Geheime Nachrichten - XVAQREHAV

Liebe Kinder,

an einem besonders heißen und sonnigen Tag im Juni habe ich eine ganz besonders spannende Veranstaltung der Kinder-Uni besucht. Die Veranstaltung hieß „XVAQREHAV“.

„Hä???“, habe ich mir gedacht und beschlossen: Dazu muss ich mehr herausfinden! Diese Veranstaltung muss ich besuchen.

Dort angekommen, habe ich sofort erfahren, dass es um die Verschlüsselung von Nachrichten ging. Der Name der Veranstaltung war also eine verschlüsselte Nachricht, die es zu knacken galt. „Wer hat denn herausgefunden, was der Name unserer Veranstaltung bedeuten soll?“, fragte unser Dozent Professor Küsters keck. „Wie soll man das denn jemals herausfinden?“, dachte ich bei mir und war umso überraschter, dass scheinbar ALLE Kinder des Rätsels Lösung bereits kannten. Die komplizierte Buchstaben-Kombination steht nämlich für das Wort „Kinderuni“. Wie die anderen Kinder das herausgefunden haben? Die einen hatten sich zunächst überlegt, wie viele Buchstaben das Rätselwort hatte und haben dann andere Worte dieser Länge gesucht. Außerdem hatten sie vermutet, dass wenn derselbe Buchstabe im Rätselwort mehrmals auftaucht, dieser auch im eigentlichen Wort jedes Mal dieselbe Bedeutung hat.

Und welcher Buchstabe nun für welchen Buchstaben steht, das findet man mit einer ganz speziellen Verschiebe-Technik des Alphabets heraus. „Cäsar-Verschlüsselung“ nennt man das, wie ein Junge sogar bereits wusste. Um einen solchen Code zu knacken, braucht man eigentlich nur das Alphabet. Das haben wir dann an die Tafel geschrieben: „A, B, C, D,…“, haben wir unserem Dozenten diktiert. Diese Buchstaben bildeten das „Klartextalphabet“, also die Buchstaben, wie sie im eigentlichen Wort vorkommen. Darunter schrieben wir dann noch einmal das Alphabet, nur eben um genau 13 Stellen verschoben, sodass unter dem „X“ nun das „K“ stand. Den ersten Buchstaben muss man kennen, alle weiteren ergeben sich dann automatisch. „Chiffrealphabet“ nennt man diese zweite Zeile dann, aus der man den Geheimcode bildet.

Diese Art Nachrichten zu verschlüsseln nennt man „Kryptographie“. Das ist ein kompliziertes Wort, das sich aus den griechischen Worten für „geheim“ und „schreiben“ ableitet, eine Geheimschrift eben. Einige Kinder hatten schon mal eine eigene Geheimschrift erfunden, zum Beispiel um mit Freunden geheime Briefe schreiben zu können oder um den Eltern einen Streich zu spielen. Aber auch wichtige Politiker wie Barack Obama oder Angela Merkel müssen manche Nachrichten verschlüsseln, wenn sie wichtige Informationen beinhalten. Doch wie findet man nun heraus, wie weit das Alphabet bei der Cäsar-Verschlüsselung verschoben wurde? Eine Möglichkeit – wenn auch eine schlechte – wäre, alle Kombinationen auszuprobieren. Das sind insgesamt 25 Verschiebungen! Einmal steht das B für A, einmal steht das C für A, einmal steht das D für A, und so weiter… Das würde aber viel zu lange dauern. Um den Vorgang zu beschleunigen, gibt es die Häufigkeitsanalyse. Diese hatte ein Mann namens Abu Yusuf Ya’qub ibn Is-haq ibn as-Sabbah Iomran ibn Ismail al-Kini erfunden. Das ist kein Chiffretext, das ist tatsächlich sein Name! Er hatte nämlich herausgefunden, dass in fast allen Sprachen das „E“ der häufigste Buchstabe ist. Wenn man jetzt in einer Geheimbotschaft den Buchstaben heraussucht, der am häufigsten vorkommt, dann könnte das mit großer Sicherheit das E sein. Probiert es doch mal selber aus: XRWTHHTVTGCTXH.

Weil aber letztendlich jeder eine solche Buchstabenkombination knacken könnte, werden Nachrichten im Internet anders verschlüsselt. Gezeigt hat Professor Küsters das mit einem Schokoriegel. Der wurde in eine Kiste gelegt. Die Kinder und ich, wir sollten das Internet darstellen, durch das die Kiste – also unsere Nachricht – durchmuss, bevor sie bei der Empfängerin, einem Mädchen in der letzten Reihe, ankommt. Der Schokoriegel war nur für dieses Mädchen bestimmt. Wie aber kann man verhindern, dass nicht eines der Kinder die Schatztruhe auf ihrem Weg durch den Raum „plündert“ und damit die Nachricht liest beziehungsweise aufisst? „Die Schokolade kommt nie an mir vorbei!“, rief ein Junge bereits vorwitzig. Deshalb war ein Zahlenschloss nötig. Professor Küsters gab eine Zahlenfolge ein und schloss die Schatztruhe mit der Schokolade ab. Das einzige Problem war nun: Der Empfänger musste den Zahlencode natürlich auch kennen und ein Infoschild mit der richtigen Zahlenkombination konnte ja nicht auf die Truhe geklebt werden. Wenn eine Nachricht also mit einem Zahlencode verschlüsselt ist, müssen sich Sender und Empfänger irgendwann einmal heimlich im dunklen Wald um Mitternacht treffen, um den Code im Geheimen auszutauschen. So überreichte der Professor dem Mädchen zuerst einen Zettel mit der Kombination und sandte dann die Truhe auf ihren Weg durch das „Internet“. Jedes Kind hielt die Schatztruhe einmal kurz in den Händen und versuchte sich vergeblich am Zahlenschloss, bevor die Truhe schließlich bei dem Mädchen ankam und dieses das Schloss endlich öffnen konnte – den Zahlencode kannte sie ja als einzige.

Das einzige Problem, dass sich bei dieser Art der Verschlüsselung ergibt, ist der Schlüsselaustausch. Denn um den Zahlencode dem Empfänger mitzuteilen, müssen Sender und Empfänger sich wenigstens einmal treffen. Was aber, wenn der Empfänger in Australien lebt? Zu diesem Zweck gibt es noch eine weitere Form der Verschlüsselung. Dazu braucht man sowohl ein Schloss als auch einen Schlüssel für dieses Schloss. Wenn Alice nun eine verschlüsselte Nachricht an Bob schicken möchte, dann muss Bob ihr zuerst ein Schloss schicken, dessen Schlüssel er allein hat. Alice verpackt nun eine Nachricht und schließt sie mit Bobs Schloss ab. Wenn die Nachricht dann durch das Internet hindurch geschickt wurde und bei Bob ankommt, dann kann er das Schloss mit seinem Schlüssel wieder aufschließen und die Nachricht lesen. Das Schloss nennt man auch „öffentlicher Schlüssel“. Hierbei handelt es sich um eine riesengroße 600-stellige Zahl, mit der man eine Nachricht verschlüsseln kann. Der passende „private Schlüssel“, der die verschlüsselte Nachricht als einziger entschlüsseln kann, besteht aus den Primfaktoren der riesengroßen Zahl. Diese herauszufinden ist unglaublich schwer, sonst könnte es ja auch jeder lösen! Und so ist die Nachricht geheim und nur Bob allein weiß wie man die geheime Nachricht lesen kann.

Am Ende der Veranstaltung hatte ich nicht nur viel gelernt und viel mit Schokolade gearbeitet, sondern fühlte mich auch noch wie ein richtiger Spion, der geheime Nachrichten entschlüsseln darf. Probiert es ruhig selber einmal aus. Geheimschriften sind nicht schwierig, machen aber unglaublich Spaß. Und wenn man das Ganze auch noch mit Schokoriegeln als Geheimnachrichten spielt, dann hat man gleich doppelt Freude.


Bis dann und liebe Grüße wünscht Euch euer
GQJEXANP OYDHWQBQYDO (Tipp: E = A)