Was darf ich, was soll ich, was muss ich?

Hallo Kinder,

woran denkt ihr, wenn ihr die Wörter „Jura“ oder „Gesetz“ hört? Ich denke dann immer an einen Richter oder eine Richterin in einer sehr vornehmen Robe und einem Hammer in der Hand. So kennt ihr das wahrscheinlich auch aus vielen Filmen. Ja, genau, heute war ich mal wieder in der Kinder-Uni. Die Veranstaltung wurde von den Juristen Stella Neuerburg und Florian Schmitt geleitet. Das Thema lautete „Was darf ich, wann soll ich, was muss ich?“ – das hörte sich schon ein bisschen weniger nach vornehmer Robe und Hammer an, oder? Das mit dem Hammer gibt es in Deutschland auch gar nicht, das haben wir gleich am Anfang gelernt. Auch die vornehme Robe war erst einmal nicht wichtig: Wir haben mit den ganz einfachen Sachen begonnen.

Als erstes haben wir uns gefragt, was Recht überhaupt ist. Viele Kinder haben Beispiele genannt und wir haben uns dann darauf geeinigt, dass Recht gewisse Regeln und Gesetze sind, welche die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben bilden. Recht ist aber nicht nur etwas, das uns einschränkt und Sachen verbietet, es sichert uns auf der anderen Seite auch Sachen zu, die wir gerne mögen. Wir haben ein bisschen gesammelt, was wir dürfen: Zum Beispiel dürfen wir manchmal Fernsehschauen oder länger auf bleiben, ich darf draußen mit meinen Freunden spielen und manchmal Schokolade essen. Dürft ihr das auch? Oder dürft ihr andere Dinge? Jedes Kind wächst in einer anderen Familie auf und jedes Kind hat andere Rechte – zumindest was solche Dinge betrifft. Andere Regeln sind für alle gleich, aber das haben wir erst später besprochen.

Einiges dürfen wir, anderes sollen oder müssen wir. Auch da haben viele Kinder ähnliche Beispiele von Zuhause erzählt: auf die Eltern hören, Zimmer aufräumen, Zähne putzen. Das muss ich auch alles tun. Außerdem soll ich meinen Eltern im Haushalt helfen, ich wische dafür jedes Wochenende die Treppe. Solche kleinen Aufgaben haben die meisten anderen Kinder auch. Diese Regeln zeigen, dass es wichtig ist, bestimmte Abmachungen zu treffen, sonst gibt es nur Chaos.

Wir haben also erst ganz einfach damit begonnen, was wir daheim in unserer Familie alles dürfen, sollen und müssen. Da stellt man sich ja auch gleich die Frage, wer überhaupt bestimmt, an welche Regeln sich wer halten muss und was wir dürfen. Also daheim dürfen das die Eltern bestimmen, es gibt sogar extra ein Gesetz dafür: Eltern haben das Recht und die Pflicht, sich um ihre minderjährigen Kinder zu kümmern. Recht und Pflicht heißt, dass sie es nicht nur dürfen, sondern sie sich um uns auch sorgen müssen! Was passiert bei euch, wenn ihr die Regeln daheim nicht befolgt? Also wenn ich zum Beispiel die Treppe nicht putze, darf ich weniger Fernsehschauen. Das ist natürlich auch in jeder Familie ein bisschen anders, die Eltern können das so entscheiden oder auch nicht.

Neben diesen Regeln, die jeder von zuhause kennt, gibt es aber auch Regeln für die Gemeinschaft. Zu dieser Gemeinschaft gehören dann zum Beispiel Verwandte und Freunde – aber auch Nachbarn, Lehrer oder andere Menschen in der Stadt. So ist es üblich bei uns, dass man sich hinten anstellt, wenn irgendwo eine Schlange ist und man sich nicht vordrängelt. Diese Regeln sind keine Gesetze, die in einem Buch stehen. Man muss auch nicht ins Gefängnis, wenn man sie nicht befolgt. Die Gemeinschaft stellt diese Regeln auf und wird böse, wenn jemand sie nicht beachtet. Meine Freunde und ich spielen zum Beispiel gerne Monopoly, wenn aber jemand immer schummelt, dann darf er oder sie halt irgendwann nicht mehr mit uns spielen.

Die Regeln für Zuhause und für die Gemeinschaft sind natürlich sehr wichtig für das Zusammenleben. Noch wichtiger sind jedoch die Gesetze in den Gesetzesbüchern – sie sind so wichtig, dass sie aufgeschrieben werden und gelten für ganz Deutschland. Es gibt aber auch spezielle Gesetze für Kinder. Ein Kind ist man bis zu seinem 13. Geburtstag, von 13 bis 17 ist man dann jugendlich. Je nachdem, wie alt man ist, hat man unterschiedliche Rechte und Pflichten. So darf man ab dem sechsten Geburtstag schon alleine ins Kino gehen bis 20 Uhr und ab dem siebten Geburtstag darf man schon alleine einkaufen gehen von seinem Taschengeld – das heißt dann „beschränkt geschäftsfähig“. „Beschränkt“, da ein siebenjähriges Kind ja nicht alles kaufen darf. Genau zu diesem Thema hatten wie auch einen Beispielfall: Christoph (10) hat sich von seinem Taschengeld eine Pferdezeitschrift gekauft, Juliane (11) eine Flasche Bier. Können die Eltern das Geld vom Verkäufer zurückverlangen, weil der Kauf nicht rechtens war? Was denkt ihr, dürfen die beiden Kinder das kaufen? Wir durften den Fall lösen – genau so machen es auch die richtigen Juristen an der Universität. Also Christoph darf die Zeitschrift kaufen, die ist schließlich nicht gefährlich und er ist ja schon „beschränkt geschäftsfähig“. Für das Bier, das Juliane gekauft hat, können die Eltern das Geld zurückverlangen. Bier dürfen erst Jugendliche ab 16 Jahren kaufen, das hätte der Verkäufer kontrollieren müssen. Wir haben sehr lange über dieses Fallbeispiel diskutiert, das hat richtig Spaß gemacht! Das machen die richtigen Juristen sicher auch gerne.

Wisst ihr eigentlich, wie viele Gesetze es gibt? Ich hätte geschätzt, dass es vielleicht etwa 10.000 sind. Heute habe ich aber gelernt, dass es sogar 55.000 sind. Echt viele, oder? Wir durften auch ein bisschen in den dicken Büchern blättern, in denen die Gesetze stehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich darin jemand auskennen kann! Diese Gesetze macht die Gemeinschaft im Gegensatz zu einfacheren Regeln nicht direkt, sondern über den Bundestag, den Bundesrat und den Bundespräsidenten. Das wäre ja auch sehr aufwendig, jeden einzelnen Menschen in Deutschland zu fragen, wie die Gesetze aussehen sollen.

Nachdem wir so viel über Recht und Gesetz gelernt hatten, durften wir noch einen Test schreiben. Darin konnten wir ankreuzen, ob eine Aussage stimmt oder nicht. Und ich hatte nur eine falsch, das hat mich sehr gefreut! J Da wir alle den Test geschrieben und bestanden hatten, erhielt jeder von uns zum Schluss ein Diplom – also eine Urkunde, dass wir jetzt Juristen sind. Naja, vielleicht nicht ganz, aber das kann ja noch werden. Vielleicht dann sogar mit vornehmer Robe.

Ich freue mich auf das nächste Mal!

Eure Klara Schlaufuchs