Marta Kowalski M.A.

Kontakt: marta_kowalski@yahoo.de

 

Betreuer: Prof. Dr. Ulrike Gehring

 

Dissertationsvorhaben

Imago Poloniae.
Dualistische Bildstrukturen in der polnischen Malerei ab der Mitte des 19. Jahrhunderts
bis zum Ende des Ersten Weltkrieges.

 

Die Dissertation steht im Zusammenhang der in den 1990er Jahren vor allem durch die Geschichtswissenschaft vorangetriebenen Dekonstruktion nationaler Kriegsmythen, die im 19. Jahrhundert auch in Polen maßgeblich zur nationalen Identitätsbildung beigetragen haben.
Aus kunsthistorischer Sicht interessieren dabei vor allem die Gemälde aus dem Umkreis der Künstlerbewegung Junges Polen (1890-1918), mit dem Hauptaugenmerk auf dem Werk des Krakauer Malers Jacek Malczewski.

In der Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Teilung Polens, die 1795 mit dem Verlust der Unabhängigkeit begann und 1918 mit der Entstehung des polnischen Staates als einer demokratischen Republik endete, sich inhaltlich und formal auf die Bildmetaphorik der zeitgenössischen Bilder auswirkte und einer weitgehend im Untergrund stattfindenden politischen Diskussion ein Forum verschaffte. Ein Beispiel stellt das abgebildete Gemälde Melancholie (1894) von Jacek Malczewski dar. Aus der Palette des in Gedanken versunkenen Malers an der linken Seite des Bildes entfliehen Geister und menschliche Gestalten, die, in tragischer Haltung erstarrt, das Maleratelier füllen. Ihrem Äußeren nach sind es Gestalten der polnischen Geschichte, jedoch ihrem symbolischen Inhalt zufolge schließen sie an die universelle Parabel von der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens in allen seinen Stationen an: Kindheit, Erwachsenalter und Lebensabend. 

Im Zentrum der Dissertation steht die Dechiffrierung jener symbolischen Bildsprache, die nur vor dem Hintergrund der polnischen Geschichte, seiner Literatur und einer Vielzahl slawischer Sagen und Legenden verständlich wird. In einem komparatistisch angelegten Vergleich sollen deshalb die Beziehungen zwischen romantischer Literatur und der Malerei der Zeit herausgearbeitet werden.   Das abgebildete Gemälde Ellenai's Tod von Jacek Malczewski illustriert das Poem Anhelli des Romantikers Juliusz Slowacki und beinhaltet eine versteckte Botschaft über das Martyrium der polnischen Verbannten nach Sibirien.
Die doppelte Lesbarkeit der Gemälde, die zugleich als offizielle Staatskunst wie auch als rebellische Bildpropaganda agieren, wird im Kontext der dualistischen Bildstrukturen Rudolf Zeitlers unter besonderer Berücksichtigung der Künstlerrolle und der Vermittlung des zeitgenössischen Geschichtsbewusstseins untersucht. Thematisch ist die Fragestellung damit dem Bereich der interdisziplinären Nationalitätenforschung zuzuordnen.