Patagonienforschung in Trier: Klimageschichte aus Tropfsteinen

Ein Forschungsprojekt aus Trier will helfen, vergangene Klimaveränderungen besser zu verstehen. Dafür analysiert Dr. Björn Klaes aus der Geologie Tropfsteine.
Zwei Jahre lang wird Björn Klaes dank Förderung durch die Klaus Tschira Stiftung gGmbH einzigartige Tropfsteine aus Südpatagonien untersuchen. Ziel dieser Forschung ist es, lückenlose Klimadaten von fünf Standorden entlang der südlichen Anden über die letzten rund zehntausend Jahre zu gewinnen. Das Verständnis des vergangenen Klimageschehens ohne menschlichen Einfluss ist eine wichtige Grundlage, um die möglicherweise drastischen Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels genauer vorherzusagen.
Tropfsteine (Speläotheme) sind besonders wertvoll, weil sie – ähnlich wie Eisbohrkerne – die Klimageschichte in einer sehr hohen zeitlichen Auflösung dokumentieren. Sie entstehen, wenn mit Kalzium und Karbonat angereichertes Wasser Kalkablagerungen, z.B. in Höhlen, bildet. Im Laufe der Jahre wachsen Stalagmiten und Stalaktiten abhängig von der Witterung und formen ein sogenanntes Klimaarchiv, dass sich Björn Klaes nun vornimmt.
Baumringe zählen für Fortgeschrittene
„Das darf man sich wie Baumringe zählen mittels (Isotopen-)Chemie vorstellen. Die gewonnenen Daten erlauben eine Rekonstruktion von Klimabedingungen über den Entstehungszeitraum der Tropfsteine und zeigen unter anderem, wann wie viel Niederschlag gefallen ist“, erläutert der Geowissenschaftler.
Derart hochauflösende Klimadaten von Speläothemen aus der Kernzone der südlichen Westwinde sind bislang nicht flächendeckend vorhanden. Dieses Windsystem spielt eine zentrale Rolle im südhemisphärischen und globalen Ozean-Atmosphäre-Zirkulationssystem. Die unzugängliche Region an der Südspitze Südamerikas eignet sich hervorragend, um Klimaveränderungen auf der Südhalbkugel über kurze und lange Zeiträume zu verstehen, da sie die einzige große Landmasse darstellt, auf die die südlichen Westwinde ungebremst auftreffen. Das sorgt an der Westseite der südlichen Anden für extreme Klimabedingungen. Die mittleren Jahresniederschläge, die dort fallen, übertreffen die in Deutschland um ein Vielfaches.
Tropfsteine bilden während ihres Wachstums feine Schichten, ähnlich wie Baumringe, an denen sich Klimaveränderungen ablesen lassen.
Solche Veränderungen lassen sich mit den Tropfsteindaten rekonstruieren. Sie werden daher einen Beitrag zum besseren Verständnis der Variabilität des Klimageschehens, vornehmlich auf der Südhalbkugel, leisten können.
Das Probenmaterial befindet sich bereits in Trier und wurde zum Großteil vom im Jahr 2019 verstorbenen Kollegen apl. Prof. Dr. Rolf Kilian genommen.
„Ich bin stolz darauf, seine Arbeiten in dieser Form weiterführen zu können“, so Klaes.
Die aufwendigen Analysen (vor allem Datierungen und Messungen von stabilen Isotopen und Spurenelementen) an mehreren Speläothemen werden in enger Zusammenarbeit mit Forschenden an den Universitäten Mainz und Innsbruck sowie dem Institut für Ostseeforschung Warnemünde durchgeführt. Drei Masterstudierende schreiben ihre Abschussarbeiten in diesem Projekt. Sie sind auch an den Messungen in den Laboren der Kooperationspartner beteiligt.
Das Vorhaben dient als Grundstein für zukünftige Forschungsprojekte, die auf den Einfluss von Klima- und Umweltveränderungen auf das fragile Fjord-Ökosystem auf der Westseite der Patagonischen Anden abzielen – eines der entlegensten und letzten nahezu unberührten Ökosysteme unseres Planeten.
INTERREG V A "Großregion": CO2REDRES


Das Fach Geologie, stellvertretend für die Universität Trier, ist einer der Projektpartner des EU-Projektes "CO2REDES" - Aufbereitung von Sekundärrohstoffen zur CO2-Reduktion im Baugewerbe.
Das Projekt wird die Machbarkeit der Herstellung von Mineralzusätzen mit hydraulischen/puzzolanischen Eigenschaften mittels thermischer Behandlung von Sekundärressourcen aus der Großregion nachweisen.
Projektlaufzeit: 15.07.2020 - 31.12.2022
Heutzutage zählt die Bauindustrie zu den größten CO2-Emittenten weltweit. Insbesondere bei der Klinkerherstellung im Rahmen der Zementproduktion werden durch das Brennen von Karbonatgesteinen (Kalkstein, Mergel, Dolomit u.a.) große Mengen CO2 freigesetzt. Sie verursachen ca. 8% des jährlichen globalen CO2-Ausstoßes.
Um CO2-Emissionen zu reduzieren, sollen bei der Zementproduktion alternative Materialien aus CO2-armen bergbaulichen/industriellen Abraum- und „Abfall“stoffen genutzt werden. Der konsequente Ersatz konventionell genutzter Ressourcen durch solche Materialien erlaubt, die hohen CO2-Emission der Bauindustrie mit „Ökozementen“ zukünftig deutlich zu reduzieren. In der Großregion fällt eine große Bandbreite bergbaulichen/industriellen Abraum- und „Abfall“stoffen an, die zurzeit ungenutzt sind, aber ein hohes Potenzial für die Anwendung bei der Zementproduktion aufweisen. Zu diesen Materialien zählen Kieswäscheschlämme, die nach dem Auswaschen des Feinmaterials beim Kies- und Sandabbau anfallen und in großen Mengen in Absetzbecken deponiert werden - daneben aber auch Stäube aus der Quarzitgewinnung und Rückstände des Kalk- und Dolomitabbaus.
Im Rahmen des Interreg-geförderten Projekts CO2REDRES ist das Fach Geologie der Universität Trier an der Herstellung von Ökozementen mit natürlichen Materialien aus der Großregion beteiligt.
In dem von der Universität Luxemburg geleitete Projekt, Aufgabe des Faches Geologie ist die Identifizierung und Charakterisierung diverser Abfallstoffe aus der Region und die Bestimmung derer Eigenschaften mit Hinblick auf ihre Eignung für eine alternative Zementherstellung.
Insgesamt konnten bislang elf vielversprechende Materialien identifiziert werden. Diese ausgewählten Abraum- und „Abfall“stoffe zeichnen sich durch eine Reihe von Gemeinsamkeiten aus, wie z.B. Feinkörnigkeit und ein hoher Anteil an spezifischen Tonmineralien, durch deren Reaktivität eine hohe Festigkeit des Zements erreicht werden kann.
Das federführend von der Universität Luxemburg geleitete Projekt startete im Juli 2020. Neben den Universitäten Trier und Luxemburg sind des Weiteren Universitäre Partner aus Lüttich und Lothringen an dem Projekt beteiligt.
Es finden zwei grundlegende Strategien für die Herstellung von Ökozement Anwendung: (1) Teilweiser Ersatz von konventionell genutztem Portlandzement durch Alternativmaterialien oder (2) ganzheitlicher Einsatz neuartiger Bindemittel, um Portlandzement komplett zu ersetzen.
Die erste Strategie wenden die Kooperationspartner der Universität Luxembourg an. Die Ergebnisse zeigen, dass beim 20%igen Ersatz des Portlandzements durch gebrannten Ton, der z.B. bei Kiesabbau in der Eifel anfällt, sogar höhere Festigkeiten erreicht werden können. Gleichzeitig reduzieren sich Energieaufwand und CO2-Emissionen.
Die zweite Strategie wird an der Universität Trier verfolgt. Mitarbeiter des Fachs Geologie forschen an sog. „Geopolymerpementen“ aus CO2-freien Alternativmaterialien. Die Zementzusammensetzung besteht überwiegend aus gebrannten Tonmineralen, die durch die Zugabe eine Lauge aktiviert werden.
Hierdurch wird das Fertigungsverfahren komplexer als im Fall von konventionellem Zement, da die chemische Zusammensetzung, die Konzentration und die Menge der Lauge einen hohen Einfluss auf die Eigenschaften des Zements hat.
Die ersten Projektergebnisse zeigen, dass die verschiedenen bergbaulichen Abraum- und „Abfall“stoffe aus der Großregion eine breite Anwendung im der Zementherstellung finden können. Somit besteht die Möglichkeit, dass durch die Aufbereitung dieser Materialien, die intensiven CO2-Emissionen konventioneller Primärrohstoffe reduziert werden kann. Darüber hinaus ist diese innovative und umweltfreundliche Alternative auch aus ökonomischer Sicht für Unternehmen in der Großregion von hohem Interesse.
Pressemitteilungen:
https://www.architekturblatt.de/oekozement-reduziert-co2-emissionen-und-produktionskosten/
https://www.industr.com/de/aus-abraum-und-abfallstoffen-zement-herstellen-2669407
https://www.hunderttausend.de/va/Pages/universitaet-trier-erforscht-oekozement.aspx

