Stephan Schwingler M.A.

Dissertationsvorhaben

Betreuer: Prof. Dr. Ulrike Gehring

 

 

Dissertationsvorhaben

Das digitale Spiel als künstlerisches Material

 

KünstlerInnen wie Jodi (Joan Heemskerk, *1968 und Dirk Paesmans, *1965), Cory Arcangel(*1978), Margarete Jahrmann (*1967) und in jüngster Zeit auch Bill Viola (*1951) haben Computerspiele als Material in ihrer künstlerischen Praxis etabliert.
Dem modifizierenden Eingriff in fertige, meist kommerzielle Computerspiele liegt die Auffassung zugrunde, Computerspiele als Material zu begreifen. 

Ein Ziel des Dissertationsvorhabens ist es, die verschiedenen Ansatzpunkte der Modifikation zu identifizieren und kategorisieren sowie die Kunstwerke unter rezeptionsästhetischen und bildwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren. Die Arbeit fragt nach den unterschiedlichen Qualitäten der Modifikation. Es zeichnet sich ab, dass der Bereich der künstlerischen Computerspielmodifikation dahin gehend zu charakterisieren ist, dass KünstlerInnen Störungen und Fehler kultivieren. Vielfach werden Regelwerk, Ziele, Input, Interface und Gameplay negiert. Die visuelle Oberfläche der Spiele wird in Abstraktion überführt, sodass die in den Ausgangsspielen repräsentierten Objekte, Figuren und Architekturen bis zur Unkenntlichkeit verändert werden. So wurde beispielsweise in dem Level Arena von Jodi aus der Serie untitled game (1996-2001) die  visuelle Oberfläche des Ego-Shooters Quake  vollständig getilgt. Als Rudimente bleiben Informationen über das Spiel als Rahmung des monochromen Feldes bestehen. Die Tilgung bewirkt eine Bewusstmachung des Bildes.

Die KünstlerInnen entwickeln „Gegenentwürfe“ zu etablierten, kommerziellen Computerspielen und zielen dabei häufig auf ein Bewusstmachen ihrer apparativen, kodierten und medialen Bedingtheit. Sie entlarven die Illusionstechniken des Computerspiels, indem sie die grafischen Oberflächen, die räumlichen Konfigurationen und die physikalischen Simulationen verändern oder zerstören. Sie brechen die hermetische Hülle der Apparate beziehungsweise die glatte, visuelle Oberfläche der Spiele auf und eröffnen Einblicke in die Konstruiertheit des Codes.

Kurzbiographie

Stephan Schwingeler (*1979) studierte Kunstgeschichte und Medienwissenschaft in Trier und Florenz. Seine Magisterarbeit, in der er die Bildphänomene des Computerspiels im Hinblick auf die Renaissance-Perspektive untersucht, ist unter dem Titel „Die Raummaschine. Raum und Perspektive im Computerspiel“ 2008 im Verlag Werner Hülsbusch erschienen.

Zurzeit ist er Mitglied des Beirats und wissenschaftlicher Berater der Next Level Conference in Köln. Dabei handelt es sich um ein Kunst- und Kulturfestival für digitale Spiele, das seit 2010 stattfindet und vom NRW Kultursekretariat in Kooperation mit der Kulturabteilung des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen veranstaltet wird.

Magisterarbeit

Raum und Perspektive im Computerspiel – Von der statischen Raumkonstruktion zur Simulation arbiträrer Perspektiven. (2007)

Publikation

Die Raummaschine – Raum und Perspektive im Computerspiel, vwh Verlag, Boizenburg 2008.