Profil des Kollegs

Das Graduiertenkolleg ist dem integrierten Umweltschutz gewidmet, dessen Grundgedanke darin besteht, bei den Belastungen der Umwelt die einzelnen Medien (Boden, Wasser, Luft) nicht jeweils mehr oder minder isoliert in den Blick zu nehmen, sondern dezidiert als Einheit und in ihren wechselseitigen Beziehungen zu betrachten. Erheblich erschwert wird diese Betrachtungsweise durch den Umstand, dass die neuere Rechtsentwicklung zu einem besonders ausgedehnten Umweltverständnis tendiert, welches über die „klassischen“ Medien (Boden, Wasser, Luft) weit hinausreicht und z.B. auch die biologische Vielfalt, die klimatischen Gegebenheiten, die Gesundheit des Menschen, das kulturelle Erbe einschließlich der architektonisch wertvollen Bauten und archäologischen Schätze sowie die Wechselbeziehung zwischen den verschiedenen Faktoren umfasst (Richtlinie 2001/42/EG, Anhang I, Buchst. f, § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG).

Es kommt hinzu, dass in der umweltrechtlichen Normsetzung sowohl auf nationaler als auf europäischer Ebene häufig unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt werden, was letztlich unvermeidbar sein mag, aber zu Schwierigkeiten und Unsicherheiten bei der Normanwendung führt. So ist z.B. in § 14 Abs. 1 BNatSchG. von der erheblichen Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und in Art. 1 Abs. 1 UVP-RL von möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt die Rede.

Das Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs zielt darauf ab, im Rahmen einer engen fächerübergreifenden rechts- und naturwissenschaftlichen Kooperation Bewertungskriterien für die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe auf dem Gebiet des integrierten Umweltschutzes zu entwickeln. Es umfasst zudem die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen für eine normtextlich verwendbare umweltrechtliche Begrifflichkeit, die sich ebenso aus rechtswissenschaftlicher wie aus naturwissenschaftlicher Sicht als fachgerecht erweist. Bei alledem wird in die Untersuchungen einzubeziehen sein, in welchem Umfang sich das Konzept des integrierten Umweltschutzes in anderen Staaten (auch außerhalb der EU) durchgesetzt hat und wie dort mit diesem Konzept umgegangen wird.

In der ersten Förderphase des Graduiertenkollegs ging es schwerpunktmäßig um die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe auf dem Gebiet des integrierten Umweltschutzes vor dem Hintergrund eines weiten Umweltverständnisses. Die Arbeit an diesem Schwerpunkt soll auch während der zweiten Förderphase fortgesetzt werden. Darüber hinaus sollen in der zweiten Förderphase insbesondere Strategien zur Wahrnehmung von Chancen und zur Bewältigung von Risiken verstärkt in den Blick genommen werden, da die bisher im Kolleg praktizierte fächerübergreifende rechts- und naturwissenschaftliche Kooperation ergeben hat, dass sie sich auch für die Bearbeitung ungewisser Risikolagen in besonderem Maße eignet. Dies betrifft u.a. folgende Themenkreise: Monitoringkonzepte, invasive Arten, Tierpathogene, Ex Situ-Artenschutz, Stoffbewertung, Nanomaterialien, Auswirkungen des Klimawandels auf Lebensgemeinschaften.

Neben dem Forschungsprogramm stellt das Qualifizierungskonzept den zweiten zentralen Bestandteil des Graduiertenkollegs dar. Das Studienprogramm ist darauf gerichtet, den Kollegiaten und Kollegiatinnen zusätzliche Kenntnisse über die jeweils andere Fachrichtung zu vermitteln und Gelegenheit zum interdisziplinären Dialog zu geben. Das Ziel des Qualifizierungskonzepts besteht vor allem darin, die Fähigkeiten der Kollegiatinnen und Kollegiaten zur interdisziplinären Kooperation und zu fachübergreifenden Problemlösungen zu verbessern.