Resolution "Boden in Unterricht und Weiterbildung"

(verabschiedet auf der Tagung der DBG in Hannover, 1999)

Mit Sorge wird festgestellt, daß der Boden im Bewußtsein der Öffentlichkeit eine auffallend untergeordnete Rolle spielt; allenfalls im Sinne von "Grund und Boden" besitzt er – etwa in Ballungsgebieten – oft einen hohen Stellenwert.

Problemstellung:

Dies kann in der Natur des Bodens selbst begründet sein. Der Boden entzieht sich einer leicht zugänglichen Wahrnehmbarkeit; selbst seine Oberfläche kann durch Versiegelung unzugänglich sein. Seine ökologische, aber auch seine ökonomische Bedeutung sind nicht ohne weiteres erlebbar, und seine Schönheit ebenso wie seine Bedeutung als landschafts- und siedlungsgeschichtliche Urkunde erschließt sich im allgemeinen nur Fachleuten. Auch scheinen Böden, etwa in Form der Hydrokultur, ersetzbar zu sein. Bodenbelastungen äußern sich vielfach nicht als offenkundige, leicht wahrnehmbare Schädigungen, und der Begriff Boden selbst ist zudem oft im Sinne von Schmutz negativ besetzt. Im Gegensatz zu dieser defizitären Situation nehmen die Umweltmedien Wasser und Luft einen wesentlich größeren Stellenwert ein. Dies mag darin begründet sein, daß Wasser und Luft als gefährdete und schutzbedürftige Allgemeingüter wesentlich eher erkannt werden.

Die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft erachtet es als eine ihrer besonders wichtigen Aufgaben, diesem Zustand entgegenzuwirken und die Bedeutung der Bodenkunde herauszustellen.

Ziele:

Als anzusprechende Zielgruppen sind Schüler, Lehrer sowie die Institutionen der Erwachsenenbildung anzusehen. In diesem Rahmen müssen Kenntnisse vermittelt werden, die es der Öffentlichkeit leichter einsehbar machen, daß Böden (a) als Naturkörper ein wertvolles und schützenswertes Gut darstellen, (b) als Standorte der Lebensgemeinschaften (Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen) und als Filter-, Puffer- und Transformationssysteme im Ökosystem eine Grundlage unseres menschlichen Lebens darstellen, und daß sie (c) flächenmäßig begrenzt und nicht vermehrbar sind, hingegen verschlechtert und zerstört werden können.

Neben den in der Öffentlichkeit sehr häufig diskutierten Gefahren, die in unserer Zeit dem Wasser, der Atmosphäre und anderen Naturgütern drohen, müssen die Gefährdungen, denen Böden ausgesetzt sind, noch sehr viel stärker in das allgemeine Bewußtsein gerückt werden. Um das Wissen vom Boden und seiner Bedrohung zu mehren und den schonenden Umgang mit Boden zu fördern, müssen in verstärktem Maße die natur- und geowissenschaftlichen Grundkenntnisse in den Lehrplänen der Schulen und in den Veranstaltungsangeboten auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung vermittelt werden.

Strategien:

Hier sind insbesondere die Lehrpläne und Kursangebote auf den Gebieten Chemie, Physik, Biologie und Geographie anzusprechen. Lehrer, Lehrerverbände, Lehrplangestalter einerseits, Verantwortliche für das Kurs- und Lehrangebot an den Einrichtungen der Erwachsenenbildung wie auch an Berufsbildenden Schulen; Studienseminaren; Pädagogischen Hochschulen und den übrigen Hochschulen andererseits müssen ermutigt und befähigt werden, dem Boden im Rahmen von Unterricht und Lehre einen deutlich erhöhten Stellenwert zu geben. Eine wohl überlegte Abstimmung der Lehr- und Ausbildungspläne könnte außerdem sichtbar werden lassen, daß bodenkundliche Fragen komplexer Natur sind, an die man aus unterschiedlichen Blickwinkeln, d.h. multidisziplinär herangehen muß.

Den natur- und geowissenschaftlichen Fächern kommt eine Schlüsselstellung im Zusammenhang mit bodenkundlichen Fragen zu. Das Fach Chemie sollte sich zukünftig in sehr viel stärkerem Umfang als eine Basiswissenschaft des Umweltschutzes verstehen und in Theorie wie in Praxis öko- und geochemische Fragestellungen einbeziehen. Auch im Fach Biologie müssen bodenbiologische Fragestellungen einen erhöhten Stellenwert erhalten, etwa im Zusammenhang mit Streuabbau, Stickstoffdynamik usw. Schließlich könnte auch die Physik zahlreiche Probleme bodenkundlicher Art, etwa auf dem Gebiet des Wassers im Boden, des Temperaturverhaltens usw., in ihre Lehrinhalte einbeziehen. Eine Verknüpfung dieser Lehrinhalte mit geowissenschaftlichen Grundkenntnissen ist zu fordern.

Die Ausbildung in Geographie muß neben der derzeit betonten sozialgeographischen Ausrichtung auch den naturgeographisch-geoökologischen Fragestellungen im Zusammenhang mit einem der Kernprobleme unserer Zeit, der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und damit auch unserer Böden, gerecht werden. Ganz allgemein wäre zu wünschen, daß Geographie in der Schule mit naturwissenschaftlichen Fächern verknüpft wird, um auf diese Weise die Einbeziehung bodenkundlicher und ökologischer Fragen zu fördern.

Auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung muß über das Kursangebot der Volkshochschulen und vieler anderer Weiterbildungseinrichtungen erreicht werden, daß bodenkundlich orientierte Themen nicht nur in Form von Vorträgen, sondern auch in Form von Exkursionen und anderen Freiland-Veranstaltungen einen erhöhten Stellenwert erhalten. Hier kann auch ein gesteigertes Angebot an bodenkundlich orientierten Kursthemen durch Mitglieder der DBG eine positive Rolle spielen.

Die Bereitstellung unterrichtsverwertbarer Materialien und die Weitergabe von Erfahrungen auf didaktischem Gebiet können einen wichtigen Beitrag zur stärkeren Verankerung der Bodenkunde in Schule und Weiterbildung darstellen. Dies kann sowohl durch Publikationen in einschlägigen Zeitschriften erreicht werden als auch in Form von bodenkundlichen Exkursionen, Fortbildungskursen, Wochenendsemiaren o.ä., die für alle von diesen Fragen betroffenen Personengruppen (Lehrer, Lehrplangesalter, Lehrerverbände, Volkshochschul- und Hochschulangehörige) veranstaltet werden. Bodenkundliche Gesichtspunkte sollten auch in Lehr- und Schulbüchern verstärkt aufgenommen werden.

Fazit:

Die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft will sich diesen Aufgaben wie auch der allgemeinen Verbreitung populärwissenschaftlichen bodenkundlichen Wissens zukünftig in verstärktem Maße stellen und gemeinsam mit anderen wissenschaftlichen Dachverbänden dazu beitragen, daß die in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen hinsichtlich der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen auch unsere Böden einschließen.