Ein zentrales Kapitel europäischer Geschichte soll neu geschrieben werden

Professor Damien Tricoire wurde eine bedeutende europäische Forschungsförderung zugesprochen.

Der Sturm auf die Bastille im Juli 1789. Reproduktion eines Aquarellgemäldes aus der französischen Nationalbibliothek.
Der Sturm auf die Bastille im Juli 1789. Reproduktion eines Aquarellgemäldes aus der französischen Nationalbibliothek.

Mit dem ERC Consolidator Grant unterstützt der Europäische Forschungsrat (ERC) etablierte Spitzenwissenschaftler, die bereits exzellente Forschungsleistungen erbracht haben. Der Trierer Historiker Prof. Dr. Damien Tricoire wird in den kommenden fünf Jahren dank der Förderung durch den ERC Grant von etwa zwei Millionen Euro ein ambitioniertes Forschungsziel verfolgen können. Das Forschungs- und Innovationsprogramm hat in diesem Jahr einen Gesamtwert von 655 Millionen Euro. Für die nun bewilligten 327 Projekte waren 2506 Bewerbungen eingegangen.

Professor Damien Tricoire will mit dem Projekt PAPA („Pamphlets and Patrons“) auf der Basis der Untersuchung politisch polemischer Schriften belegen, dass die Französische Revolution kein Aufstand des Bürgertums war, sondern vom Hochadel angeführt wurde. Die Bastille sei nicht vom Volk, sondern von professionellen Soldaten eingenommen worden, lautet eine These. Die Gesellschaft im Zeitalter des Absolutismus und die Ursprünge der Französischen Revolution würden somit in einem anderen Licht erscheinen. Mit tiefgreifenden Folgen: Die Geschichte der Öffentlichkeit müsste grundlegend neu geschrieben werden.

Hervorragendes Forschungsumfeld

„Ich freue mich sehr, dass Prof. Dr. Tricoire der Universität Trier für sein Projekt ‚PAPA‘ einen der begehrten Grants des Europäischen Forschungsrats einwerben konnte und nun mit finanziellem Rückenwind sein Projekt angehen kann. Dies belegt einmal mehr, dass Spitzenforschung auf europäischer Ebene an rheinland-pfälzischen Hochschulen erfolgreich gelingt. Mit den starken Geisteswissenschaften und dem Schwerpunkt in den Digital Humanities bietet die Universität Trier ein ganz hervorragendes Forschungsumfeld“, so Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf.

„Wir leben in Zeiten, in denen eine schnelle und wirksame Kooperation für die wissenschaftliche Arbeit unerlässlich ist. Daher gilt es, den Europäischen Forschungsraum gemeinsam zu stärken. Einen Raum, der ganz Europa umfasst, weil Wissen keine Staatsgrenzen kennt, weil Zusammenarbeit mehr wissenschaftliche Erkenntnisse hervorbringt, weil Wissen, dessen Qualität offen geprüft wurde, vertrauenswürdig ist. Zudem bringt ein solcher Forschungsraum mehr Spitzenleistungen hervor, auf die wir heute und in Zukunft auch in Rheinland-Pfalz angewiesen sind“, richtete der Minister seinen Glückwunsch an Professor Damien Tricoire und sein Team für den großartigen Erfolg.

Mutiges Projekt

„Die großen historischen Ereignisse scheinen etwas Unumstößliches zu haben, quasi umgeben von einer unantastbaren Aura. Wer käme auf die Idee, die epochale Bedeutung, den Effekt einer Zäsur in Frage zu stellen? Das kollektive Gedächtnis müsste neu geordnet werden. Die Fragen, die Professor Tricoire aufwirft, sind so beschaffen, dass ihnen ein solcher Effekt folgen könnte. Ich gratuliere aber auch und vor allem zu dem Mut, ein solches Projekt zu formulieren“, sagte Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier.

Ausgangspunkt der Forschungsfragen, denen Damien Tricoire in den kommenden Jahren nachgehen will, ist ein Rätsel: Was steckt hinter dem Boom an teils aggressiven politischen Schriften im Frankreich des 18. Jahrhunderts? Klassischerweise werden solche politischen Pamphlete als Ausdruck einer neuartigen, bürgerlichen Öffentlichkeit und als fundamentale Angriffe auf das gesamte System des „Ancien Régime“ verstanden.

Verborgenes politisches Spiel

Das Forschungsprojekt PAPA soll mithilfe sowohl klassischer geschichtswissenschaftlicher als auch neuer digitaler Methoden diesem verborgenen politischen Spiel auf die Spur kommen: dem verdeckten Agieren von höfischen Parteien, die gegeneinander kämpften. Hiermit soll auch der Ausbruch der Französischen Revolution als ein aristokratischer Aufstand neu interpretiert werden.

„Es ist mir eine überaus große Freude und Ehre, dass mir der Consolidator Grant einzigartige Möglichkeiten bietet, der Spur solch weitreichender Hypothesen nachzugehen. Die Universität Trier bietet für die Verwirklichung dieses ambitionierten Vorhabens die besten Voraussetzungen: eine hohe Expertise und Innovationsfähigkeit im Fach Geschichte und in den Digital Humanities“, blickt  Professor Damien Tricoire auf spannende und aufschlussreiche Forschungsjahre voraus.

Der ERC Consolidator Grant

Die ERC Consolidator Grants werden an herausragende Forscher in der mittleren Karrierephase vergeben. Die Forschung muss in einem der EU-Mitgliedstaaten oder in einem assoziierten Land durchgeführt werden. Die Finanzierung von maximal 2 Millionen Euro pro Forschungsprojekt erfolgt über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. Die Mittel dienen überwiegend dazu, Wissenschaftler und weiteres Personal im Rahmen des Projekts zu finanzieren.

Damien Tricoire, Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit.
Damien Tricoire, Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit.

Zur Person

Damien Tricoire studierte in Paris, Köln, Berlin, München und Warschau. Nach zwei Masterabschlüssen in neuester Geschichte an der Sciences Po Paris, an der auch Emmanuel Macron und andere bedeutende Politiker studierten, sowie in Osteuropastudien an der LMU München promovierte er an der LMU und an der Pariser Sorbonne. Von 2011 bis 2020 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er 2016 habilitierte. In diesem Jahr wurde Damien Tricoire auf die Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Trier berufen. In seiner wissenschaftlichen Arbeit legte er ein Hauptaugenmerk darauf, innovative Ansätze zu verfolgen.

Kontakt

Prof. Dr. Damien Tricoire
Geschichte der Frühen Neuzeit
Mail: tricoire@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-2192