Totem und Mimikry

Die Heraldik und ihr Gegenteil

Der Ritter, bis über die Haarspitzen in Eisen, stellt im Kampfgetümmel demonstrativ seine Erkennungszeichen aus, der Hypolimnas misippus, sonst ungeschützt, tarnt lieber möglichst effektiv die eigene Identität, und dann ist da noch der Maskentänzer... Über den Nutzen und Nachteil von Signalmuster und Camouflage, militärtechnisch, evolutionstechnisch, politisch, schamanistisch.

Verzehr auf eigene Gefahr! Schwarz-gelbe Signalstreifen als heraldische Warnmuster: höchst wirkungsvoll bei Raupe und Wespe, auf lange Sicht weniger erfolgreich dagegen auf k. u. k. österreichisch-ungarischen Monarchiegrenzpfählen
(Franz Marc: Das arme Land Tirol, 1913).

Merian, Maria Sibylla: Das Insektenbuch = Metamorphosis insectorum Surinamensium Begleittext von Helmut Deckert. Übertr. des niederländ. Textes von Gerhard Worgt unter fachwiss. Beratung von Hans-Joachim Hannemann. 4. Aufl. Frankfurt am Main [u.a.]: Insel-Verlag, 1998. 163 S.: zahlr. Ill. Signatur: 33 = DK.MER/pb 18450

Ballade von der Feinderkennung (altfranzösisch)

„Wer fuchtelt da wild mit dem Schwert vor mir her?“
Wundert der Herr von Salvaing sich.
„Das kann nur der Duc de Bretagne sein, ma mère!
Ich kanns an der Helmzier erkennen:
Ich will meinen Speer durch ihn rennen!“

„Wenn das nicht der Chevalier Salvaing ist“,
Pfeift still durchs Visier der Bourbone,
„Dem mein Schwert gleich die offene Flanke küßt!
Sein Wappen ist unmißverständlich:
Wohlan, mein Freund, hab ich dich endlich!“

Encyclopédie méthodique ou par ordre des matières. Recueil de planches de l'encyclopédie
Bd. 7. Paris: Panckoucke [u.a.], 1783. [2], [326] Bl.: 235 Ill.
Signatur: 99 = ag 401-39,7

„In den ersten Kriegsjahren gingen Picasso und Eve, mit der er damals zusammenlebte, Gertrude Stein und ich an einem kalten Winterabend den Boulevard Raspail entlang. ... Plötzlich stand da ein großes Geschütz an der Straße, das erste, das wir bemalt sahen, das heißt mit einem Tarnanstrich. Pablo blieb stehen wie vom Donner gerührt. C’est nous qui avons fait ça, sagte er, das hier ist unser Werk, sagte er. Und er hatte recht, es war sein Werk. Von Cézanne über ihn waren sie bis hierhin gekommen.“

(Gertrude Stein: The autobiography of Alice B. Toklas [1933]. Harmondsworth: Penguin Books, 1977. S. 99. Trad. auct.)

Der Weltkrieg im Bild
Bd. 2. Frontaufnahmen aus den Archiven der Entente. Berlin: Der Weltkrieg im Bild, 1931. 350 S.: nur Ill.
Signatur: w 15684-2

„Diese phantasievolle europäische Vorstellung von einer chinesischen Flagge ... [Fig. 207: „Pavillon de l’empereur de la Chine“], der sogar die einfache Darstellung des Yin-Yang mißlang, steht hier als Warnung an den Vexillologen, der sich zu seiner Unterrichtung auf bloße Beschreibungen stützt.“

(Whitney Smith: Die Zeichen der Menschen und Völker [Flags through the ages and across the world], Luzern: Reich, 1975. S. 109)

Diderot, Denis [Hrsg.]: Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers
Recueil de planches sur les sciences, les arts libéraux, et les arts méchaniques avec leur explication
Genève: Pellet, 1779. Getr. Zählung.
Signatur: 99 = ag 56(2)-Suppl,1


Falsche Heraldik und echte Mimikry: Das Hypolimnas-misippus-Weibchen (Abb. 3) schützt sich mit dem angemaßten Warnmuster des (giftigen) Danais chrysippus (Abb. 1), während die indische Nymphaliden-Raupe in unspektakulärer Farntarnung durch diesen Abschnitt ihres Lebens kriecht.

Hering, Martin: Biologie der Schmetterlinge
Berlin: Springer, 1926. IV, 480 S.: Ill. (Biologische Studienbücher; 3 )
Signatur: h 361


Mit Kurhut, Mitra und ritterlicher Helmzier: als selbst die geistlichen Landesherren von Mainz und Trier ihre Wappen noch mit martialischen Bügelhelmen schmückten (die einzelnen Wappenfarben hier übrigens mit Abkürzungen gekennzeichnet und nicht mit den später üblichen Schraffuren).

Das neue deutsche Wappenbuch: vorstellend, des H. Römischen Reiches Fürsten, Grafen, Freyen, Rittern und Edlen, Wappen, Schilde, Helm, Kleinodien, und darzugehörigen Heroldsfarben, ec.
Bd. 3. Nürnberg: Gerhard, 1656. [38], 200 Bl.: Ill.
Signatur: 99 = af 79-3


Aus der Frühgeschichte der Truppentarnung: Als Birnams Wald verkleidet rücken Malcolms Mannen auf Dunsinane vor (Macbeth, 5. Akt, 4. Szene).

Shakespeare, William: The works of Shakespeare
Ed. by Howard Staunton. Ill. by John Gilbert.
Bd. 3. London: Routledge, [ca. 1860]. 814 S.: Ill.
Signatur: np 29106-3


De sable à une licorne passante d’argent“ („in Schwarz ein schreitendes silbernes Einhorn“): Wenn heraldische Figuren zu handelndem Dramenpersonal werden, können wir uns nur im „acte héraldique“ aus Alfred Jarrys apokalyptischem Schauspiel César-Antechrist (1895) befinden.

Jarry, Alfred: Oeuvres complètes
Réimpr. de l'éd. de Lausanne, 1948. Bd. 3/4. Génève: Slatkine, 1975. 228, 424 S.
Signatur: 23 = G.JA74/mt 8844-3/4


Feuerspeiend, fürchterlich – das Spätmittelalter hatte fürwahr andere Vorstellungen von militärischer Camouflage (Handbuch der Kriegstechnik, 1405).   Kyeser aus Eichstätt, Conrad: Bellifortis
Umschrift u. Übersetzung von Götz Quarg. Bd. 1: Facsimili-Druck der Pergament-Handschrift Cod. Ms. philos. 63 der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Düsseldorf: VDI-Verl., 1967. 140 gez. Bl.
Signatur: 99 = ag 386-1


Ob Ährenkranz, ob Petrischlüssel: die geübte Hand der Bonner Fahnenmaler verlieh sowohl den Insignien des Papstes als auch denen des sozialistischen Auslands künstlerische Perfektion.   Hoeft, Erwin: Fahnen wehen in aller Welt
[Zum 90-jährigen Bestehen der Bonner Fahnenfabrik]
Bonn: Buchbender & Kroth, 1956. 47 S.: zahlr. Ill.
Signatur: 45 = ONE/g 51465

 

Die Gegensätze berüh- ren sich, wo der Scha- mane durch Mimikry selbst zum Totem wird.   Frobenius, Leo : Das sterbende Afrika Bd. 1. München: Recht, 1923. XI, 85 S., 73 Bl.: zahlr. Ill. (Veröffentlichung des Forschungsinstitutes für Kulturmorphologie) Signatur: ag 307

 


Und hier natürlich das Wappentier aller Freunde der unauffälligen Angleichung: „Ihre Farbe sollen sie verändern nach Gestalt derjenigen Dinge / so bey ihnen und umb sie sind.“   Gesner, Conrad: Gesnerus redivivus auctus & emendatus
[Historia animalium, dt.] In die heutige teutsche Sprache gebracht u. erw. durch Georgium Horstium.
Bd. 1: Allgemeines Thier-Buch: Abbildung aller vierfuessigen, sowohl zahmer als wilder Thieren, welche in allen vier Theilen der Welt auff dem Erdboden und in etlichen Wassern zu finden, sampt einer aussfuehrlichen Beschreibung. Nachdr. der Ausg. Frankfurt am Main, Serlin, 1669. Hannover: Schlüter, 1995. 392 S.: Ill.
Signatur: h 630-1