Wie sich Generationen gegenseitig stärken

Gute Gespräche können dafür reichen, haben Psychologen der Universität Trier herausgefunden. Ein Handbuch erklärt die praktische Anwendung.

Jugendliche und Senioren unterhielten sich in den Gesprächsrunden über verschiedene Themenschwerpunkte.

Wissenschaftler der Universität Trier haben in dem Projekt „Lebensgeschichten“ untersucht, wie sich Generationen gegenseitig stärken können. Dazu haben sie Jugendliche und Senioren in gemischten Gruppen zusammengebracht. Im Gespräch tauschten sie sich über Erfahrungen, Ansichten und existenzielle Fragen des Lebens aus. Dabei konnten die Psychologen positive Effekte sowohl auf die teilnehmenden Jugendlichen wie auf die Senioren nachweisen.

In insgesamt zehn Begegnungsrunden unterhielten sich die Jugendlichen im Alter von 14 bis 20 Jahren mit den Senioren über Themenschwerpunkte wie Höhe-, Tief- und Wendepunkte des Lebens, Spiritualität, Werte oder Weisheit. Die jeweils rund 90-minütigen Gespräche wurden aufgezeichnet und in einer Befragung der Beteiligten evaluiert.

Junge Menschen und Senioren zusammenzubringen, ist grundsätzlich keine neue Idee. Wenn Jugendliche beispielsweise mit Heimbewohnern Karten spielen oder wenn sie musizieren, sind die emotionalen und psychologischen Effekte jedoch begrenzt. „In dem Projekt Lebensgeschichten haben wir positive und nachhaltige Wirkungen in beiden Altersgruppen festgestellt“, nennt Projektmitarbeiterin Nicole Thomas ein zentrales Ergebnis der Untersuchung, die von Prof. Dr. Jan Hofer und Dr. Dirk Kranz geleitet wird.

Beide Altersgruppen hatten nach dem Abschluss der Gesprächsrunden ein positiveres und ausgewogeneres Bild über die jeweils andere Generation. Die Psychologen bestätigen mit ihrer Untersuchung, dass Senioren in den Begegnungsgruppen „generativ wirken“ können – so der wissenschaftliche Fachbegriff. Sie geben ihr Wissen und ihre Lebenserfahrung an jüngere Generationen weiter. Durch das Erzählen von persönlichen Lebenslinien, Erfahrungen, Schicksalsschlägen, Höhe- und Tiefpunkten bringen die älteren die jungen Menschen dazu, intensiver über ihre Identität und ihre Lebensentwürfe nachzudenken. „Die Jugendlichen gewinnen dadurch mehr Klarheit bei der Entwicklung eines Selbstkonzepts. Die Senioren fühlen sich zufrieden und angenommen, da sie wertvolle Erfahrungen weitergeben können“, fasst Nicole Thomas zusammen. Der Austausch mit Personen der eigenen Altersgruppe verstärkt diese Effekte zusätzlich.

„Es war beeindruckend, wie offen alle Beteiligten miteinander umgegangen sind und welche Fülle an Erfahrungen und Lebensgeschichten dabei zutage gekommen ist“, sagt die Doktorandin, die derzeit an ihrer Dissertation und einem Handbuch arbeitet, das voraussichtlich im Juni 2020 vorliegen wird. Mithilfe dieses Leitfadens können Schulen und Jugend- sowie Senioreneinrichtungen das ausgearbeitete Begegnungsprogramm eigenständig umsetzen. Einige große Träger im Bereich der Seniorenbetreuung haben bereits Interesse daran gezeigt.

Das Handbuch kann nach Erscheinen über die Abteilung Entwicklungspsychologie der Universität Trier bezogen werden. Das Projekt Lebensgeschichten wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

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Kontakt

Nicole Thomas
Entwicklungspsychologie
Mail: lebensgeschichtenuni-trierde
www.lebensgeschichten.uni-trier.de