Fiktive Schriften

falsche Alphabete

und andere singuläre Charaktere auf den Nebenwegen der Verwandlung von Welt in Text.

Gibt es eigentlich eine unerlaubte Ausübung der Schriftkunst, fragt man sich, wenn man der Faszination durch die astralen Charaktere in Max Ernsts Maximiliana oder die unerlaubte Ausübung der Astronomie (einer Hommage an den genialen Amateurastronomen Ernst Wilhelm Leberecht Tempel, 1821-1889) allerdings bereits erlegen ist. Ernst, Max: Prints and books: the Lufthansa collection [Katalog der Ausstellung "Max Ernst, Graphik und Bücher, Sammlung Lufthansa" im Württembergischen Kunstverein Stuttgart, 18. Mai bis 4. August 1991]. Stuttgart: Hatje, 1991. 280 S.: überw. Ill. Signatur: pb 13434

 


Sind es Worte? Sind es Bilder? Kaum oder gar nicht lesbare Texte jedenfalls bilden den Hintergrund zu Figurenchiffren, die ihrerseits mystisch-emblematischen Hieroglyphen gleichen: in der Serie Alefbet (d.i. das hebräische Alphabet) findet die Auseinandersetzung des russischen Malers Grischa Bruskin mit der jüdischen Tradition änigmatisch-bildhaften Ausdruck.

Weiß, Evelyn [Hrsg.]: Russische Avantgarde im 20. Jahrhundert: von Malewitsch bis Kabakov; die Sammlung Ludwig
[Katalog der der Ausstellung in der Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln, vom 16. Oktober 1993 bis 2. Januar 1994] München: Prestel, 1993. 279 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 33 = OA.WEI/pb 15145


Das Alphabet der Bété-Sprache in 448 Zeichen: eine der enzyklopädischen Arbeiten des ivorischen Künstlers und Kulturchronisten Frédéric Bruly Bouabré (geb. 1921)   Ander, Heike [Red.]: Documenta11_Plattform5: Ausstellung, Katalog
[Kassel, 8. Juni - 15. September 2002] Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz, 2002. 620 S.: überw. Ill.
(Vgl. Signatur 33 = BZG.BA/pb 6400-11,5,1)


Man muß schon sehr aufpassen, ob man die Zeichen und Charaktere der Himmelskörper, ihrer Intelligenz (zum Guten) und ihres Dämons (zum Bösen) auch wirklich bei günstigem Gestirnstand in eine Silberplatte graviert: dann sind die positiven Wirkungen zwar so gut wie gesichert. Hingegen bei ungünstiger Position in Kupfer gegraben, mahnt Agrippa, „bewirken sie von allem diesem das Gegenteil“ (De occulta philosophia, 1509/10).

Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius: Magische Werke
Samt den geheimnisvollen Schriften des Petrus von Abano, Pictorius von Villingen, Gerhard von Cremona ... und verschiedenen anderen.
Bd. 1. Nachdr. d. 4. Aufl., Berlin 1924. Schwarzenburg: Ansata-Verl., 1979. Getr. Zählung
Signatur: 12 = KP.AG.1/b 10387(4)-1


Fehllesungen sind ausgeschlossen, wenn endlich einmal ein Schriftzeichen mit dem Wesen des Dargestellten identisch ist. So z.B. in den magischen Diagrammen der „wahren Gestalt der fünf Heiligen Berge“ Chinas, einst einem Kaiser direkt von der zuständigen Göttin ausgehändigt, hier nach einer Inschrift aus dem 17. Jh.   Chavannes, Édouard: Le T'ai chan: essai de monographie d'un culte chinois
Paris: Leroux, 1910. 591 S.: Ill., Kt. (Annales du Musée Guimet: Bibliothèque d'études; 21)
Signatur: 27 = ECM/od 10433


Vielleicht war die chinesische Schrift ja einfach praktischer? Aber ohnehin gelten die angeblich autochthonen „Schriftzeichen der Götterzeit“, d.h. der japanischen Frühzeit vor Beginn des chinesischen Kultureinflusses, überwiegender Ansicht nach als Fälschungen einer späteren Epoche.   Hinata, Kazuo [Hrsg]: Kodai moji („Schriftzeichen des Altertums”)
Tôkyô: Gurafikkusha , 1972. 256 S.: überw. Ill.
Signatur: od 24401


Ein Champollion war weit und breit nicht in Sicht, als die Renaissance den Geist der ägyptischen Hieroglyphen noch emblematisch zu rekonstruieren gedachte.   Colonna, Francesco: Hypnerotomachia Poliphili
Nachdruck der Ausgabe Venedig 1499. Farnborough, Hants: Gregg, 1969. [234] Bl.: zahlr. Ill.
Signatur: mt 1256


Henry-Alexandre-Alphonse Legrand (1814-1876) führte ein äußerlich ereignisarmes Leben als Kleinstadtarchitekt. Die Begebenheiten in dem erotisch-mystischen Geheimbund dagegen, dem er als einziges männliches Mitglied angehörte, vertraute er allein seinen Aufzeichnungen an: 45 voluminösen Manuskriptbänden, über drei Jahrzehnte hinweg mit sanskrit- und arabisch inspirierten Geheimschriften gefüllt, die erst im Jahr 1907 der Schriftsteller Pierre Louÿs entdeckte und entzifferte.   Dumont, Jean-Paul [Hrsg.]: Le cercle amoureux d'Henry Legrand: d'après ses manuscrits cryptographiques conservés à la Bibliothèque nationale
Transcrit et présenté par Jean-Paul Dumont. [Paris]: Gallimard, 1979. 191 S. (Les Vies parallèles)
Signatur: mt 28085


Ja, ja. Aber hat ein Whisky mit dem Markennamen denn eine echte Chance auf dem intergalaktischen Konsumgütermarkt?   Reeves-Stevens, Judith: The art of Star Trek
New York [u.a.]: Pocket Books, 1995. XXI, 295 S.: überw. Ill.
Signatur: 21 = MNU/me 356


Gulliver mußte sich schon sehr anstrengen, als er in der Bibliothek von Glumdalclitch den „Traktat von der Schwachheit des Menschen“ studierte, weniger der Riesenlettern von Brobdingnag wegen (hier imaginiert von J.-J. Granville, besser bekannt als Grandville), als vielmehr beim Umblättern der Seiten.   Swift, Jonathan: Voyages de Gulliver dans des contrées lointaines
Traduction nouvelle précédée d'une notice par Walter Scott. Ill. par J.-J. Granville. Paris: Garnier, 1884. 508 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 99 = af 1369


Er hätte gerne ein schönes Haus: In welcher Sprache, in Dreiteufelsnamen, korrespondieren Makler mit Vampiren? (Friedrich Wilhelm Murnau: Nosferatu, 1922)   Arnold, Loy: Nosferatu: eine Symphonie des Grauens
München: Belleville, 2000. 184 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 21 = MOC.M84/me3567


Schwer entzifferbare Glyphen auf mobilen und immobilen Schreibgründen: ein Fest für künftige Ausgräber dieser Zivilisation (Bochum VI, spätkapitalistische Periode, ca. 1992 n. Chr.)

Treeck, Bernhard van: Graffiti-Lexikon: street art, legale und illegale Kunst im öffentlichen Raum
1. Aufl. Moers: Ed. Aragon, 1993. 184 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 33 = BZG.BD/pb 15983