„Wenn jetzt behauptet wird, ein Gemälde wie »das Rote Bild mit Pferden«
hätte mit der Erkenntnis, dass es nicht von Campendonk, sondern von mir gemalt wurde, auch seine »Aura« eingebüßt,
dann ist das in meinen Augen falsch; es hat lediglich die Aura der Betrachtungserwartung »Campendonk«
gegen die Aura der Betrachtungserwartung »Beltracchi« eingetauscht.

Meinen Bildern wurde ihre Aura aufgrund der Signatur zugeschrieben – die wiederum den Marktwert bestimmte.
So gesehen ist die „Aura“ für den Markt nichts anderes als der Preis, und nur diese Aura können meine Bilder verloren haben.“

(Interview mit Wolfgang Beltracchi, Süddeutsche Zeitung, 16. Januar 2014)

Wolfgang Beltracchi (*1951) gilt als der Jahrhundertfälscher unserer Zeit, der zahlreiche selbstverfasste Bildwerke der klassischen Moderne als Originale vorgetäuscht und mit seinem Betrug Millionen verdiente, bis er aufgrund des von ihm verwendeten Titanweiß in das Rote Bild mit Pferden des Betrugs überführt wurde. Derartige skandalöse Entdeckungen erschüttern und faszinieren gleichermaßen, da sie nicht nur die Integrität des Kunstmarktes in Frage stellen, sondern auch Fragen aufwerfen über Originalität, über die Rechtfertigung des Preises und besonders über die Kunstkennerschaft: Wer schreibt den Werken Echtheit zu und auf welche Kriterien stützt sich der sogenannte Connoisseur dabei? Wie erlangt er seine Fähigkeiten, Kunstwerke zu kategorisieren und anschließend zu bewerten? Was meint der Meisterfälscher Beltracchi, wenn er von der Aura eines Werkes spricht, die zudem den Preis des Marktes bestimmt? Im Seminar werden eben diese Fragen um Kunstkennerschaft und Kunstfälschung thematisiert.