Praktikumsbericht 1 Boone (USA)

Appalachian State University Boone, 4 Monate (WS 2004-2005)

Praktikumsbericht von Dorte Bielhenn

Beschreibung der Institution, bei der das Praktikum absolviert wurde (Aufbau, Lehrkräfte, Zielgruppe, Unterrichtssituation, Unterrichtmaterialien und -methoden etc.

Ich habe mein vier Monate langes Praktikum im Fachbereich Deutsch, an der Appalachian State University in Boone, North Carolina (USA) absolviert. Es gab dort vier Deutschlehrerinnen. Alexandra Hellenbrand, Beverly Moser, Julia Rechenbach und Nicole Allgaier.

Der Fachbereich bot zwei Anfängerkurse, zwei Fortgeschrittenenkurse, einen Konversationskurs, einen Grammatikkurs und einen Kurs für Geschäftsdeutsch an. Ich war sehr überrascht, dass in fast jedem Kurs circa zwanzig Studenten waren, da ich nicht dachte, dass Deutsch eine so interessante Sprache für amerikanische Studenten sei. Die Studenten waren zwischen 17 und 23 Jahren alt und strebten alle ihren Bachelor an.

Auch der Unterricht war etwas anders aufgebaut als es an deutschen Universitäten der Fall ist. Die Veranstaltungen fanden entweder drei Mal wöchentlich eine Stunde lang statt (Montag, Mittwoch, Freitag), oder zwei Mal wöchentlich eineinhalb Stunden lang (Dienstag, Donnerstag).

Daher hatten die Schüler jeweils nur drei Stunden in der Woche Deutschunterricht, was meiner Meinung nach nicht ausreichend war.

Auffällig war auch, dass sehr viele Tests geschrieben wurden. Es viel mir jedoch sehr schnell auf, dass die Amerikanischen Studenten sehr testorientiert lernten und die Tests daher unvermeintlich waren.

Positiv überrascht hat mich, dass alle Teilnehmer des Geschäftsdeutsch Kurses schon einmal in Deutschland gewesen waren, und es ist mir auch bekannt, dass zur Zeit einige Deutschstudenten der ASU einen Aufenthalt an deutschen Universitäten absolvieren.

In allen Kursen wurde das Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen gefördert. Es gab zu jeder Klasse ein Lehrwerk das verwendet wurde, doch es wurden auch Videos, Kassetten, Internetartikel und dergleichen verwendet.

Besonders gut fand ich, dass eine Reihe von deutschen Filmen in einem Campus-Kino gezeigt wurde. Die anwesenden Studenten bekamen für das Sehen der Filme extra Credits. Es wurden Good bye Lenin!, Marx und Coca Cola und Lola rennt  jeweils in Deutsch mit englischem Untertitel gezeigt.

Des Weiteren fand alle zwei Wochen ein Deutschstammtisch in einer Pizzeria des Ortes statt, bei dem nur Deutsch gesprochen werden durfte. Auch dieser musste mindestens zwei Mal während des Semesters besucht werden.

Eine weitere Veranstaltung war das Deutschwochenende bei dem jeder der Deutschstudenten eingeladen war für ein Wochenende in eine Hütte im Wald zu fahren, um dort mit anderen Studenten Deutsch zu sprechen und um sich außerhalb des Unterrichts besser kennen zu lernen. Auch die Austauschstudenten aus Deutschland kamen mit zu diesem Wochenende, was für die Studenten eine Bereicherung war.

Besonders Frau Moser hat sich sehr für die Realisierung solcher Projekte engagiert.

Beschreibung des Ablaufes des Praktikums (hospitierte und abgehaltene Unterrichtstunden, Stufen, Material etc.)

Meine Aufgaben während des Praktikums waren es, immer in Frau Mosers Grammatikunterricht zu hospitieren und bei der Kontrolle von Stillarbeiten mitzuhelfen. Des Weiteren hospitierte ich regelmäßig in den anderen Deutschkursen, besonders in Frau Allgaiers Anfängerunterricht.

Da ich auch Nachhilfe auf Anfrage gab, fand ich es sehr hilfreich im Unterricht der Nachhilfeschüler teilzunehmen, um zu wissen, was im Unterricht besprochen wurde. Darüber hinaus konnte ich so beobachten, in wie weit sich der Schüler durch meine Hilfe verbesserte, und woran noch gearbeitet werden musste.

Ich habe auch ein Mal den Kurs Geschäftsdeutsch und ein Mal den Grammatikkurs für Frau Moser übernommen.

Die Materialien für die Nachhilfestunden suchte ich mir selbständig Teils im Internet, oder ich entwarf eigene Übungsblätter. Dabei wurde mir bewusst, wie wichtig es ist den Schüler mit den Aufgaben weder zu über-, noch zu unterfordern.

Nach wenigen Wochen hatte ich vier Studenten, die sich regelmäßig ein- bis zweimal wöchentlich mit mir trafen, und einige weitere Schüler, die sich nur dann Hilfe erbaten, wenn Probleme auftraten oder ein Test geschrieben wurde.

Neben dem Unterricht nahm ich auch an jedem der Stammtische teil, fuhr mit auf das Deutschwochenende und nahm auch an einer Tagung für Deutschlehrer teil.

Über das Praktikum hinaus nahm ich noch an einem Methodenkurs für Fremdsprachenunterricht teil und hielt einige Kurzpräsentationen über die Deutschen Weihnachtsbräuche in amerikanischen Grundschulen.

Beurteilung des Praktikumsplatzes (Art und Umfang der Betreuung, Anforderungen an spätere Praktikanten/innen etc.)

Ich habe mich in Boone allgemein sehr wohl gefühlt. Das Städtchen ist sehr sicher und eher ruhig.

Das International Office der ASU war stets bemüht, allen Austauschstudenten bei jeglichen Problemen behilflich zu sein. Man konnte sich jeder Zeit an einen der dortigen Mitarbeiter wenden.

Im Gegensatz dazu wurde ich von den Deutschprofessoren kaum betreut. Es war mir bis auf den Grammatikkurs von Frau Moser freigestellt, wo und wie oft ich hospitieren wollte und auch der Nachhilfeunterricht wurde in keiner Form angeleitet. Wenn ich jedoch Fragen hatte, konnte ich mich an jede der Professorinnen wenden. Auch halfen sie mir einen Arzt zu finden und der gleichen, als ich gleich zu Anfang des Semesters krank wurde.

Durch die sehr frei gehaltene Praktikumsgestaltung war ich mir teilweise nicht sicher, ob ich den Erwartungen oder Ansprüchen, die an eine Praktikantin gestellt werden entsprach.

Schwerpunkt des Praktikums: Schilderung und Beurteilung der Erfahrungen

Es war für mich interessant zu sehen, wie man die Regeln der eigenen Sprache zwar anwenden, aber nur schwer erklären kann. Die Teilnahme am Grammatikunterricht war für mich daher besonders aufschluss- und hilfreich.

Die Studenten reagierten sehr positiv auf mich und es schien sie sehr zu interessieren, wie ich den Unterricht empfand oder welche Meinung ich im Bezug auf landeskundliche Elemente des Unterrichts hatte. Es kam auch vor, das sich Studenten mit Fragen an mich wandten, die sie den Lehrern nicht stellen wollten.

Durch das Praktikum habe ich für mich selbst herausgefunden, dass ich mir durchaus Vorstellen könnte Deutsch im Ausland zu unterrichten. Auch das die Vorbereitung eines guten Unterrichts mehr Zeit in Anspruch nimmt als ich vermutet hätte, und dass man an viele Details denken muss.

Was mich immer wieder freute, war wenn ich es schaffte einen der Deutschstudenten neu zu motivieren und bei der Lösung eines Problems helfen konnte.

Vermittlung fremdkultureller Eindrücke (Landessitten, Essen und Hygiene, finanzielle Tipps, Unterkunftsmöglichkeiten etc.)

Allgemein empfand ich die amerikanischen Studenten als sehr testorientierte Lerner, die besonders im Sprachunterricht oft wenig Arbeit zu Hause zu leisten schienen. Auch die kostenlose Nachhilfe wurde für mich überraschend wenig genutzt. Das Leben ist sehr auf den Campus konzentriert. Die Kantinen sind im Vergleich zu Deutschland viel teurer und das Essen allgemein fett und zuckerreicher. Es empfiehlt sich daher möglichst in einem Apartment mit Küche zu wohnen, so dass man selbst kochen kann.

Mir wurde vom International Office ein Zimmer in einem Apartment vermittelt, welches preiswerter als ein geteiltes Zimmer in einem Studentenwohnheim war, jedoch trotzdem direkt auf dem Campusgelände lag.

Boone hat glücklicherweise eine relativ gute Busverbindung während des Semesters, so dass man zum Supermarkt fahren kann. Zu Fuß ist dies aufgrund von fehlenden Verkehrsüberwegen oder Bürgersteigen eher schwierig.

Etwas irritierend war für mich die oft oberflächliche Freundlichkeit der Amerikaner, die dann nach wenigen Minuten abflaute.

Boone hat für eine College-Stadt sehr wenig Nachtleben, abgesehen von vielen privaten Studenten-Parties. Dafür gibt es ein breites Angebot an Outdoor Aktivitäten, die von der Universität organisiert werden, so zum Beispiel: Wanderungen, Rafting und Klettern.

Ich würde allen Praktikanten empfehlen mit den anderen Austauschstudenten einzutreffen und an den Einführungsveranstaltungen teilzunehmen, da man dort über alle Möglichkeiten auf dem Campus informiert wird, und gleichzeitig Anschluss an eine Gruppe bekommt. Die Austauschstudenten während meines Praktikums waren eine sehr internationale und unternehmungslustige Gruppe.

Des Weiteren müssten sich künftige Praktikanten genau informieren, ob sie über die Universität krankenversichert sind. Ich hatte mich in Deutschland versichert, und wäre, da ich für keine Kurse eingeschrieben war, auch nicht an der ASU krankenversichert gewesen.

Die ASU hat auch sehr preiswerte und gut situierte Unterkünfte in Washington DC und New York City, durch die eine Kurzreise dorthin erschwinglich wird.

Eine Möglichkeit etwas Geld zu verdienen, sind Kurzpräsentationen über sein Heimatland an amerikanischen Grundschulen zu halten, die von dem International Office organisiert und vermittelt werden.

Abschließend kann ich sagen, dass sich das viermonatige Praktikum für mich auf jeden Fall gelohnt hat. Ich habe herausgefunden, dass ich gerne Deutsch im Ausland unterrichten würde, und habe darüber hinaus viele positive Erfahrungen und Erinnerungen gesammelt und Freunde aus Ländern gewonnen, die ich sonst wohl nie kennen gelernt hätte.