Am Montag, 5.10.15 wird im Yachthafen Monaise eine von Lehrern und Schülern der BBS Wittlich gefertigte 10 m lange und 1,70 m breite Rekonstruktion eines römerzeitlichen Flussschiffes (Prahm) zu Forschungszwecken an die Universität Trier übergeben. Vorbild ist ein hervorragend erhaltener Fund aus Bevaix am Lac de Neuchâtel. Dieser denkbar einfach konstruierte und ausschließlich auf Funktionstüchtigkeit ausgelegte Schiffstyp hat sich formal bis in die heutige Zeit erhalten und bildete lange Zeit das logistische Rückgrat des weltweit existierenden Binnenfrachtverkehrs.
Schwergutfrachter dieses Typs sind für die römische Zeit im archäologischen Befund in großer Zahl nachweisbar. Einige der am besten erhaltenen Wracks stammen von den Ufern des Rheins und geben wertvolle Hinweise auf die Konstruktionen der römischen Schiffbauer. Die Verwendung von Messtechnik lässt sich ebenso belegen wie der differierende schiffstypologische Aufbau, unterschiedliche Einsatzgebiete und Einflüsse mediterraner Schiffbautraditionen. Zudem lassen sich zwei Bauweisen unterscheiden, durch die ggf. technologische Transferlinien angedeutet werden können.
Im Gegensatz zur rheinischen Bauweise, bei der die seitliche Beplankung klinkerartig aufgebaut wurde, weist der Prahm von Bevaix Kraweelbauweise auf. Hier werden die Planken passgenau aufeinander gesetzt, ohne zu überlappen. Gerade diese Bauweise überrascht bei Frachtkähnen nicht, weil sie vermutlich die meiste Zeit im Wasser liegend bzw. fahrend verbrachten. Im Gegensatz zu Booten, die häufig auf dem Trockenen lagen und nur vereinzelt zum Einsatz kamen, bot sich die Klinkerbauweise an, weil sie über längere Zeit die Dichtigkeit des Schwimmkörpers garantiert.
Trotz der Fülle an archäologischen Überresten existieren nur wenige Abbildungen von Prahmen, deren Be- und Entladung oder deren Einsatz. Gleiches gilt für schriftliche Zeugnisse antiken Schwerlastverkehrs, obwohl es zahlreiche Beispiele für extreme Transportsituationen gibt, deren logistische und technologische Umsetzung ein tiefgreifendes Fachwissen erfordert haben muss (man denke nur an den Transport des Trierer „Domsteins“, einer Basaltsäule von rund 30t Gewicht, die ursprünglich aus dem Odenwald stammt). Dabei sind antike hydrologische Maßnahmen wie Kanalbauten, Stauwehre und Schleusen noch nicht einmal berücksichtigt. Die schiere Existenz diverser Baustrukturen aus römischer Zeit – hier können die Steintransporte für die Römerbrücke, immerhin rund 18,000t, als anschauliches Beispiel dienen – steht im krassen Gegensatz zu den Erkenntnislücken, denen sich die Geschichtswissenschaft in Ermangelung entsprechender Zeugnisse gegenüber sieht. Zwar kennt man die Dimensionen der größten Schwerlasttransporter aus den imperialen Grenzprovinzen am Rhein, doch die Produktivität der Schiffbauer, die militärischen oder zivilen Auftraggeber, das Ausmaß der beförderten Güter und Personen, die Transportstrecken und –rhytmen und vor allem die Transportgeschwindigkeiten sind bislang noch weitgehend unerforscht geblieben, obwohl bereits einige Prahmrekonstruktionen in Europa existieren.
Vor diesem Hintergrund eröffnet die fahrtüchtige Rekonstruktion (M 1:2) des Typs Bevaix/Neuchâtel die Möglichkeit, unter studentischer Mitwirkung und mit bewährten Messinstrumenten eine Versuchsreihe zu realisieren, die erstmalig reproduzierbare und valide Ergebnisse zu durchschnittlichen Reisegeschwindigkeiten unter Belastung liefert.
Der Prahm wird am Montag, 5.10.15, um 14.00 h, im Yachthafen Monaise (Schloß Monaise 9 + 10, 54294 Trier) vom Direktor der Berufsbildenden Schule Wittlich, Herrn Alfons Schmitz, an den Präsidenten der Universität Trier Prof. Dr. Michael Jäckel übergeben. Für die nächsten Jahre plant die Universität in enger Zusammenarbeit mit der Hochschule Trier die weitere Erforschung dieses außergewöhnlichen Lastschiffs der Römer.
Ein erster erfolgversprechender Pilotversuch wurde bereits vom Fach Alte Geschichte der Universität Trier und vom Fach Maschinenbau der Hochschule mit Unterstützung des Wasser- und Schifffahrtsamts Trier im Oberwasser der Schleuse durchgeführt. Das Projekt soll künftig im Rahmen der Wissenschaftsallianz Trier weiter entwickelt werden.