Wie Kinder täuschen, tricksen, flunkern lernen – und wie sie lernen, dass man das nicht soll

Hallo liebe Kinder,

eigentlich wissen wir ja alle, dass wir nicht lügen sollen, trotzdem machen wir es ab und zu. Aber wann ist lügen okay und wann nicht? Und wie lernt man eigentlich, dass man nicht lügt? Aufschluss darüber gab uns das Seminar „Wie Kinder täuschen, tricksen, flunkern lernen – und wie sie lernen, dass man das nicht soll“ von den drei Entwicklungspsychologen Holger, Benedikt und Carolin.

In Carolins Gruppe haben wir drei Geschichten gehört, zum Beispiel die von  Lisa, die zum Geburtstag ihrer besten Freundin Jule Kinderriegel mit in die Schule genommen hat. Katrin hat die Schokolade in der Pause bemerkt und ganz allein gegessen und später so getan, als ob sie es nicht gewesen wäre. Wir waren uns hier alle einig: Katrin hat sich nicht richtig verhalten, außerdem müsse sie sich schlecht fühlen, da Lisa jetzt ohne Geburtstagsgeschenk da steht und Jule vielleicht traurig deswegen ist.

Carolin erklärte uns, dass es Studien gibt, bei denen man vier- bis achtjährigen Kindern genau solche Geschichten erzählt. Die Hälfte der Vierjährigen und alle Achtjährigen wussten, dass Katrin sich falsch verhalten hatte, aber die Vierjährigen dachten trotzdem, dass Katrin sich gut fühlen müsse, da sie ja nun Schokolade habe. Die Achtjährigen hingegen dachten genau wie wir, dass Katrin sich bestimmt schlecht fühlt. Aus solchen Studien hat man herausgefunden, dass kleine Kinder Schuld noch nicht empfinden können und sich moralische Emotionen erst noch entwickeln müssen, was man das „Phänomen des glücklichen Täters“ nennt.

Dann durften wir noch ein Experiment mit Carolin machen. Zwei Kinder bekamen jeweils eine Schale umgedreht vor sich gestellt. Auf drei sollten sie die Schalen anheben: Unter der einen befand sich ein Kinderriegel, unter der anderen nichts. Die zwei Kinder aus unserer Gruppe haben natürlich ganz fair geteilt, sogar mit uns anderen, obwohl wir nicht am Experiment teilgenommen hatten. Auch solche Experimente hat man mit kleinen Kindern gemacht und festgestellt, dass jüngere Kinder noch kein Empfinden für Teilen haben, ältere dagegen schon. Auch teilen muss man erst lernen.

In Holgers Gruppe haben wir darüber nachgedacht, was Kindern können müssen, damit sie lügen können. Ein Kind aus der Gruppe erzählte, dass als sein Papa 50 geworden ist, die Familie einfach ganz viele Leute eingeladen hat. „Papa gegenüber haben wir dann so getan, als wüssten wir nichts.“ Hier ist eine Lüge okay, stellten wir fest, da man ja hiermit jemandem eine große Freude machen wollte. Und wenn man selbst nicht weiß, dass man lügt, ist es eigentlich keine Lüge, sondern ein Irrtum, erklärt Holger.

Kinder müssen erst lernen, dass andere Menschen andere Dinge wissen und denken. Deshalb behaupten Kinder mit schokoladenverschmiertem Mund auch, dass sie keine Schokolade gegessen hätten, obwohl es ganz offensichtlich doch so ist. Sie können noch nicht verstehen, dass die Eltern in dem Fall darauf schließen können. Das nennt sich die „Theorie des Geistes“.

Auch hier gibt es Studien, die dieses Phänomen durch Experimente verdeutlicht haben. Eines davon haben wir ausprobiert. Ein Kind ging vor die Tür. Holger zeigte uns eine Smarties-Schachtel. „Was ist da wohl drin?“, fragte er uns. „Wahrscheinlich Smarties“, antwortete unsere Gruppe, ohne zu wissen, dass Holger in der Schachtel Stifte versteckt hatte. Wir vermuteten, dass das Kind vor der Tür wohl auch denken würde, dass Smarties in der Schachtel sind, weil es ja auch nicht wissen konnte, dass Holger den Inhalt verändert hatte. Und so war es dann auch. Wir wussten schon, dass andere Menschen andere Dinge denken oder wissen können.

In Benedikts Gruppe durften wir dann das Beobachtungslabor ansehen und die Kameras in dem zugehörigen Raum steuern. Das hat richtig Spaß gemacht und war gar nicht so einfach, denn die Kinder im Raum haben sich ja bewegt, sodass es teilweise schwierig war, sie immer mit der Kamera einzufangen.

Demnächst werde ich auf jeden Fall genauer beobachten, wie Menschen reagieren und ob sie vielleicht auch davon ausgehen, dass ich schon bestimmte Dinge weiß oder denke. Probiert das doch auch mal aus!

Eure Klara Schlaufuchs