als Dialog und Verzahnung von wissenschaftlichen und praktischen Perspektiven zum Thema Migration, Nachhaltigkeit sowie Inklusion in solidarischen Städten. Wir beschäftigen uns mit der wirkmächtigen Kategorisierung von Menschen in ‚Migrant*innen‘ und ‚Nicht-Migrant*innen‘ sowie ‚Einheimische‘ und ‚Fremde‘. Diese Kategorisierungspraxen weisen Menschen spezifische Positionen innerhalb einer nationalstaatlich strukturierten Welt zu und rufen ausgrenzende Integrationsdebatten hervor, die nach einer Anpassung der vermeintlich ‚anderen‘ an ein konstruiertes ‚Wir‘ verlangen.

Vor dem Hintergrund, dass die Menschheitsgeschichte eine Geschichte von Mobilität ist, argumentieren wir für ein Verständnis von Migration als anthropologische Grundkonstante. Auf Basis eines solchen Verständnisses zeigen wir anhand von solidarischen Stadtallianzen Praxen zur Gestaltung von Städten für alle Menschen auf. Nachhaltig wird in diesem Sinne verstanden als ein inklusives Miteinander in Städten, die nicht ausgrenzen, und Menschen unabhängig von Dimensionen wie Herkunft, Sprache, Nationalität, Geschlecht, Aufenthaltsstatus als Bewohner*innen und Gestalter*innen der Stadt anerkennen. Die Suche nach inklusiven Städten ist vor dem Hintergrund von Kriegen und Vertreibung, aber auch klimabedingten Fluchtbewegungen sowie globalen Ungleichheiten von besonderer Relevanz. In vertiefter Weise wird die Herstellung einer Stadt für alle am Beispiel der Debatte zur Einführung der Züri City Card in der Stadt Zürich dargestellt.

Link zum Verein Züri City Card: https://www.zuericitycard.ch/

Link zur Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich: https://sans-papiers-zuerich.ch/

Link zum Videoprojekt „Botschaften der Solidarität“: https://www.youtube.com/watch?v=yzaaOknI76E

Soziale Bewegungen (Susanne Maurer, Meret Guizetti und Nika Müller, Marburg): Erinnerungen an die Zukunft? Soziale Bewegungen und die Vision eines anderen Lebens:

Der Beitrag spricht die Kämpfe Sozialer Bewegungen für eine 'andere', 'bessere' Welt an, in der Menschenwürde, Gerechtigkeit und Solidarität die zentralen Bezugspunkte darstellen, aber auch ein respektvoller und achtsamer Umgang mit den ‚Grundlagen des Lebens‘. Dabei wird nicht zuletzt an feministische Utopien eines ‚anderen möglichen Lebens‘ angeknüpft. Solche Visionen spielten gerade in den Anfängen der modernen Sozialen Arbeit eine wichtige Rolle. Die britische Soziologin und sozialistische Feministin Sheila Rowbotham zeigt das in ihrer Studie "dreamers of a new day". Aktuelle Entsprechungen finden sich etwa in den Überlegungen von Bini Adamczak ("Kommunismus. Kleine Geschichte wie alles anders wird") und Eva von Redecker ("Revolution für das Leben").