Trierer Radlust- Projekt bei IFMA ausgezeichnet

Das „Radlust“- Projekt der Universität Trier wurde am Donnerstag beim Fahrradkongress der Internationalen Fahrradmesse IFMA in Köln unter 93 Bewerbern für den „Best for Bike“ Preis als eines der fünf besten Fahrradprojekte des Jahres 2007 gewürdigt und erhielt von Staatssekretär Kasparik vom Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung die Urkunde. Die Studenten Wigand von Sassen und Lena Brühne nahmen stellvertretend für das Team von 24 Studenten die Urkunde entgegen. Das sogenannte „Radlustprojekt“ ist eine Kampagne und Wanderausstellung, die zur Zeit im In- und Ausland durch viele Städte wandert. Am Wochenende wird sie etwa in Luxemburg bei der Öko-Messe und in Köln bei der Fahrradmesse gezeigt.

Hintergrund des Radlust- Projekts

Das „Radlust“ Projekt ist der Entwurf einer professionellen Werbekampagne mit 32 A 0 Farbplakaten und zwei Broschüren sowie einem Film. Alle diese Produkte stehen auch auf der Homepage des Projekts www.radlust.info .Entstanden sind diese Produkte im Rahmen eines Forschungspraktikums des Faches Angewandte Geographie/ Raumentwicklung und Landesplanung unter der Leitung des Trierer Verkehrsgeographieprofessors Heiner Monheim. Beteiligt waren 24 Geographiestudentinnen und Studenten. In nur zwei Semestern haben sie die Ideen entwickelt, 6000 Fotos gemacht, das Layout konzipiert, die Texte entworfen und den Film gedreht. Seit Juni hatte die Ausstellung schon über 400000 Besucher, die meisten davon in Köln beim evangelischen Kirchentag, beim Münchener Streetlife- Festival, beim Velo-City-Kongress in München, wo das Projekt von den Studenten bei zwei viel beachteten Präsentationen auf Englisch präsentiert wurde und Standing Ovations erhielt und im Deutschen Museum München. Mittlerweile war die Wanderausstellung auch schon zweimal in Trier, einmal in Münster, einmal in Hamburg und zweimal in Köln zu sehen. Die nächsten Stationen sind Luxemburg (Ökomesse und Stadtmuseum), Brühl, Dessau, Chemnitz, Frankfurt, Homburg. Die Ausstellung ist immer auch ein Stück Stadtwerbung für Trier, denn die meisten Fotos der Broschüre und Ausstellung wurden in Trier gemacht (Innenstadt und Neubaugebiete Petrisberg) und sind somit eine gute Werbung für Trier als schöne Stadt und Fahrradstadt, die Lust auf Radlen macht, sei es bei Trierern oder Trier - Besuchern.

 

Ziel: Fahrradverkehr verdoppeln

Das Projekt geht davon aus, daß sich mit einer professionellen Fahrradwerbung der Fahrradverkehr in Deutschland leicht verdoppeln ließe. Denn die Potenziale für das Radfahren in der Stadt sind sehr groß. Immerhin haben 80% aller Haushalte mindestens 1 Fahrrad, viele sogar drei oder mehr. Aber noch wird das Fahrrad überwiegend als Freizeitverkehrsmittel eingesetzt. Dabei kann es bei regelmäßiger Nutzung im Stadtverkehr – etwa für den Weg zur Arbeit oder zur Ausbildung, zum Einkauf, ins Kino oder Theater, in die Kneipe und natürlich auch für die tägliche Freizeit - dazu beitragen, die typischen Stadtverkehrsprobleme zu lösen.

 

Fahrrad ist das absolute Premiumfahrzeug

Bei der gestern ebenfalls eröffneten IAA in Frankfurt zeigen die Autohersteller stolz ihre neuesten Entwicklungen. Am stolzesten sind sie immer noch auf ihre sog. Premiumfahrzeuge, die großen, starken, schweren „Dinosaurier“. Mit noch so viel grüner Tünche: das Auto bleibt ein Problemfall, wegen seiner Emission, seines Spritverbrauchs, seiner Stauanfälligkeit, seines riesigen Flächenverbrauchs. Das absolute Premiumfahrzeug ist dagegen das Fahrrad. Mit 0- Emissionen, ohne jeden Treibstoffverbrauch, mit optimaler Stadtverträglichkeit, mit seiner breiten Verfügbarkeit. Und die technische Qualität der Fahrräder hat sich beachtlich entwickelt. Es gibt heute über 2000 verschiedene Fahrradmodelle, für jeden Zweck, für jeden Typ, für jeden Ort. Wer will, kann sich sein Fahrrad sogar maßanfertigen lassen. Statt die ewig gleichen Geschichten von den neuen Autotypen zu bringen, sollten die Medien viel mehr über moderne Fahrradtechnik berichten.

 

Emotionen pro Fahrrad nutzen

Gerade wegen der vielen neuen Fahrradmodelle kommt es den Studenten in ihrer Kampagne vor allem auf die emotionale Seite des Radfahrens an. Sie zeigen mit faszinierenden Bildern, wie viel Spaß das Radfahren in der Stadt machen kann. Sie zeigen, wie kommunikativ das Fahrrad ist, man kann jederzeit anhalten, abbiegen, wenden. Man ist mit dem Fahrrad immer mitten drin im Geschehen, man erlebt seine Stadt viel intensiver als im Auto oder im Bus. Man ist durch nichts abgeschirmt oder eingeengt.

 

Schluß mit den Ausreden und Killerphrasen

Die Studenten attackieren die typischen Ausreden und Killerphrasen, die viele Politiker davon abhalten, das Fahrrad ernst zu nehmen: zu viele Berge, zu schlechtes Wetter, zu große Entfernungen, zu gefährliche Straßen, zu bequeme Menschen. Es werde viel zu viel über Gefahren und Infrastrukturprobleme geredet. Leider würden auch die Fahrradverbände und Bürgerinitiativen ihr Augenmerk viel zu oft auf irgendwelche Mängel und Defizite im Fahrradsystem lenken, statt vor allem zum Radfahren einzuladen. In den Millionen von Tempo 30 Zonen deutscher Städte und Gemeinden könne man fast immer bequem und sicher radeln. Und für fast jede Verbindung lasse sich ein besonders schöner, bequemer und sicherer „Schleichweg“ finden. Entscheidend sei der Wille zum Radfahren, eben die Radlust. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und wer Lust hat, entwickelt auch den nötigen Willen. Werbung sei noch immer der beste Hebel, um neue Wünsche und Wellen anzustoßen.

 

Regierungen und Fahrradwirtschaft müssen aktiv werden

Darum sei es so ärgerlich, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen sowie die meisten Kommunen, aber auch die Fahrradwirtschaft nichts in Werbung investieren. Das Radlust Projekt macht beispielhaft vor, sie professionelle Fahrradwerbung aussehen muß. Damit daraus eine richtige Bewegung wird, müsste endlich mehr Geld für Fahrradkommunikation bereitgestellt werden. Für die Art der Werbung könne man sich sehr wohl die professionelle und durchweg emotionale Autowerbung als Vorbild nehmen. Man muß einfach nur in den entsprechenden Plakaten, Annoncen oder Filmspots das Auto durch ein Fahrrad ersetzen. Genau das haben die Studenten bei ihren Plakaten gemacht. Das Projekt schlägt vor, daß vor allem Geld für einen Kreativitätswettbewerb bereit gestellt wird, mit dem Deutschlands Hochschulen und Künstler eingeladen werden, sich mit eigenen Beiträgen für Werbebotschaften, Bilder, Filme, Theater- und Musikstücke zu beteiligen. Ziel ist eine neue deutsche Fahrradkultur, die auch zu einem neuen Politikstil animiert: Deutschland steigt auf, ist die Devise.

Prominenz soll mitmachen

Da sollen dann die Oberbürgermeister und Landräte, die Firmenchefs und Prominenten mit gutem Beispiel voran gehen. Denn in fast allen Städten und Gemeinden mit hohem Fahrradverkehr finde man auch viel Prominenz auf dem Fahrrad. Allein schon aus Glaubwürdigkeitsgründen, aber auch weil man auf dem Fahrrad viel besser gesehen wird, leichter ansprechbar ist als im Auto. Das Fahrrad bedient also optimal die Eitelkeit, es macht populär. Das kann man an den berühmtesten Preisträgern der Auszeichnung für die fahrradfreundlichste Persönlichkeit ablesen, Bremens Ex- Bürgermeistern Henning Scherf und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude. Auch in Münster, Erlangen oder Freiburg ist es ganz selbstverständlich, daß Bischöfe, Schuldirektoren, Bankchefs oder Professoren mit dem Rad unterwegs sind. Da gibt es auf lokaler Ebene eine funktionierende Fahrradkultur.

 

Von der Geschichte lernen

Das Projekt weist auch darauf hin, daß bis in die 1960er Jahre Deutschland noch ähnliche Radverkehrsanteile hatte wie die Niederlande. Erst danach wurde aus Deutschland ein Autoland, geriet das Fahrrad in der Stadt immer mehr an den Rand der Verkehrspolitik. Von den Niederlanden kann man lernen, daß eine funktionierende Fahrradkultur stark zum positiven Lebensgefühl beiträgt, ein ganzes Land prägen kann, ein ganz spezielles Flair vermittelt. Deutschland muß wieder Anschluß an solche historischen Wurzeln finden. Und sich als Fahrradland bekennen. Und seine Fahrradfreundlichkeit kommunizieren. Dann ist eine Verdopplung des Fahrradverkehrs in wenigen Jahren möglich.

 

Weitere Informationen zum Projekt unter www.radlust.info

Auf dieser Homepage stehen auch Fotos vom Projekt als Downloads.

 

Radlust

Ein Projekt der Raumentwicklung und Landesplanung

Universität Trier

54286 Trier

06512014550

0228217109

fopra@radlust.info

heinermonheim@yahoo.de