Neue Initiative in der Avicenna-Forschung

Bei einer mehrwöchigen Online-Tagung werden eine Studiengruppe reaktiviert und die Hauptwerke des Universalgelehrten und Philosophen in den Fokus gerückt.

Der 980 geborene Avicenna (Ibn Sīnā) gilt als Universalgelehrter, als einflussreicher Mediziner, Naturwissenschaftler, Mathematiker und als einer der bedeutendsten Philosophen aller Zeiten. „Er war ein genialer Denker, der über die islamische Welt hinaus auch auf Europa stark gewirkt hat. Von den nachfolgenden Generationen wurde er bis in die heutige Zeit rezipiert“, ordnet Andreas Lammer die Bedeutung Avicennas für die Philosophiegeschichte ein. Der Juniorprofessor für Arabische Philosophie, Kultur und Geschichte an der Universität Trier ist Initiator der dritten internationalen Tagung der Avicenna Study Group vom 1. Juni bis 13. Juli. Im wöchentlichen Abstand werden jeweils dienstags zwei Vorträge gehalten.

Avicennas theoretische Philosophie wird in seinen acht Hauptwerken vollständig dargestellt. Sie sind in verschiedenen Schaffensphasen entstanden und unterscheiden sich vor allem in ihrem Umfang enorm, vom umfassendsten Werk in 22 Bänden mit insgesamt 6200 Seiten bis zum kurzen Heft mit etwa 60 Seiten. „Bislang wurden zwar die meisten dieser acht Hauptwerke einzeln bearbeitet, doch wurden sie nicht gemeinsam in ihrem Verhältnis zueinander erforscht, um Veränderungen, Entwicklungen und Wandel im Denken herauszuarbeiten. Daher ist es an der Zeit, Vergleiche zu ziehen sowie inhaltliche Unterschiede zu untersuchen und einzuordnen. Schon kleine Veränderungen können hilfreich sein, um der Persönlichkeit Avicennas näherzukommen“, sagt Andreas Lammer.

Junge und etablierte Forscher

Dieser Aufgabe widmet sich nun die von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Online-Tagung „Surveying the summae: Comparisons and Contrasts among Avicenna's Eight Main Works" an der Universität Trier. Mit dieser Veranstaltung reaktiviert Andreas Lammer die Tradition der Avicenna Study Group. Erstmals 2001 an der Yale University und ein Jahr später in Mainz hatte diese Gruppe Konferenzen durchgeführt mit dem Ziel, Studierende und Doktoranden mit Nachwuchswissenschaftlern und etablierten Avicenna-Forschern zusammenzubringen. Die Initiative war erfolgreich, denn die dazu herausgegebenen Bände gehören heute zu den einflussreichsten Aufsatzsammlungen zu Avicenna und zur arabisch-islamischen Philosophiegeschichte.

Diesen Geist greift Andreas Lammer nach knapp 20-jähriger Vakanz mit der Trierer Konferenz in internationaler Zusammenarbeit wieder auf. Von bislang bereits 200 angemeldeten Teilnehmern weltweit sind die Hälfte Studierende und Doktoranden. Sie werden sich mit erfahrenen und renommierten Wissenschaftlern wie dem Philosophiehistoriker und Avicenna-Experten Dimitri Gutas austauschen können. Die Ergebnisse sollen anschließend ebenfalls in einem Tagungsband veröffentlicht werden.

Netzwerk soll regelmäßig tagen

Wenn es nach Andreas Lammer geht, wird das Netzwerk der Avicenna Study Group nun alle zwei Jahre tagen. Nachdem die ursprünglich für 2020 geplante Zusammenkunft in Trier wegen der globalen Gesundheitslage verschoben werden musste, könnte dank des neuen Zweijahresrhythmus mit dem sechsten Treffen im Jahr 2027 das umfangreichste Hauptwerk Avicennas gefeiert werden. Er hatte es nach langer Arbeit 1027 - also 1000 Jahre zuvor - fertiggestellt.

Beim dritten internationalen Treffen der Avicenna Study Group wird es, koordiniert an der Universität Trier, vom 1. Juni bis 13. Juli an sieben Tagen immer dienstags jeweils zwei Vorträge mit anschließender Diskussion geben. Die Beiträge beginnen um 17.00 Uhr und um 18.30 Uhr. Eine Teilnahme an den Online-Veranstaltungen ist noch möglich, lediglich eine Registrierung ist dafür erforderlich.

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Kontakt

JProf. Dr. Andreas Lammer
Arabische Philosophie, Kultur und Geschichte
Mail: lammeruni-trierde
Tel. + 49 651-201 2338
www.asg.uni-trier.de

 

Bearbeitetes Foto einer Statue Avicennas in Hamadan im Iran. Foto: Afshar1118421, CC BY-SA 4.0

Bearbeitetes Foto einer Statue Avicennas in Hamadan im Iran. Foto: Afshar1118421, CC BY-SA 4.0 (Link zur Creative Commons Lizenz am Textende)