Dissertationsprojekt von Dorothée Henschel M.A.

„Kunst und Fernsehen im künstlerischen und gesellschaftlichen Diskurs“

Das Dissertationsprojekt untersucht das Verhältnis von Kunst und Fernsehen in Deutschland seit den 1960er Jahren bis heute unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen und künstlerischen Diskurses. Dabei werden keine neuen Konzepte für Kunst im Fernsehen entwickelt. Vielmehr wird gezeigt werden, welches Potential im Zusammenspiel von Kunst und Fernsehen gesehen wurde und wie dieses umgesetzt wurde.

In den 1960er Jahren begann die Zusammenarbeit von Künstlern und Fernsehen mit Projekten wie „Black Gate Cologne“ oder Gerry Schums „Fernsehgalerie“ äußerst vielversprechend. In enger Zusammenarbeit mit den Fernsehverantwortlichen wurden Sendungen speziell für die Ausstrahlung im Fernsehen produziert und auch gesendet. Die Akzeptanz und Resonanz auf diese Projekte waren jedoch nach anfänglicher Euphorie bescheiden bis ablehnend. Allerdings führte dies nicht zu einem Scheitern und einer Rückverlagerung in den Präsentationsort des Museums, sondern zu einer Weiterentwicklung bis in die heutige Zeit. Die Veränderung der künstlerischen Ansätze, aber auch Tendenzen, die sich über die „longue durée“ in der Zusammenarbeit von Kunst und Fernsehen entwickelt haben, werden analysiert. Formale Gestaltung, Bildästhetik, Sende- und Produktionskontext, Rezeption und die Verbreitung künstlerischer und sozialer Themen durch „Fernsehkunst“ werden anhand von Fernsehmitschnitten, Sendeplänen und schriftlichen Quellen rekonstruiert. Ein erster Teil erstellt eine Typologie der Fernsehkunst, ein zweiter Teil erforscht anhand ausgewählter Projekte Themenkomplexe, die mit und über das Fernsehen zum Diskurs über das Verhältnis von Kunst und Fernsehen beitragen.

Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung dieses Diskurses, dessen Bedeutung für die Entwicklung von Fernsehkunst und seines Einflusses auf die wissenschaftliche und öffentliche Einordnung historischer und aktueller Fernsehkunst. Von besonderem Interesse ist dabei die wechselseitige Beeinflussung von gesellschaftlichem und künstlerischem Diskurs. Dabei findet der Diskurs weitgehend auf der Ebene der Akteure statt. Die Einzelanalyse von Sendungen der letzten fünf Jahrzehnte in ihrem ursprünglichen Produktions-, Sende- und Rezeptionskontext wird im Vergleich mit der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion Einzelaspekte wie z.B. Fragen der veränderten Kunstöffentlichkeit, des Zuschauerverhaltens, des Dispositivs oder des deutschen Fernsehsystems aufzeigen. 

In diesem Zusammenhang wird der bislang nicht gebräuchliche Begriff „Fernsehkunst“ eingeführt - anstelle von Video- oder Medienkunst, die sei langem im Wissenschaftsdiskurs und in der Öffentlichkeit etabliert sind. Eine Gleichsetzung von Fernsehkunst und Videokunst ist, wie bereits das Motto der documenta 6 „VT ≠ TV“ im Jahr 1977 zeigte, nicht möglich, da sich die Dispositive der beiden Medien grundlegend voneinander unterscheiden und viele Projekte, die für und mit dem Fernsehen entstanden sind, nicht ohne die Einbindung in diesen Präsentations- und Rezeptionszusammenhang verstanden werden können.

Lebenslauf

Dorothée Henschel M.A. (Jg. 1980) ist Medienwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin und lebt in Trier. Sie studierte Medienwissenschaften, Kunstgeschichte und Französische Philologie an den Universitäten Trier und Paris X / Nanterre. 2006 machte sie an der Universität Trier mit einer Arbeit über die Fernsehgalerie Berlin - Gerry Schum ihren Magister-Abschluss. Zurzeit arbeitet sie an Ihrer Promotion zum Thema Kunst und Fernsehen im künstlerischen und gesellschaftlichen Diskurs bei Prof. Dr. Martin Loiperdinger. Der berufliche Werdegang führte sie ins Stadtmuseum Simeonstift Trier, wo sie seit 2006 als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist. Im Jahr 2010 war sie Kuratorin der Sonderausstellung „Raue Schönheit. Eifel und Ardennen im Blick der Künstler“.

Forschungsschwerpunkte sind das Verhältnis von Kunst und Medien seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts sowie die regionale Fotografiegeschichte und die politische Fotografie.

Publikationen

Schwingeler, Stephan/Weber, Dorothée: Das wahre Gesicht des Krieges: Die Hinrichtung in Saigon von Eddie Adams. Das Entstehen einer Ikone vor dem Hintergrund ihrer Publikationsgeschichte in den Printmedien. In: kritische berichte 1/2005, S.36-50.

Schwingeler, Stephan/Weber, Dorothée: Der Schuss von Saigon - Gefangenentötung für die Kameras. In: Paul, Gerhard (Hrsg.): Bildatlas des 20. Jahrhunderts und beginnenden 21., Bd. II, 1949-2006, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008, S. 354-361.

Dühr, Elisabeth / Henschel, Dorothée (Hrsg.): Raue Schönheit. Eifel und Ardennen im Blick der Künstler, Regensburg: Schnell & Steiner 2010.