Wo ist die Dom-Maus?

Pst! Pst! … Psssssssst! Na hört mich denn hier niemand?

Ach, will mir denn niemand zuhören? Dabei habe ich doch so interessante Geschichten zu erzählen. Meine Freunde, die mit mir hier im Dom wohnen, meinen alle, ich könnte nicht mal meinen Mund halten und haben keine Lust mehr, mir zuzuhören. Außerdem müssen wir eigentlich auch immer darauf achten, dass wir schön leise sind, damit wir die anderen großen Tiere nicht wecken oder aber Touristen verschrecken. Neulich zum Beispiel, war da so eine alte Dame, die plötzlich aufgeschrien hat: „Ach, iiihh, da ist ja eine Maus!“ Alle haben sie nur ganz komisch angeguckt.

Ach Entschuldigung, vielleicht versteht ihr ja überhaupt nicht, wovon ich rede. Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Maus, Dom-Maus 001 und ich wohne mit meinen Mäusefreunden im Trierer Dom. Den kennt ihr doch, oder?

Heute ging es ganz schön rund im Dom. Es gab doch tatsächlich eine kleine Kindergruppe, die mit blauen Stofftaschen am Ärmel baumelnd auf die Mission ging, uns Dom-Mäuse zu entdecken. Sowas. Aber ich hatte diese Kinderschar ja schon früher im Auge und habe mir gedacht, dass da bestimmt noch was Großes auf uns Dom-Tiere zukommt.

Zuerst nahmen die Kinder an einer Führung teil. Die nette Frau Portem, die immer dafür sorgt, dass kein Tourist uns Dom-Mäuse entdeckt, hat die wissbegierigen Kinder durch den ganzen Dom geführt – vom Weihwasserbecken, über die Abbildungen des Leidensweges von Jesus, die Kapelle und sogar durch den Keller, in welchem die Gräber von verstorbenen Bischöfen zu sehen sind. Aber in diesem Bereich halte ich mich persönlich nur ganz ungern auf, weil es da so schrecklich dunkel und kalt ist.

Meine Lieblingsplätze sind vielmehr die Schwalbennestorgel, weil dort je nach Laune des Organisten, ein kleiner Hirtengott aus einem Verstreck hervorguckt und ich immer lachen muss, und auch die Kapelle, in der immer ein Goldkreuz angestrahlt wird und sich der Heilige Rock befindet. Aber keine Angst, den kann ich nicht annagen, der ist ganz gut eingepackt.

Ja, das ist so mein Leben. Aber ihr braucht gar nicht zu denken, dass es langweilig ist. Denn im Gegensatz zu meinen Mäusevorfahren lebe ich nicht 15 Jahre in einem Dom, der für Touristen gesperrt ist und in dem nur Restaurationsarbeiten, das heißt Verschönerungen, durchgeführt werden. Das wäre mir echt zu langweilig. Aber seit dem 01.05.1974 sind täglich ganz viele Touristen im Dom, sodass immer etwas Neues und Spannendes passiert. Diese Kinder von heute beispielsweise haben meinen Freunden und mir einen gaaaaanz großen Gefallen getan. Denn nur die wenigsten Leute, die überhaupt uns Dom-Mäuse kennen, wissen auch, dass wir bedroht werden.

Im Dom verstecken sich noch ganz viele gefährliche Tiere für Mäuse wie ein Löwe, eine Schlange, ein Dinosaurier oder auch Vögel. Da müssen wir ganz schön auf der Hut sein und flink über die Lichtgalerie flitzen. Und dabei müssen wir noch ruhig sein, damit wir nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen. Ich sag euch, ganz schön anstrengend. Aber die Kinder mit den blauen Taschen konnten die anderen Tiere im Dom ausfindig machen und somit haben wir Mäuse bei der nächsten Verfolgungsjagd durch den Dom einen entscheidenden Vorteil, wir wissen, wo sich die anderen Tiere verstecken.

So, jetzt habe ich aber genug gequatscht, die anderen schauen mich schon wieder ganz schief an. Ich würde mich freuen, wenn ich diese Kinderschar noch einmal im Dom begrüßen dürfte, denn dann erschrecken wir gemeinsam die Mamas und Papas, die Angst vor Mäusen haben.

Eure Dom-Maus 001, im Auftrag von
Klara Schlaufuchs