Umwelt- und Energierecht

Verantwortlich für das Teilprojekt "Umwelt- und Energierecht" ist Prof. Dr. Ekkehard Hofmann.

Die von der Troika verfolgte und in Griechenland nur unter erheblichen Widerständen durchgesetzte Politik der Verkleinerung des öffentlichen Sektors hat zu einer in Ausmaß und Dauer nicht erwarteten Rezession geführt. Griechenland befindet sich im sechsten Jahr wirtschaftlicher Schrumpfung mit der Folge einer beunruhigend hohen Arbeitslosenquote. Wiederholte Korrekturen an den Sparzielen haben nicht darüber hinwegtäuschen können, dass eine durchgreifende Gesundung der griechischen Wirtschaft erst mittelfristig wiederherzustellen sein wird. Entscheidend dürfte für die wirtschaftliche Entwicklung sein, ob es gelingt, Wachstumsmärkte zu erschließen, also Felder zu identifizieren, in denen die Perspektive dauerhaft erfolgreicher Unternehmenstätigkeit etabliert werden kann.

Ein solches Feld stellt unseres Erachtens die Förderung erneuerbarer Energien dar. Die Europäische Union hat sich auf dem Kopenhagener Gipfel im Jahre 2009 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 20% gegenüber 1990 zu verringern, den Energieverbrauch um 20% zu senken und den Anteil der Erneuerbaren Energien im Energiemix auf durchschnittlich 20% zu steigern. Die Richtlinie 2009/28/EG enthält die entsprechenden rechtlich verbindlichen Ziele. Sowohl Griechenland als auch Deutschland sind deswegen aus europäischem Recht gehalten, einen Anteil von 18% erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch zu erreichen. Griechenland hat diese Vorgabe noch durch ein Parlamentsgesetz auf 20% verschärft (Gesetz 3851/2010).

Soll die Erreichung der genannten Ziele gelingen, sind sowohl in Deutschland wie in Griechenland erhebliche Anstrengungen erforderlich, da beide Länder im Jahre 2005 erst rund 6 (Deutschland) bzw. 7 Prozent (Griechenland) erneuerbarer Energien aufwiesen und die prognostizierten Zielerreichungskorridore bislang verfehlt werden. Die Herausforderungen sind dabei trotz unterschiedlicher wirtschaftlicher, geographischer wie rechtlicher Ausgangsbedingungen erstaunlich gleichläufig: in beiden Ländern besteht ein erheblichesPotential zur Erzeugung erneuerbaren Energien. Während sich im südeuropäischen Raum der Ausbau der Photovoltaik besonders anbietet, gibt es hinsichtlich der möglichen Rolle der Windenergie Überschneidungen. In beiden Ländern soll die Windenergie ausweislich der von der Richtlinie 2009/28/EG verlangten Nationalen Aktionspläne ganz wesentlich zur Zielerreichung beitragen. Da ein beachtlicher Anteil der Windenergie dort erzeugt werden wird, wo keine Stromverbraucher sind, ist ein Umbau der Übertragungsnetze erforderlich. Das trifft im Falle Deutschlands auf die Offshore-Windenergie zu, im Falle Griechenlands auf Inseln, die nicht oder nicht ohne weiteres an das vorhandene Stromnetz angeschlossen sind bzw. angeschlossen werden können. Darüber hinaus ist wegen der Volatilität der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien auch die Frage der Energie-Speicherung einer Lösung zuzuführen. Schließlich gestaltet sich bei schwierig an das Hauptübertragungsnetz anzubindenden Windenergieanlagen die Koordination der Windparkbetreiber mit den Planungen der Übertragungsnetzbetreiber als so diffizil, dass sich der deutsche Gesetzgeber im vergangenen Dezember zu einer Kehrtwende im Recht der Netzanbindung entschlossen hat („Offshore-Netzentwicklungsplan“, § 12a EnWG). Aus den Erfahrungen – und Irrwegen – einer unter enormen Erfolgsdruck stehenden Energiepolitik können Erkenntnisse gewonnen werden, die in beiden Ländern und möglicherweise darüber hinaus von Interesse sind.

Mit dem geplanten Vorhaben soll daher auch ein Beitrag dazu geleistet werden, im Bereich der erneuerbaren Energien übertragbare, praktisch verwertbare und wissenschaftlich weiterführende Erkenntnisse zu gewinnen, die helfen können, die europarechtlich verbindlichen, schon aus Gründen des Klimaschutzes und wegen der Endlichkeit fossiler Treibstoffe gebotenen Ziele zu erreichen.