Einführung

Die Themen Armut und Armenfürsorge waren um 1900 heftig umstritten. In sieben Kapiteln zeigt diese DVD, wie Auseinandersetzungen um die Soziale Frage in Lichtbilderserien und frühen Filmen ausgetragen wurden. Auf Leinwänden in Vortragssälen, Sonntagsschulen, Varieté-Theatern, Kinos und in der Kirche erfroren Waisenkinder im Schnee, stürzten Säufer ihre Familie ins Elend, bettelten hilflose alte Menschen um ein Stück Brot. Das Publikum erlebte bewegende Lichtspiele in Aufführungen mit Musik, Gesang und Rezitation. Die Foto- und Filmbranche lieferte zu einer Vielfalt von Armutsthemen Glasbilderserien und Filme in hohen Auflagen.

Mit dieser DVD ersteht das vergessene Medium der Projektionskunst neu auf dem elektronischen Bildschirm: Das Ensemble illuminago zeigt mit Originalbildern und authentischen Projektionsapparaten im Filmmuseum München bezaubernde viktorianische Lichtspiele in einer musikalischen Live-Performance. Digitale Slideshows rekonstruieren das Zusammenspiel von Lichtbilderserien und Textrezitationen. Wie vor hundert Jahren werden die frühen Stummfilme musikalisch begleitet: Klavier und Geige intonieren Stimmungen, die in den Filmen visuell zum Ausdruck kommen. Es ist ungewöhnlich, heute auf einer DVD neben Filmen auch Lichtbilderserien zu finden. Um 1900 war allgemein bekannt, dass die „lebenden Fotografien“ des Films aus den fotografischen Lichtbildern hervorgingen. Schausteller, Vortragsreisende, Varieté- und Kinobetreiber setzten für ihre Aufführungen vielfach beide Projektionsmedien im Wechsel ein.

Grundlage für die Auswahl der Lichtbilderserien und frühen Filme war die Arbeit in den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojekten :
– Mediale Praktiken und Soziale Frage im Etablierungsprozess neuer Projektionsmedien um 1900
– Der Einsatz visueller Medien in der Armenfürsorge in Großbritannien und Deutschland um 1900
(Teilprojekt im Sonderforschungsbereich 600: Fremdheit und Armut)