Rechtspolitisches Kolloquium mit Frau Dr. Fazekas, Universität Debrecen, Ungarn am 02.07.2012

Das Rechtspolitische Kolloquium fand behandelte das Thema "„Europäisches Unionsrecht vor dem ungarischen Verfassungsgericht.“

Am 02.07.2012 hielt Frau Dr. Flóra Fazekas, Assistenzprofessorin an der juristischen Fakultät der Universität Debrecen, im Rahmen des vom Institut für Rechtspolitik veranstalteten Rechtspolitischen Kolloquiums einen Vortrag mit dem Titel „Europäisches Unionsrecht vor dem ungarischen Verfassungsgericht.“

Im Mittelpunkt des Vortrags stand das Urteil des ungarischen Verfassungsgerichts 143/2010 zur Frage der Vereinbarkeit des Vertrags von Lissabon mit der ungarischen Verfassung. Das ungarische Verfassungsgericht entschied, dass die ungarische Souveränität und der ungarische Rechtsstaat durch die Ausweitung der Kompetenzen der Europäischen Union, insbesondere durch den Vertrag von Lissabon, nicht beeinträchtigt werden. Eine nähere Begründung fügte das ungarische Verfassungsgericht dem Urteil jedoch nicht bei. Daher bleibt unklar, wann das Gericht die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit bei einer Kompetenzübertragung an die Europäische Union als überschritten ansieht, welche Kompetenzen mithin als unübertragbare Kernstücke der staatlichen Souveränität beim ungarischen Staat verbleiben müssen. Anders als das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem Lissabon-Urteil ging das ungarische Verfassungsgericht auf diese Frage nicht ein.

In der dem Vortrag folgenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass sowohl Frau Fazekas als auch die übrigen Diskussionsteilnehmer eine Abgabe von weiteren Kompetenzen an die Europäische Union, anders als Teile der ungarischen Gesellschaft, nicht als negativ empfänden. In einigen Bereichen, so war sich die Runde der Diskussionsteilnehmer einig, wäre eine Abgabe von Kompetenzen an die Europäische Union vielmehr erforderlich, soweit die Entscheidungsträger einer ausreichenden rechtsstaatlichen Kontrolle unterworfen und demokratisch legitimiert seien.