Intensivseminar an der Europäischen Akademie Otzenhausen

Rauchende Köpfe, angeregte Diskussionen und Raum für Gemeinschaftserlebnisse sind die drei Hauptmerkmale des Intensivseminars „Chinabilder in Bewegung“ an der Europäischen Akademie in Otzenhausen. Zwei Tage lang setzten sich die Schülerinnen und Schüler der teilnehmenden Gymnasien mit dem deutschen Chinabild von der Zeitenwende bis in die Gegenwart an der Begegnungsstätte für die europäische Jugend im Saarland auseinander.

© Tilman Schalmey

Samstag, 29. April 2017

Professor Dr. Christian Soffel eröffnete das Seminar mit Ausführungen zum „Chinabild im Wandel der Zeit“, in welchen er über die ersten Kontakte zwischen China und Europa berichtete: Unter anderem erörterte er die Hinweise, die für die Echtheit des Aufenthalts Marco Polos in China sprechen. Die SchülerInnen nutzten die Gelegenheit, um Fragen über das historische China zu stellen.

Bereits am Nachmittag des ersten Tages erhielten die TeilnehmerInnen einen Überblick von Sebastian Kohnz über das Funktionieren von Medien und die Auswahl von Nachrichten. In diesem Zusammenhang reflektierten die SchülerInnen auch ihr eigenes Mediennutzungsverhalten. Nach einer Vorstellung der wichtigsten Merkmale qualitativer und quantitativer Analysemethoden fanden sich die OberstufenschülerInnen in Arbeitsgruppen zusammen, die sie je nach Interesse wählen konnten. Die Gruppe der quantitativen Methoden setzte die Arbeit des computerlinguistischen Workshops in Trier fort, während drei weitere Gruppen sich mittels qualitativer Inhaltsanalyse den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft näherten. Insgesamt sollten die Untersuchungen feststellen, ob und in welchen Bereichen bzw. in welchen Medien die deutsche Berichterstattung über China positiv oder negativ ausfällt.

Der Arbeitstag wurde mit einem Vortrag von Professor Dr. Thomas Heberer von der Universität Duisburg-Essen zu dem Thema „China – Quo vadis? Zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft“ im gegenwärtigen China abgerundet. Die SchülerInnen hatten im Vorfeld ein besonderes Interesse an dem Thema Politik und Gesellschaft geäußert. Dieses Interesse konnte durch die kenntnisreichen Ausführungen zur chinesischen Politik und dem Umgang der Gesellschaft mit der aktuellen politischen Situation befriedigt werden. Die TeilnehmerInnen erhielten durch die Ausführungen Heberers, der auf zahlreiche Feldforschungsaufenthalte in China zurückblickt,  – unter anderem zum Entwicklungsstaat 3.0 – völlig neue Perspektiven auf die Thematik.

Am Abend fand sich die Gruppe zu Spielen – Majiang und Kegeln – sowie einem taiwanischen Film zusammen. In China heißt das renao und bedeutet so viel wie buntes und lautes Treiben. Das richtige Mittel, um ein wenig chinesische Atmosphäre in die abgeschiedene Atmosphäre der EAO zu bringen.

© Tilman Schalmey Teilnehmerinnen analysieren das Chinabild in Kleingruppen
© Tilman Schalmey Das Team der Computerlinguistik

Sonntag, 30. April 2017

Am Sonntag setzten die SchülerInnen die Gruppenarbeit fort, bei der sie zahlreiche Artikel aus deutschen Medien – auch mittels eines Computerprogramms – analysierten und sich darüber hinaus teils ebenfalls mit der Fernsehberichterstattung über China näher auseinandersetzten.

Ab dem Mittag stellten die Schülerinnen und Schüler ihre sehr überzeugenden Präsentationskenntnisse unter Beweis, indem sie die Analyseergebnisse aus den Arbeitsgruppen im Plenum vorstellten. Insgesamt wurde sowohl in der quantitativen Arbeitsgruppe als auch in den qualitativen Analyseteams eine eher negative Berichterstattung über China in den deutschen Medien festgestellt. Einige Ausnahmen waren insbesondere im wirtschaftlichen Themenbereich festzustellen.

Am Nachmittag fand das Intensivseminar seinen Abschluss durch eine von Sebastian Kohnz und Lydia Wolf angeleitete Diskussionsrunde über das allgemeine Chinabild in Deutschland sowie die Arbeit von deutschen Korrespondenten in China. Sowohl das deutsche Chinabild als auch das chinesische Deutschlandbild werden dominiert von vereinfachenden Klischees, die auf unterschiedliche Perspektiven aber auch Interessen zurückzuführen sind. Auch die Logik von Presseberichterstattung aus dem Ausland setzt eine gewisse Stereotypisierung voraus. Eine Platzierung in aktuellen Medien ist oft nur auf diese Weise möglich. Auch auf die Situation deutscher Journalisten in China wurde eingegangen. Diese arbeiten oftmals unter erschwerten Bedingungen auf Grund politischer Vorgaben. Eine kritische Rezeption deutscher Berichterstattung über China kann dabei helfen, ohne diese jedoch als Fake News abzustempeln.

Nach einem intensiven Arbeitswochenende verließ die Projektgruppe das Saarland bei strahlendem Wetter mit dem Bus in Richtung Trier.

(Kawai Chung/ Lydia Wolf)

© Tilman Schalmey Vortrag von Prof. Dr. Heberer
© Tilman Schalmey Präsentation der Arbeitsgruppen