Urteil der Woche (KW 8)

Im heutigen Urteil der Woche werfen wir einen Blick in das Beamtenrecht: das VG München hatte es zur Aufgabe, über drei Eilanträge bezüglich der Nachbesetzung des Amtes des/der Vizepräsident/in am BFH zu entscheiden.

Seit dem 01.11.2020 ist das Amt des/der Vizepräsident/in vakant. Auf diese Stelle bewarben sich u.a. die Präsidentin eines Finanzgerichts sowie Vorsitzende Richterinnen und Richter am BFH. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hielt die Präsidentin des Finanzgerichts als leistungsstärkste Bewerberin und zog sie den anderen Bewerbern vor.
Gegen diese Auswahlentscheidung sind vier Konkurrenten um die Stelle gerichtlich vorgegangen.

Das VG hat den Eilanträgen stattgegeben, weil es die konkret durchgeführte Auswahlentscheidung für rechtswidrig erachte. Das BMJV sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der ausgewählten Bewerberin der Vorrang einzuräumen sei, obwohl ihr aktuelles Amt als Präsidentin eines Finanzgerichts (Statusamt R 5) in einen niedrigeren beamtenrechtlichen Status eingestuft ist als die Ämter der Konkurrenten (Statusamt R 8). Denn insofern sei schon keine Gleichwertigkeit der aktuellen Ämter gegeben. Auch wenn die ausgewählte Bewerberin und die Konkurrenten in ihren aktuellen Beurteilungen jeweils die Spitzennote erhalten hätten, gelte dennoch der Grundsatz des Leistungsvorrangs des höheren Statusamtes. Danach sei die Eingruppierung in ein höheres Statusamt regelmäßig Ausdruck gesteigerter Anforderungen und einer größeren Verantwortung im höherrangigen Amt. Das BMJV habe nicht ausreichend begründet, weshalb insofern eine Ausnahme vorgelegen habe und weshalb die ausgewählte Bewerberin trotz ihrer niedrigeren Eingruppierung über einen Leistungsvorsprung gegenüber den Konkurrenten verfüge. Das vom BMJV u.a. angeführte Argument, die ausgewählte Bewerberin habe bis 2017 das Amt einer Staatssekretärin (Statusamt B 8) innegehabt, greife nicht durch, denn es sei allein das aktuelle Statusamt maßgeblich.

Gegen die Beschlüsse legte die Bundesrepublik Deutschland jeweils Beschwerde ein. Der BayVGH hat die Entscheidungen des VG München nun mit Beschluss v. 01.02.2022 (6 CE 21.2708 u.a.) bestätigt und eine Verletzung der drei Konkurrenten in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG ebenfalls bejaht. Der Bund darf daher die Stelle des/der Vizepräsident/in am BFH vorläufig nicht besetzen.

www.vgh.bayern.de/media/muenchen/presse/pm_2021-10-14.pdf