ENTSCHEIDUNGEN DES BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS ZUM STAATSKIRCHENRECHT

  1. Übersichtüber die in der amtlichen Sammlung des BVerfG (BVerfGE) veröffentlichten Entscheidungen zum Staatskirchenrecht (seit 1957).

  2. Sammlungaller Entscheidungen des BVerfG zum Staatskirchenrecht (seit 1998).

  3. Datenbank mit den Entscheidungen deutscher Gerichte (u.a. Entscheidungen des BVerfG) zum Staatskirchenrecht (seit 1993).

Sammlung aller Entscheidungen des BVerfG zum Staatskirchenrecht

Diese Tabelle enthält alle Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (seit 1998) im Bereich des Staatskirchenrechts.
Die meisten Entscheidungen sind mit ihrem Volltext auf der Homepage des BVerfG verlinkt.

Datum & AktenzeichenFundstelleThemen & Inhalt
03.07.2013

1 BvR 782/12

NVwZ 2013, 1335; BeckRS 2013, 54015; LSK 2013, 380733Besorgnis der Befangenheit, Religionszugehörigkeit eines Richters

Nichtannahmebeschluss: Die Religions- oder Konfessionszugehörigkeit eines Richters stellt einen ähnlich "allgemeinen Gesichtspunkt" iSd § 18 Abs 2 BVerfGG dar wie die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Sie kann für sich allein die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen.

13.02.2013

1 BvQ 2/13

FamRZ 2013, 530-531; BeckRS 2013, 47055

 

Zirkumzision, Erziehungsrecht der Eltern

Nichtannahmebeschluss: Unzulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung: Ein Einschreiten nach § 32 BVerfGG ist nicht dringend geboten, wenn es dem Antragsteller offensteht, eine Abänderung der Sorgerechtsentscheidung zu beantragen (§ 166 FamFG, §§ 1696, 1671 BGB) oder ein Vorgehen nach § 1666 BGB einzuklagen, um der sorgeberechtigten Mutter das Beschneiden des gemeinsamen Kindes zu untersagen.

08.02.2013

1 BvR 102/13

FamRZ 2013, 685; GesR 2013, 445Nichtbetroffenheit durch § 1631d BGB

Nichtannahmebeschluss: Der Beschwerdeführer ist durch das "Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes" (ÄndG vom 20. Dezember 2012 - BGBl I S. 2749) nicht selbst iSd § 90 Abs 1 BVerfGG betroffen. Er trägt vor, im Jahr 1991 als Sechsjähriger von einer nicht als Arzt ausgebildeten Person beschnitten worden zu sein. Die vom Beschwerdeführer angegriffene Vorschrift des § 1631d BGB privilegiert den von ihm geschilderten Fall jedoch gerade nicht, indem es eingeschränkt auch Beschneidungen durch nicht als Ärzte ausgebildete Personen zulässt.

20.11.2012

1 BvL 13/10

www.bverfg.deEintragung der Religionszugehörigkeit in das Geburtenregister

Unzulässige Richtervorlage zur Vereinbarkeit der §§ 21  I Nr. 4 HS 2, 27 III Nr. 5  HS 2 PStG mit den Art. 4 I, 2, 3 I, III GG durch die Versagung der Eintragung der muslimischen Religionszugehörigkeit eines Kindes in das Geburtenregister mangels Status der Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Bekenntnismöglichkeit hängt nicht von der Eintragung in das Geburtenregister ab.

 

06.04.2012

1 BvQ 12/12

KuR 2012, 128 Versammlungsfreiheit, Feiertag (Tanzverbot am Karfreitag)

Nichtannahmebeschluss: Das Gebot der Rechtswegerschöpfung in Verfassungsbeschwerdeverfahren (§ 90 BVerfGG) kommt auch als allgemeiner Gesichtspunkt der Subsidiarität verfassungsrechtlicher Rechtsbehelfe zur Anwendung, wenn eine angemessene vorläufige Regelung in der Fachgerichtsbarkeit noch erreichbar erscheint.

 

04.10.2011

2 BvR 862/10

www.juris.de Kriegsdienstverweigerung

Nichtannahmebeschluss: Antrag eines Sanitätsoffiziers auf vorweggenommene Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer bei noch bestehendem Soldatenverhältnis.

17.11.2010

1 BvR 2118/10

www.bverfg.deKirchensteuer, Sozialrecht

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung fiktiver Kirchensteuer als Abzugsposten bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nach § 136 Abs 2 S 2 NR 2 SGB 3 idF vom 12.12.2002.

 

28.10.2010

2 BvR 816/10, 2 BvR 591/06, 2 BvR 1689/09, 2 BvR 2698/09, 2 BvR 2715/09, 2 BvR 148/10

HFR 2011, 98;
BFH/NV 2011, 181
Eherecht, Kirchensteuer, Konfession

1a. Zum kirchliches Besteuerungsrecht und den insoweit zu beachtenden Mindestanforderungen rechtsstaatlicher Steuererhebung vgl BVerfG, 19.08.2002, 2 BvR 443/01, DVBl 2002, 1624.

1b. Bei der Erhebung von Kirchensteuer kann zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden (vgl BVerfG, 14.12.1965, 1 BvR 606/60, BVerfGE 19, 268 <282>).

2. Von Verfassungs wegen ist es nicht zu beanstande, wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird.

12.10.2010

1 BvL 12/07

BVerfGE 127, 224; DStR 2010, 2393; HFR 2011, 91; GmbHR 2011, 203; FR 2010, 1141; ZSteu 2010, R1139

Kirchensteuer, allgemeiner Gleichheitsgrundsatz

Die Pauschalierung eines Betriebsausgabenabzugsverbots durch die Hinzurechnung von 5% des Veräußerungsgewinns und der Bezüge aus Unternehmensbeteiligungen zu den Einkünften einer Körperschaft nach  § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

08.06.2010

1 BvR 1745/06

NJW 2011, 47; Jus 2012 88

Abtreibung, Religionsfreiheit

Protest gegen Abtreibung vor Arztpraxen nicht durch Religionsfreiheit geschützt (ungenügende Darlegung nach §§ 23 I 2, 92 BVerfG bzgl. einer Beeinträchtigung der Grundrechte aus Art. 4 GG).

01.12.2009

1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07 

LKV 2009, 557; GewArch 2010, 29; DÖV 2010, 189; JZ 2010, 137; BayVBl. 2010, 466; ZevKR 2010, 433

Feiertag, Ladenschluss

1. Die aus den Grundrechten - hier aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG - folgende Schutzverpflichtung des Gesetzgebers wird durch den objektivrechtlichen Schutzauftrag für die Sonn- und Feiertage aus Art. 139 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG konkretisiert.
2. Die Adventssonntagsregelung in § 3 Abs. 1 des Berliner Ladenöffnungsgesetzes steht mit der Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nicht in Einklang.

28.09.2009

1 BvR 1702/09

www.bverfg.de

Islam, Schächten

Die Verfassungsbeschwerde betrifft verwaltungsgerichtliche Entscheidungen in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren. In diesem begehrte der Beschwerdeführer die vorläufige Duldung des betäubungslosen Schlachtens (Schächten) von wöchentlich zwei Rindern und 30 Schafen bis zur Entscheidung über den von ihm beim L.-Kreis (Landkreis) gestellten Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für das Schächten nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG.

21.07.2009

1 BvR 1358/09

NJW 2009, 3151; DVBl 2009, 1190; DÖV 2009, 866

Schule, Religion, Erziehung

Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung von GG Art 4 Abs 1 iVm Art 6 Abs 2 S 1 durch Verhängung eines Bußgelds für einen Verstoß gegen die Schulpflicht aus religiösen Gründen.

12.05.2009

2 BvR 890/06

BVerfGE 123, 148; EuGRZ 2009, 388; LKV 2009, 363; NVwZ 2009, 1217; BVerfGE 123, 148

Religionsgemeinschaften, Zuwendungen

Zu verfassungsrechtlichen Anforderungen bei der Gewährung staatlicher Mittel an Religionsgesellschaften.

09.12.2008

2 BvR 717/08

DVBl 2009, 238; EuGRZ 2009, 51; NJW 2009, 1195; ZevKR 54 (2009), 232

Selbstbestimmungsrecht, Pfarrer, Gerichtsbarkeit

Nichtannahmebeschluss: innerkirchliche Angelegenheiten, hier: Versetzung eines Pfarrers in den Ruhestand und Festsetzung eines Ruhegehalts, sind der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen

05.12.2008

2 BvR 717/08

DVBl 2009, 238; EuGRZ 2009, 51; NJW 2009, 1195; ZevKR 54 (2009), 232

Gerichtsbarkeit, Pfarrer, Sozialrecht

1. Die Versetzung eines Pfarrers in den Ruhestand wie auch Fragen, die mit der Festsetzung seines Ruhegehalts zusammenhängen, sind keine Akte der "öffentlichen Gewalt", in die der Staat durch seine Rechtssprechung korrigierend eingreifen darf. Diese Rechtsakte betreffen vielmehr die Ausgestaltung des Dienst- und Amtsrechts der (Evangelischen) Kirche und unterliegen damit ihrem Selbstbestimmungsrecht.
2. Das kirchengesetzliche Studenmodell mit der Abberufung sowie der Versetzung in den Warte- und Ruhestand ist von sachgerechten Erwägungen getragen. Daher ist eine Verletzung des Willkürverbots (art. 3 Abs. 1 GG) nicht gegeben.

28.10.2008

1 BvR 462/06

BVerfGE 122, 89; JZ 2009, 511; ZevKR 54, 221; NJW 2009, 2190

  

Religionsgemeinschaften, Theologie, Studium

1. Für Hochschullehrer ist Kern der Wissenschaftsfreiheit das Recht, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten. Soweit staatliche Maßnahmen, die auf ihre Stellung als beamtete Hochschullehrer einwirken, spezifisch wissenschaftsrelevante Aspekte ihrer Tätigkeit betreffen, ist Art 5 Abs 3 GG und nicht Art 33 Abs 5 GG Prüfungsmaßstab.
2. Das Grundgesetz erlaubt die Errichtung theologischer Fakultäten an staatlichen Hochschulen im Rahmen von Recht und Pflicht des Staates, Bildung und Wissenschaft an den staatlichen Universitäten zu organisieren. Dabei muss der Staat das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft berücksichtigen, deren Theologie Gegenstand des Unterrichts ist.
3. Die Wissenschaftsfreiheit von Hochschullehrern der Theologie findet ihre Grenzen am Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft und an dem durch Art 5 Abs 3 GG geschützten Recht der Fakultät, ihre Identität als theologische Fakultät zu wahren und ihre Aufgaben in der Theologenausbildung zu erfüllen.
4. Zum Recht der Hochschullehrer auf Teilhabe an der akademischen Ausbildung.

02.07.2008

1 BvR 3006/07

NJW 2008, 2978; DVBl 2008, 1184; EuGRZ 2008, 552; ZevKR 53 (2008), 462; HFR 2008, 1068

Kirchenaustritt, Steuerrecht

Das gebührenpflichtige Verfahren zur Abgabe einer Kirchenaustrittserklärung vor den Amtsgerichten im Land Nordrhein-Westfalen ist verfassungsgemäß.

27.12.2007

1 BvR 853/06

NVwZ 2008, 670; NJW 2008, 2171

Prozessrecht, Religionsfreiheit, Vereinsrecht

1. Ausländische juristische Personen sind bezüglich des Grundrechts der Religionsfreiheit (Art. 4 I, II GG) im Verfassungsbeschwerdeverfahren weder für sich noch für Mitglieder oder Mitarbeiter beschwerdebefugt. Es bleibt offen, ob dies auch für juristische Personen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt.
2. Für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine inländische oder eine ausländische juristische Person handelt, kommt es auf den Sitz und nicht auf die Staatsangehörigkeit der hinter ihr stehenden Personen an.

12.11.2007

1 BvR 48/05

FamRZ 2008, 131; FuR 2008, 136

Eherecht, Kinder, Kirchendienst

Zur Erfolgsaussicht einer Unterhaltsabänderungsklage nach Einkommensverminderung als Folge des Ausscheidens aus dem kirchlichen Dienst.

17.10.2007

2 BvR 1095/05

DVBl 2007, 1555; JuS 2008, 365; ZevKR 53 (2008), 206

Berufsfreiheit, Eigentum

1. Es liegt keine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 I GG vor. Die Pflicht zur Aufnahme einer vom Staat bestimmten - und nicht nur vom Eigentümer aus einem berechtigten Personenkreis auszuwählenden - Person in die Pflegeeinrichtung greift zwar in das Eigentumsgrundrecht des Einrichtungsträgers ein, weil dieser hierdurch in seiner freien Verfügung über sein Grundstückseigentum und dessen Nutzung eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 91, 294). Eine solche Verpflichtung, wie sie § 10 Nr. 2 LPflegeG enthält, bewirkt allerdings keine Enteignung, weil sie nicht dazu führt, dass dem Eigentümer durch Art. 14 I S. 1 GG geschützte konkrete Rechtspositionen - ganz oder teilweise - entzogen werden; sie bestimmt vielmehr generell und abstrakt die Schranken und den Inhalt des Eigentums an den in Rede stehenden Grundstücken.
2. Auch eine Verletzung der Berufsfreiheit liegt nicht vor. Die Aufbürdung von Belastungen mit dem Ziel, die Normadressaten zum Abschluss oder zur Aufrechterhaltung bestimmter Verträge zu bewegen sowie die bußgeldbewehrte Pflicht, bestimmte Pflegeverträge abzuschließen, ist zwar als Eingriff in die durch Art. 12 I GG geschützte Berufsausübungsfreiheit anzusehen (vgl. BVerfGE 81, 156; 99, 202). Der Zwang, gewisse Personengruppen vorrangig zu bedienen, bedeutet aber keine Absperrung von anderweitigen Wohlfahrts-Berufstätigkeiten und hat auch nicht die in der Literatur bei einem Kontrahierungszwang befürchteten schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen.
3. Da alle geförderten Einrichtungen von der gesetzlichen Belegungspflicht in gleicher Weise betroffen sind, ist ein Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit nicht erkennbar. Gegenüber den nichtgeförderten Einrichtungen haben die geförderten sogar einen Wettbewerbsvorteil, da sie nicht darauf angewiesen sind, die Investitionskosten auf die - im Übrigen gleichen - Pflegesätze umzulegen, und somit ihre Leistungen auf dem sozialen Markt günstiger anbieten können.
4. Eine Verletzung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gem. Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 III WRV, das den Kirchen die Freiheit garantiert, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetze selbstständig zu ordnen und zu verwalten (vgl. BVerfG 46, 73 [85]; 53, 366 [391]; 54, 220 [241 f.]; 70, 138 [162]), liegt nicht vor.

08.10.2007

1 BvR 292/02

NJW 2008, 1146; NJW-RR 2008, 200; GewA 2008, 160

Meinungsfreiheit, Scientology

1. Ob der in der Untersagung eines Boykottaufrufs (hier: durch die CSU-Jugendorganisation gegen Plakatflächenvermieter, die Werbung für die Scientology-Bewegung zulassen) liegende Eingriff in die Meinungsfreiheit gerechtfertigt ist, hängt von einer Abwägung der wechselseitig betroffenen Interessen ab. Wesentlich sind zunächst die Motive, das Ziel und der Zweck des Aufrufs. Findet dieser seinen Grund nicht in eigenen Interessen wirtschaftlicher Art, sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche oder kulturelle Belange der Allgemeinheit, dient er also der Einwirkung auf die öffentliche Meinung, dann spricht dies dafür, dass der Schutz durch Art. 5 I 1 GG grundsätzlich Vorrang hat, auch wenn dadurch private und namentlich wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden. Die Verfolgung der Ziele des Aufrufenden darf aber das Maß der nach den Umständen notwendigen und angemessenen Beeinträchtigung des Angegriffenen oder betroffener Dritter nicht überschreiten. Schließlich müssen die Mittel der Durchsetzung des Boykottaufrufs verfassungsrechtlich zu billigen sein.
2. Zur Zulässigkeit einer „Prangerwirkung“ im Rahmen eines Boykottaufrufs.

02.05.2007

2 BvR 475/02

NVwZ-RR 2007, 505

Gewissensfreiheit, Steuerrecht

1. Die Budgetverantwortung des Parlaments (Art. 110 II 1 GG) und das demokratische Prinzip (Art. 20 II i.V. mit Art. 38 I 2 GG) stehen nicht unter dem Vorbehalt der Gewinnentscheidung des Einzelnen zu der Frage, wie mit Einnahmen aus (direkten und indirekten) Steuern zu verfahren sei.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Finanzbehörden im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH (NJW 1992, 1407) im Billigkeitsverfahren eine Steuerherabsetzung wegen der Art der Steuerverwendung im Fall der Berufung auf die Freiheit des Gewissens ablehnt.

20.03.2007 

1 BvR 1226/06

NJW-RR 2007, 1048; GRUR 2007, 720; BVerfGK 10, 464

Berufsfreiheit

1. Zur Freiheit der Berufsausübung gehört nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie schließt die Außendarstellung von selbstständigen Berufstätigen ein, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet ist. Staatliche Maßnahmen, die geschäftliche oder berufliche Werbung beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, den Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes gem. § 1 I Nr. 2 HWG auch auf die Werbung sog. Geistheiler im frei zugänglichen Internet zu erstrecken, sofern die Werbung für Verfahren und Behandlungen erfolgt und sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht.

15.03.2007

1 BvR 1887/06

NJW 2007, 2317; ZevKR 52 (2007), 680; BayVBl 2008, 480; BVerfGK 10, 416

Beamtenrecht, Berufsfreiheit, Kirchendienst

1. Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen einer Tätigkeit im (Kirchen-)Beamtenverhältnis nicht entzogen werden, wenn durch die gleichzeitige Ausübung beider Berufe die Interessen der Rechtspflege nicht gefährdet werden.
2. Bei der Folgenabwägung im Rahmen eines Eilverfahrens gem. § 32 BVerfGG können die Nachteile eines zeitweiligen Verlustes der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für den Betroffenen schwerer wiegen als die Folgen für die Rechtspflege.

15.03.2007

1 BvR 2780/06

LKV 2007, 363; NVwZ 2008, 72; DÖV 2007, 653; DVBl 2007, 693; EuGRZ 2007, 359; FamRZ 2008, 37

Ethik, Schule

Die Einführung eines verbindlichen Ethikunterrichts ohne Abmeldemöglichkeit im Lande Berlin ist mit Art. 4 I, II, 6 II GG vereinbar.

25.01.2007

2 BvR 26/07

NJW 2007, 1865; ZevKR 52 (2007), 221; BVerfGK 10, 216

Prozessrecht, Seelsorge

1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn einem katholischen Seelsorger, der keine Priesterweihe erhalten hat, gem. § 53 I 1 Nr. 1 StPO jedenfalls dann ein Zeugnisverweigerungsrecht zugebilligt wird, wenn er nach den Voraussetzungen des kirchlichen Dienstrechts hauptamtlich beauftragt worden ist.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nach Auffassung eines Teils des Schrifttums und der Fachgerichte das Gesetz von einer Unterscheidbarkeit seelsorgerischer und nichtseelsorgerischer Teile eines Gesprächs (hier: zwischen einem Seelsorger und einem Untersuchungsgefangenen) ausgeht und die Frage, ob einem Geistlichen Tatsachen in seiner Eigenschaft als Seelsorger bekannt geworden sind, objektiv und in Zweifelsfällen unter Berücksichtigung der Gewissensentscheidung des Geistlichen zu beurteilen ist.
3. Im Einzelfall und unter strengen Voraussetzungen können sich Beweisverbote - denen die Zeugnisverweigerungsrechte zugerechnet werden können - unmittelbar aus der Verfassung ergeben. Ein Verzicht auf das Beweismittel kann geboten sein, wenn durch seine Heranziehung der Kernbereich privater Lebensgestaltung verletzt oder wegen der Eigenart des Beweisthemas in grundrechtlich geschützte Bereiche unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingegriffen würde.
4. Nicht jede Handlung, die im weitesten Sinne auf religiöse Ansichten zurückgeführt werden kann, wird durch die Glaubensfreiheit geschützt. Erforderlich ist - ähnlich wie bei der Ausübung der Gewissensfreiheit -, dass es sich um eine zwingende Verhaltensregel handelt, von der der Betroffene nicht ohne innere Not absehen kann.
5. Die Verpflichtung eines Seelsorgers, die an ihn als Zeugen gerichtete Frage vor Gericht zu beantworten, betrifft die organisatorische und inhaltliche Seite seiner Berufsausübungsfreiheit. Durch die Preisgabe von Wissen über den betreuten Gefangenen (hier: betreffend eine dem Gefangenen erwiesene Gefälligkeit) kann das Vertrauensverhältnis zu diesem und zu anderen Gefangenen beeinträchtigt werden, und zwar mit Folgewirkungen auf die Möglichkeit zur Wahrnehmung der seelsorgerischen Aufgabe. Ob daraus im Einzelfall ein Zeugnisverweigerungsrecht abgeleitet werden kann, ist durch Abwägung des schutzwürdigen Interesses des Geistlichen mit den Belangen der Strafrechtspflege zu ermitteln.
6. Zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Anordnung der Beugehaft gegenüber einem Gefängnisseelsorger.

22.12.2006

1 BvQ 41/06

NVwZ 2007, 574

Feiertag, Versammlungsrecht

1. Es bleibt offen, ob der Schutz religiöser Gefühle unter dem Gesichtspunkt einer Grundrechtskollision ein Versammlungsverbot an einem religiös geprägten Feiertag (hier: Heiligabend) über die zeitlichen Beschränkungen des Feiertagsgesetzes (hier: des Landes Nordrhein-Westfalen) hinaus rechtfertigen kann.
2. Es widerspricht dem Charakter des Grundrechts der Versammlungsfreiheit als Minderheitenschutzrecht, ein Versammlungsverbot auf die Erwägung zu stützen, die Anzahl der erwarteten Teilnehmer der Demonstration stehe in keinem Verhältnis zu der Anzahl der Einwohner der betroffenen Gemeinde (hier: der Stadt Minden), welche durch die Veranstaltung in Mitleidenschaft gezogen würden.
3. Der Grundsatz vertrauensvoller Kooperation zwischen dem Veranstalter eine Demonstration und den Behörden ist nicht als Rechtspflicht zur Kooperation ausgestaltet. Die Weigerung des Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch ist für sich allein keine hinreichende Grundlage einer seine Person betreffenden belastenden rechtlichen Wertung.
4. Zur Frage, ob das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unter einem Schikanevorbehalt steht.

24.10.2006

2 BvR 1908/03

BVerfGK 9, 371; DVBl 2007, 119; KuR 2006, 217; DÖV 2007, 202; InfAuslR 2007, 99

Aufenthaltsrecht, Religionsausübung, Religionsfreiheit

Der Streit um die Rechtmäßigkeit des Einreiseverbots für die Führer der Vereinigungskirche, das Ehepaar Mun, geht in die zweite Runde. Die deutsche Vereinigungskirche erreichte mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe, dass sich das Oberverwaltungsgericht Koblenz erneut mit der Sache beschäftigen muss. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hat das OVG seiner Entscheidung eine Gewichtung «genuin religiöser Belange aus dem Binnenbereich» der Religionsgemeinschaft zugrunde gelegt, die staatlichen Stellen verwehrt ist.

01.08.2006

1 BvR 1887/06

NJW 2006, 3706; KuR 2007, 127

Berufsfreiheit, Kirchenamt

1. Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen einer Tätigkeit im (Kirchen-)Beamtenverhältnis nicht entzogen werden, wenn durch die gleichzeitige Ausübung beider Berufe die Interessen der Rechtspflege nicht gefährdet werden.
2. Bei der Folgenabwägung im Rahmen eines Eilverfahrens gem. § 32 BVerfGG können die Nachteile eines zeitweiligen Verlustes der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für den Betroffenen schwerer wiegen als die Folgen für die Rechtspflege.

14.07.2006

1 BvR 1017/06

www.bverfg.de

Ethik, Schule

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Einführung des Ethikunterrichts im Land Berlin als ordentliches Lehrfach ohne Abmeldemöglichkeit.

27.06.2006

2 BvR 677/05

FamRZ 2006, 1358; NJW 2007, 56

Gleichheitsgrundsatz, Kopftuch, Religionsfreiheit

Das Tragen eines Hutes oder Kopftuches aus religiösen Gründen ist auch im Gerichtssaal zulässig; der Erlass einer lediglich darauf gestützten sitzungspolizeilichen Maßnahme verstößt gegen Art. 3 I, Art. 4 GG.

31.05.2006

2 BvR 1693/04

BayVBl 2006, 633; FamRZ 2006, 1094; JA 2006, 829; ZevKR 52 (2007), 100

Erziehung, Glaubensfreiheit, Schule

1. Das elterliche Erziehungsrecht erfährt durch die zur Konkretisierung des staatlichen Erziehungsauftrags erlassene allgemeine Schulpflicht in grundsätzlich zulässiger Weise eine Beschränkung.
2. Von Verfassung wegen ist nichts dagegen zu erinnern, dass der Schulunterricht meinungs- und wertepluralistisch ausgerichtet ist.
3. Mit der Vermittlung von Kenntnissen über geschlechtlich übertragbare Krankheiten und über Methoden der Empfängnisverhütung im Rahmen des Sexualkundeunterrichts hat die Schule das ihr obliegende Neutralitätsgebot nicht verletzt.
4. Stellt der Staat bestimmte Handlungen unter Strafe, kann die Austrahlungswirkung des Grundrechts der Glaubensfreiheit auch die Art und das Maß der zulässigen Sanktionen beeinflussen.

13.06.2005

2 BvR 485/05

NJW 2005, 3275; NVwZ 2005, 1053; BVerfGK 5, 328; InfAuslR 2005, 372

Aufenthaltsrecht, Imam, Prozessrecht

1. Es verstößt gegen das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 IV GG, wenn ein Gericht die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Ausweisungsverfügung bestätigt, ohne auf Tatsachen gestützte Feststellungen darüber zu treffen, dass die begründete Besorgnis bestehe, die vom Ausgewiesenen ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren. Die bloße Behauptung, dass bis zu einer Hauptsacheentscheidung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland drohe, reicht dazu ebenso wenig aus wie eine auf Vermutungen gestützte antizipierte Beweiswürdigung. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung nicht ohne weiteres erschließt.
2. Aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) folgt, dass angesichts der schwerwiegenden Folgen einer auf § 55 II Nr. 8a AufenthG gestützten Ausweisung bereits im Eilverfahren hinreichend belastbare Feststellungen im Sinne der tatbestandlichen Einzelelemente vorliegen.

15.04.2005

1 BvR 952/04

BVerfGK 5, 175; NZS 2005, 589; KuR 2006, 82

Kirchensteuer, Religionsfreiheit, Sozialrecht

Die bis zum Jahre 2004 geltende Regelung des § 136 II 2 Nr. 2 SGB III vom 24. 3. 1997 (BGBl I, 594), wonach bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes fiktiv die Kirchensteuer auch bei solchen Arbeitslosen berücksichtigt wurde, die keiner steuererhebenden Kirche angehörten, verstieß weder gegen die negative Religionsfreiheit noch gegen die Eigentumsgarantie.

23.06.2004

1 BvQ 19/04

NJW 2004, 2814

Meinungsfreiheit, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 32 I BVerfGG sind die erkennbaren Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde gegen die verwaltungsgerichtliche Eilentscheidung vom BVerfG zu berücksichtigen, wenn ein Abwarten den Grundrechtsschutz vereitelte.
2. Beschränkungen des Inhalts und der Form einer Meinungsäußerung finden ihre Rechtfertigung ausschließlich in den in Art. 5 II GG aufgeführten Schranken auch dann, wenn die Äußerung in einer oder durch eine Versammlung erfolgt (im Anschluss an BVerfGE 90, 241 = NJW 1994, 1779).
3. Zur rechtlichen Tragweite des Schutzguts der öffentlichen Ordnung im Versammlungsrecht.

09.06.2004

1 BvR 636/02

BVerfGE 111,10; DVBl. 2004, 889; NJW 2004, 2363; GewArch 2004, 289; ZevKR 2004, 781

Feiertag, Ladenschluss

1. Gilt ein Bundesgesetz gem. Art. 125a II 1 GG als Bundesrecht fort, obwohl die Voraussetzungen des Art. 72 II GG in der seit 1994 maßgebenden Fassung nicht erfüllt sind, bleibt der Bundesgesetzgeber zur Änderung einzelner Vorschriften zuständig. Eine grundlegende Neukonzeption ist ihm jedoch verwehrt.
2. Das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
3. Zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über den Ladenschluss an Werktagen.

12.03.2004

1 BvQ 6/04

DVBl. 2004, 697; NVwZ 2004, 1111

Strafrecht, Versammlungsrecht

1. Die versammlungsbehördliche oder gerichtliche Einschätzung, dass eine geplante Versammlung unter dem Motto „Stoppt den Synagogenbau - 4 Millionen fürs Volk !“ den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 I StGB erfülle und somit eine unmittelbar Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliege, ist im Rahmen eines Eilverfahrens gem. § 32 I BVerfGG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Das inhaltliche Anliegen einer Versammlung darf durch behördliche Auflagen oder gerichtliche Maßgaben nicht verändert werden.

27.01.2004

2 BvR 496/01

NJW 2004, 3099; JZ 2004, 791; ZevKR 2004, 777

Gerichtsbarkeit, Pfarrer, Verwaltungsrecht

Auf die Verletzung des Justizgewährungsanspruchs gestützte Verfassungsbeschwerden gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die die Klagen von Pfarrern gegen autonome Maßnahmen der Kirche (hier: Versetzung in den Wartestand) mangels Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten als unzulässig abgewiesen haben, sind nicht zur Entscheidung anzunehmen, wenn nicht substantiiert dargetan wird, dass diese Maßnahmen nach dem vom BGH (BGHZ 154, 306 = NJW 2003, 2097) entwickelten Maßstab unwirksam sein könnten.

08.01.2004

1 BvR 1406/02

EuGRZ 2004, 112; LKV 2004, 227

Evangelische Kirche, Religion, Schule

Zu den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde, mit der evangelische Eltern und Schüler die Ausgestaltung des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen des Landes Brandenburg als grundrechtswidrig rügten.

02.10.2003

1 BvR 536/03

NVwZ 2004, 472; NJW 2004, 47; JuS 2004, 242; ZevKR 49 (2004), 542

Religionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Kalifatstaat

1. Der schwerwiegende Eingriff des Verbots einer religiösen Vereinigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn er bei der Abwägung mit den Verfassungsgütern, die mit dem Verbot geschützt werden sollen, nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unerlässlich ist.
2. Der besondere Rang der Religionsfreiheit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangen von der Verbotsbehörde und dem gegebenenfalls angerufenen Verwaltungsgericht, den für das Verbot eines religiösen Vereins herangezogenen Sachverhalt umfassend und so sorgfältig aufzuklären, dass die notwendige komplexe Prognose, die Vereinigung verfolge aktiv-kämpferisch das Ziel, die Verfassungsprinzipien des Art. 79 III GG zu untergraben und zu beseitigen, auf der Grundlage zuverlässiger tatsächlicher Erkenntnisse getroffen werden kann.

02.10.2003

1 BvR 1522/03

NJW 2003, 3468; NVwZ 2004, 339; FamRZ 2003, 1828

Erziehung, Kindergarten, Sozialrecht

1. Die in Tagesstätten wie Kindergärten tätigen Fachkräfte und Mitarbeiter arbeiten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 22 III SGB VIII mit den Erziehungsberechtigten zum Wohl der Kinder zusammen und haben bei der Ausgestaltung der Jugendhilfeleistungen auch in solchen Einrichtungen gem. § 2 II Nr. 3 i.V. mit § 9 Nr. 1 SGB VIII die Rechte der Personensorgeberechtigten und des Kindes bei der Bestimmung der religiösen Erziehung zu beachten. Es liegt nahe, dass sich in diesen Regelungen, die gegenüber allen Kindern und Erziehungsberechtigten zu wahren sind, die Grundrechtspositionen konkretisieren, die bei unterschiedlichen Wertvorstellungen von Kindern und Eltern in einen Ausgleich zu bringen sind.
2. Kann in solchen Einrichtungen eine missionarische Zielsetzung auch gegenüber dem Beschwerde führenden Kind ausgeschlossen werden, wird vor einer abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter zu prüfen sein, ob zusätzliche Möglichkeiten denkbar sind, die Vorphase und den Ablauf des im Kindergarten gereichten Frühstücks so zu organisieren, dass im Hinblick auf das im Zusammenhang damit gesprochene freiwillige Tischgebet eine Exponierung und Sonderbehandlung des daran nicht teilnehmenden Beschwerdeführenden Kindes noch mehr als bisher von den Gerichten angenommen vermieden werden können.
3. Es ist für die Beschwerdeführer trotz des Fortschreitens der Zeit und des Fortgangs der Betreuung und Erziehung in dem streitgegenständlichen Kindergarten nicht unzumutbar, auf den Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.

24.09.2003

2 BvR 1436/02

BVerfGE 108, 282; NJW 2003, 3111; NVwZ 2003, 1248; JuS 2003, 1220; BayVBl. 2004, 107; DÖV 2004, 30; ZevKR 49 (2004), 661; JZ 2003, 1164; DVBl. 2003, 1526

Islam, Kopftuch, Schule

1. Ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, findet im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage.
2. Der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel kann für den Gesetzgeber Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein.

19.09.2003

1 BvR 1557/03

LKV 2004, 75; NJ 2003, 642

Schule, Verfassungsrecht

Wegen Nichterschöpfens des Rechtswegs unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Vorschriften des Brandenburgischen Schulgesetzes mit dem Ziel einer Einführung des Schulfachs Humanistische Lebenskunde an den öffentlichen Schulen des Landes Brandenburg.

30.07.2003

1 BvR 792/03

NJW 2003, 2815; MDR 2004, 96; DVBl. 2003, 1396; GewArch 2004, 19; NZA 2003, 959; JuS 2003, 1219; BB 2003, 1956; DB 2003, 1908

Arbeitsrecht, Kopftuch, Religionsfreiheit

1. Berührt eine arbeitsgerichtliche Entscheidung die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Arbeitnehmers (hier: Kündigung einer Verkäuferin wegen Tragens eines „islamischen Kopftuchs“), so sind bei der Auslegung und Anwendung der Kündigungsschutzvorschriften die Grundrechte des Arbeitnehmers aus Art. 4 und 12 GG und die durch Art. 12 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers in einen schonenden Ausgleich zu bringen.
2. Lässt das Arbeitsgericht dabei die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers hinter den Grundrechten des Arbeitnehmers zurücktreten, weil dieser die betriebliche Störung oder die wirtschaftlichen Nachteile, die er auf Grund des religiös motivierten Verhaltens des Arbeitnehmers befürchtet, nicht plausibel darlegt, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

29.04.2003

1 BvR 436/03

BayVBl 2004, 49; NJW 2003, 3406; NVwZ 2003, 1113

Schule, Verfassungsrecht

Verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Ablehnung einer Genehmigung zur Erteilung vom Heimunterricht außerhalb staatlicher oder privater Schulen durch Eltern grundschulpflichtiger Kinder.

06.12.2002

1 BvR 1919/95

NJW 2003, 1305; NVwZ 2003, 729

Sekte, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Eilverfahren ist mangels Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache insoweit unzulässig, als Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf die Hauptsache beziehen, die tatsächliche und einfachrechtliche Lage durch die Fachgerichte noch nicht ausreichend geklärt ist und dem Beschwerdeführer durch die Verweisung auf den Rechtsweg in der Hauptsache kein schwerer Nachteil entsteht.
Die Entscheidung des OVG Münster (NJW 1996, 2115), mit der es abgelehnt worden ist, der Bundesregierung die Veröffentlichung der Broschüre „So genannte Jugendsekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland“ im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, ist auch gemessen an den Geboten des effektiven Rechtsschutzes und des rechtlichen Gehörs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

16.11.2002

1 BvQ 47/02

NVwZ 2003, 601

Feiertag, Friedhof, Versammlungsrecht

1. Die Auslegung des § 5 I , II BbgFTG, dass - bezogen auf den Volkstrauertag - öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und öffentliche Auf- und Umzüge von 4 bis 24 Uhr verboten seien, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die Wertung, dass eine Versammlung - geplant als „Einmarsch“ von etwa 1000 Teilnehmern in den Waldfriedhof in Halbe und unter dem Motto „Ruhm und Ehre den deutschen Frontsoldaten“ - das durch das Feiertagsgesetz geschützte ungestörte Gedenken am Volkstrauertag stören würde, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

31.10.2002

1 BvF 1/96, 1 BvR 1697, 1718, 1783/96, 1412/97

BVerfGE 106, 210; LKV 2003, 240; EuGRZ 2003, 526;

Schule, Verfassungsrecht

Zur Verfahrensbedingung bei Wegfall des Rechtsschutzinteresses für eine Verfassungsbeschwerde (hier: LER-Verfahren gegen das Brandenburgische Schulgesetz).

19.09.2002

2 BvR 1285/02

NVwZ 2003, 73

Strafrecht, Verfassungsrecht

Zur Verfassungsgemäßheit eines Beschlusses, mit dem es abgelehnt wurde, einen Strafrest zur Bewährung auszusetzen.

19.08.2002

2 BvR 443/01

ZevKR 2003, 510; JuS 2003, 391; NJW 2003, 2084; NVwZ 2002, 1496; HFR 2002, 1129; DVBl. 2002, 1624

Kirchensteuer, Körperschaft, Religionsgemeinschaften

Der Staat ist verpflichtet, den Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus das Besteuerungsrecht als hoheitliche Befugnis zu verleihen.
Bei Inanspruchnahme dieses Hoheitsrechts sind die Religionsgemeinschaften an die grundgesetzliche Ordnung, vor allem an die Grundrechte, gebunden.
Im Bereich der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vermag der Gesichtspunkt unterschiedlich hoher Durchschnittseinkommen in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein eine unterschiedliche Höhe der Kirchensteuersätze vor dem aus Art. 3 I GG fließenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit nicht zu rechtfertigen.

16.08.2002

1 BvR 1241/97

NVwZ 2003, 342; NJW 2002, 3458

Scientology

Zur Beeinträchtigung der Grundrechte eines der Scientology-Organisation angehörenden Musikers durch Äußerungen einer Landesregierung gegenüber dem Landtag, in denen diese Organisation als bekämpfenswert bezeichnet und die Ablehnung von Subventionen für Veranstaltungen des Musikers angekündigt wurde.

12.08.2002

1 BvR 1044/93

NVwZ-RR 2002, 801

Religionsfreiheit, Religionsgemeinschaften

Zur Vereinbarkeit von Äußerungen einer Landesregierung über die Bewegung des Rajneesh Chandra Mohan und die ihr angehörenden Gemeinschaften mit Art. 4 I , II GG.

26.06.2002

1 BvR 670/91

BVerfGE 105, 279; JZ 2003, 311; JuS 2003, 186; NJW 2002, 2626; NVwZ 2002, 1495; ZevKR 48 (2003), 90; BayVBl. 2003, 273; GewArch 2002, 419; AfP 2002, 410; DVBl. 2002, 1351

Religionsfreiheit, Verfassungsrecht

Das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG bietet keinen Schutz dagegen, dass sich der Staat und seine Organe mit den Trägern dieses Grundrechts sowie ihren Zielen und Aktivitäten öffentlich – auch kritisch – auseinander setzen. Diese Auseinandersetzung hat allerdings das Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität des Staates zu wahren und muss daher mit Zurückhaltung geschehen. Diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft sind dem Staat untersagt.
Die Bundesregierung ist aufgrund ihrer Aufgabe der Staatsleitung überall dort zur Informationsarbeit berechtigt, wo ihr eine gesamtstaatliche Verantwortung zukommt, die mit Hilfe von Informationen wahrgenommen werden kann.
Für das Informationshandeln der Bundesregierung im Rahmen der Staatsleitung bedarf es über die Zuweisung der Aufgabe der Staatsleitung hinaus auch dann keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung, wenn es zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt.

23.04.2002

1 BvF 1/96, 1 BvR 1697/96, 1 BvR 1718/96, 1 BvR 1783/96, 1 BvR 1412/97

BVerfGE 105, 235; NVwZ 2002,700, 981; DVBl 2002, 973; EuGRZ 2003, 525

Schule, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der verhindert werden sollte, dass der Landtag von Brandenburg im Anschluss an den Beschluss des Ersten Senats des BVerfG vom 11.12.2001 (NVwZ 2002, 980) eine Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes berät und verabschiedet.

09.04.2002

2 BvR 710/01

NJW 2002, 2861; NVwZ 2003, 75; ZEV 2002, 464

Bestattung, Strafrecht

Die Auffassung, dass das Totensorgerecht (hier: in Bezug auf den verstorbenen Ehegatten) allein nicht ausreicht, um Gewahrsam am Leichnam i. S. des § 168 Abs. 1 StGB zu begründen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

28.03.2002

2 BvR 307/01

NVwZ 2002, 1502; NJW 2002, 2227; DVBl. 2002, 968

Partei, Scientology, Verfassungsrecht

Die eingeschränkte Kontrolle eines Parteiausschlusses durch die Zivilgerichte genügt dem Justizgewährleistungsanspruch.

07.03.2002

1 BvR 1962/01

NJW 2002, 2771; NVwZ 2002, 1502; NZA 2002, 609

Arbeitsrecht, Glaubensfreiheit, Kirchendienst

Im Rahmen der Beurteilung, ob die Kündigung eines kirchlichen Arbeitnehmers (hier: einer Erzieherin, der Aktivitäten für die „Universale Kirche“ vorgeworfen wurden) gerechtfertigt ist, sind neben dem Selbstbestimmungsrecht der betreffenden Kirche des Arbeitgebers auch hiermit kollidierende Grundrechtspositionen einschließlich derjenigen aus Art. 4 I , II GG zu berücksichtigen.

16.02.2002

1 BvR 1236/99

JuS 2002, 611; NJW 2002, 666

Berufsfreiheit, Ladenschluss

Der Ausschluss der Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen gemäß § 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar.

18.01.2002

1 BvR 2284/95

NVwZ 2002, 984; NJW 2002, 1485; ZAR 2002, 289

Schächten, Verwaltungsrecht

Zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für das Schächten an eine juristische Person des Privatrechts, deren sämtliche Gesellschafter türkische Staatsangehörige sind.

16.01.2002

1 BvR 1236/99

NJW 2002, 666; DVBl. 2002, 409; DÖV 2002, 427; JuS 2002, 611

Berufsfreiheit, Feiertag, Ladenschluss

Der Ausschluss der Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen dem. § 14 IV LSchlG ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG unvereinbar.

15.01.2002

1 BvR 1783/99

BVerfGE 104, 334; NJW 2002, 663; DVBl. 2002, 328; JZ 2002, 500; NVwZ 2002, 335; DÖV 2002, 383; BayVBl. 2002, 300; JuS 2002, 608; ZAR 2002, 111; ZevKR 2003, 207

Glaubensfreiheit, Islam, Schächten

1. Die Tätigkeit eines nichtdeutschen gläubigen muslimischen Metzgers, der Tiere ohne Betäubung schlachten (schächten) will, um seinen Kunden in Übereinstimmung mit ihrer Glaubensüberzeugung den Genuss von Fleisch geschächteter Tiere zu ermöglichen, ist verfassungsrechtlich anhand von Art. 2 I i.V. mit Art. 4 I und II GG zu beurteilen.
2. Im Lichte der Verfassungsnormen ist § 4a I i.V. mit II Nr. 2 Alt. 2 TierSchG so auszulegen, dass muslimische Metzger eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten erhalten können.

11.12.2001

1 BvF 1/96, 1 BvR 1697/96, 1 BvR 1718/96, 1 BvR 1783/96, 1 BvR 1412/97

BVerfGE 104, 305; NVwZ 2002, 980

Ethik, Religion, Schule

Vorschlag des BVerfG zum Abschluss eines Vergleichs in den Verfahren zur Überprüfung der Einführung des konfessionsneutralen Unterrichtsfachs Lebensgestaltung-Ethik-Religion (LER) durch das Brandenburgische Schulgesetz

02.08.2001

1 BvR 618/93

NJW 2002, 206

Verfassungsrecht, Zeugen Jehovas

Zur Verfassungsmäßigkeit der amtsgerichtlichen Anordnung einer befristeten vorläufigen Betreuung im Zusammenhang mit der Bluttransfusion auf eine bewusstlose Patientin, die sich aus Glaubensgründen (Zeugen Jehovas) zuvor gegen eine solche Transfusion ausgesprochen hatte.

25.05.2001

1 BvR 2253/00

NJW 2001, 2874, 2974; NVwZ 2001, 909; HFR 2001, 907

Kirchensteuer, Religionsgemeinschaften, Verfassungsrecht

Ebensowenig wie die gesetzlich vorgesehene Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte verletzt die Pflicht, auf der Lohnsteuerkarte das Fehlen der Mitgliedschaft in einer kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft durch Striche kenntlich zu machen, Grundrechte von Arbeitnehmern.

26.03.2001

2 BvR 943/99

NVwZ 2001, 908; NJW 2002, 53; DVBl. 2001, 984; BayVBl. 2001, 495; ZevKR 2001, 341

Glaubensfreiheit, Religionsfreiheit, Religionsgemeinschaften

Der Gesetzgeber hat seine grundrechtlichen Schutzpflichten gegenüber Glaubensgemeinschaften aus Art. 4 I, II GG nicht dadurch verletzt, dass er es unterlassen hat, Regelungen zur Einschränkung oder Anerkennung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S. von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 V WRV zu schaffen, wenn nicht mehr gewährleistet ist, dass sich diese rechts- und verfassungstreu sowie gemeinwohldienlich verhält.

31.01.2001

1 BvR 66/01, 1 BvR 71/01

NVwZ 2001, 909; NJW 2001, 1482; VR 2002, 249

Sakralbau, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Zur Rechtswegserschöpfung bei einer Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die der Betrieb einer Mobilfunkstation auf einem Kirchturm untersagt werden sollte.

31.01.2001

1 BvR 619/92

MDR 2001, 635; DVBl. 2001, 723

Arbeitsrecht, Schule

Eine Lehrerin, die mit dem das Gymnasium einer Benediktinerabtei leitenden Mönch ein Verhältnis mit Kindern hat und dessen schließliche Offenbarung in einer mit ihrem Partner einberufenen Pressekonferenz zu rechtfertigen versucht, kann sich ihrer ordentlichen Kündigung wegen Loyalitätsverletzung nicht mit der Berufung auf die Verletzung von Grundrechten entziehen.

19.12.2000

2 BvR 1500/97

BVerfGE 102, 370; JuS 2001, 496; NJW 2001, 429; DVBl. 2001, 284; NVwZ 2001, 316; ZevKR 2001, 224; BayVBl. 2001, 720

Körperschaft, Religionsgemeinschaften, Zeugen Jehovas

1. Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will (Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 V 2 WRV), muss rechtstreu sein.
a) Sie muss die Gewähr dafür bieten, dass sie das geltende Recht beachten, insbesondere die ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben wird.
b) Sie muss außerdem die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79 III GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet.
2. Eine darüber hinausgehende Loyalität zum Staat verlangt das Grundgesetz nicht.

30.09.2000

2 BvR 708/96

NVwZ 2001, 318; DVBl. 2001, 273; NJW 2001, 1270; ZevKR 2001, 335

Kirchenrecht, Verwaltungsrecht

Art. 140 GG iVm Art. 138 I WRV gewährleisten keine Gebührenfreiheit der Kirchen im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.

06.09.2000

1 BvR 1056/95

NStZ 2001, 26

Judentum, Strafrecht

1. Obwohl die Menschenwürde im Verhältnis zur Meinungsfreiheit nicht abwägungsfähig ist, steht das Grundrecht aus Art. 5 I 1 GG einer zu weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals Menschenwürde in § 130 StGB (a.F.) entgegen. Danach ist die Menschenwürde nicht schon immer dann angegriffen, wenn durch eine Äußerung die Ehre oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines anderen tangiert ist.
2. Allein die Bezeichnung eines anderen als „Jude“ verletzt dessen Menschenwürde nicht. Allerdings kann eine Verletzung angesichts der Begleitumstände des Gebrauchs des Begriffs im Einzelfall vorliegen, insbesondere wenn der sich Äußernde sich mit der national sozialistischen Rassenideologie identifiziert oder seine Äußerungen sonst damit in Zusammenhang stehen.
3. Der bloßen Bezeichnung einer Person als Jude im Zusammenhang mit einer Stellenbesetzung (hier: Kultur-Referat der Stadt Regensburg) ist weder zu entnehmen, dass dadurch die Qualifikation des Bewerbers für das Amt und damit dessen Wahrnehmung durch ihn ausgeschlossen werden sollte, noch dass er sonst als „Unterwertiges Glied der Gemeinschaft“ abgestempelt wurde.

31.08.2000

1 BvR 826/00

NJW-RR 2000, 1712

Meinungsfreiheit, Sekte

Eine herabsetzende Äußerung nimmt erst dann der Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (hier verneint für die Äußerung „Multifunktionär mit einschlägiger brauner Sektenerfahrung“ in Bezug auf die Deutschen Unitarier).

04.11.1999

1 BvR 2310/9

NJW 2000, 1326; NVwZ 2000, 546

Religion, Verfassungsrecht

Gegen das Verbot politischer und religiöser Werbung an Taxen bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

16.04.1999

1 BvR 622/99

NJW 1999, 1951; NVwZ 1999, 866

Kruzifix, Prozessrecht, Verfassungsrecht

Zur Folgenabwägung im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, durch die Fernsehaufnahmen während der mündlichen Verhandlung im „Kruzifix-Verfahren“ vor dem BVerwG erlaubt werden sollen.

22.03.1999

2 BvR 938/98

www.bverfg.de

Kirchenamt, Verfassungsrecht

1. Parallelentscheidung zum Beschluß des BVerfG vom 22.03.1999, Az. 2 BvR 1490/96.
2. Hier: Beschwerde gegen Nichtaufnahme in den unständigen Pfarrdienst.

22.03.1999

2 BvR 1490/96

www.bverfg.de

Gerichtsbarkeit, Kirchenrecht, Verfassungsrecht

Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen kirchliche Maßnahmen wegen Nichterschöpfung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten (hier: Der Beschwerdeführer wendet sich direkt gegen Entscheidungen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.)

1. Zum Erfordernis der Rechtswegerschöpfung bei Verfassungsbeschwerden gegen kirchliche Entscheidungen.
2. Hier: Beschwerde gegen Entlassung aus dem kirchlichen Vorbereitungsdienst und Ablehnung der Zulassung zur zweiten kirchlichen Dienstprüfung.

15.03.1999

2 BvR 2307/94

NVwZ 1999, 758

Kirchenrecht, Prozessrecht, Verfassungsrecht

Obwohl eine gefestigte und vom BVerfG für verfassungsgemäß erklärte Rechtsprechung der Fachgerichte zu der Frage staatlichen Rechtsschutzes in kirchlichen Statussachen vorliegt, erfordert das Gebot der Rechtswegerschöpfung vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde die Anrufung der Fachgerichte, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß die gefestigte Rechtsprechung angesichts der im Schrifttum vorgebrachten Argumente zu überdenken sei.

25.02.1999

2 BvR 548/96

NVwZ 1999, 758; NJW 1999, 3257

Kirchendienst, Prozessrecht

Betrifft eine Verfassungsbeschwerde allein die vermögensrechtliche Ausgestaltung des kirchlichen Dienstverhältnisses eines Pfarrers (hier: der Evangelischen Landeskirche in Württemberg) ohne daß als rechtliche Vorfrage der Bestand des Dienstverhältnisses zu klären ist (keine sog. „verkappte Statusklage“), so ist vorher der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten zu erschöpfen, weil eine gefestigte, höchstrichterliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer solchen Klage nicht existiert.

17.02.1999

1 BvL 26/97

NVwZ 1999, 756

Religionsfreiheit, Schule

Unzulässige Vorlage zur Frage, ob § 128 I NdsSchulG über die Teilnahme am Unterricht „Werte und Normen“ mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere mit Art. 3 III GG, vereinbar ist.

10.11.1998

1 BvR 1531/96

BVerfGE 99, 185; NJW 1999, 1322; AfP 1999, 57; NVwZ 1999, 637

Persönlichkeitsrecht, Scientology

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) schützt den einzelnen auch gegenüber der fälschlichen Zuschreibung von Mitgliedschaften in Vereinigungen oder Gruppen, sofern diese Zuschreibung Bedeutung für die Persönlichkeit und deren Bild in der Öffentlichkeit hat.
2. Es ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht unvereinbar, daß dem von einer Tatsachenbehauptung nachteilig Betroffenen die Möglichkeit, die Unwahrheit der Behauptung im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen, unter Berufung darauf abgeschnitten wird, der sich Äußernde habe im Prozeß für seine Behauptung Belegtatsachen beigebracht.

13.10.1998

2 BvR 1275/96

BVerfGE 99, 100; NVwZ 1999, 753; DVBl 1999, 693; ZevKR 44 (1999), 283; BayVBl 1999, 558; NJW 1999, 2430

Religionsgemeinschaften, Verfassungsrecht

1. Art. 138 Abs. 2 WRV hat die Aufgabe, den durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und Art. 137 WRV zugesagten Schutz der Stellung und der Freiheit der Kirchen in ihren sächlichen Grundlagen zu gewährleisten.
2. Die Kirchengutsgarantie schützt alle Religionsgesellschaften unabhängig von ihrer Orgnisationsform und erstreckt sich auf ihr zu religiösen Zwecken bestimmtes Vermögen.
3. Art. 138 Abs. 2 WRV gewährleistet kirchliche Vermögensrechte in ihrem Bestand und nach Maßgabe ihrer vorhandenen rechtlichen Qualität, erweitert sie aber nicht. Die Bestimmung dieser Qualität obliegt als Auslegung und Anwendung einfachen Rechts zunächst den Fachgerichten.
4. Ist ein von Art. 138 Abs. 2 WRV geschütztes Recht auf eine bestimmte verfaßte Kirche bezogen, so richtet sich die Zugehörigkeit zu dieser Kirche zunächst nach dem Selbstverständnis der Kirche.

18.09.1998

2 BvR 69/93

NJW 1999, 350; NVwZ 1999, 294

Religionsgemeinschaften, Verwaltungsrecht, Wahlrecht

Zu den rein innerkirchlichen Organisationsfragen, die nicht der gerichtlichen Kontrolle durch staatliche Gerichte unterliegen, gehört es auch, ob und unter welchen Voraussetzungen Personen in kirchlichen Gremien (hier: Revisions- und Wahlkommission einer Jüdischen Gemeinde) gewählt werden können.

18.09.1998

2 BvR 1476/94

NJW 1999, 349; NVwZ 1999, 294

Gerichtsbarkeit, Kirchenrecht, Sozialrecht

Wenn und soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten vor einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Möglichkeit besteht, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, gebietet die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme gegenüber diesem Selbstverständnis den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des insoweit gegebenen kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden.

18.06.1998

1 BvR 1114/98

NVwZ 1998, 949

Religionsgemeinschaften, Verfassungsrecht

1. Zu den Anforderungen an die Begründung von Verfassungsbeschwerden.
2. Zum Umfang der Anhörung einer Religionsgemeinschaft (hier: „Universelles Leben“) vor Veröffentlichung des Schlußberichts der vom Deutschen Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“.

Aktualisierung

19.09.2014 - Christine Schmidt-König & Florian Schulz