1. Die Briefkommunikation der Kaiserin Augusta. Rollenerwartung, Selbstverständnis, Handlungsspielräume

Mit der im Rahmen des Projektes entstandenen Dissertation von Susanne Bauer »Die Briefkommunikation der Kaiserin Augusta (1811–1890)« abgeschlossen.

Briefe sind eine bedeutende Quelle für die Erforschung der politischen Kommunikation des 19. Jahrhunderts. Bisher standen jedoch hauptsächlich die Korrespondenzen „großer Männer“ im Fokus. Die deutsche Kaiserin Augusta (1811–1890) korrespondierte im Laufe ihres Lebens mit über 400 verschiedenen Personen. Neben Mitgliedern europäischer Fürstenhäuser stand sie mit Diplomaten, Ministern, Unternehmern, Wissenschaftlern und Intellektuellen in Kontakt. Um die Briefkommunikation Augustas zu erforschen, werden zunächst die Metadaten aller Briefe von und an die Kaiserin erfasst. Für ausgewählte Stichjahre erfolgt weiterhin eine inhaltliche Analyse, die den Fokus auf Intentionen und behandelte Themen legt. Das Projekt will untersuchen, über welche Zeiträume Augusta mit welchen Personen bzw. Personengruppen über welche Themen mit welchen Absichten korrespondierte. Hierdurch werden nicht nur ihre weibliche Sichtweise auf den Politikbetrieb, sondern auch mögliche Handlungsspielräume im Spannungsfeld von Diplomatie, Repräsentation und Tagespolitik beleuchtet. Durch die einzigartige, langjährige, weibliche, sowohl regierungsnahe als auch oppositionelle Perspektive Augustas generiert das Forschungsvorhaben darüber hinaus neue Impulse für die Erforschung politischer sowie sozialer Entwicklungen und Umbrüche des 19. Jahrhunderts. Das Projekt wird seit September 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.


2. Briefportal liberaler und demokratischer Politiker in den deutschen Staaten 1848-1888

Im 19. Jahrhundert war die Briefkommunikation ein bedeutendes Medium der Meinungsbildung und ‑äußerung. Sie bot im Gegensatz zu öffentlichen Medien – etwa Zeitungen – den Vorteil, kaum der Zensur ausgesetzt zu sein. So waren Briefe das freieste Medium des Informationsaustauschs, der Meinungs- und Theoriebildung sowie die Basis transnationaler, politischer und kultureller Netzwerke.

Briefe konnten zudem große Entfernungen überwinden und ermöglichten intensiven Austausch ohne physische Begegnung, was in den deutschen Staaten von großer Bedeutung war, fehlte doch ein politisches und geistiges Zentrum wie London oder Paris. So entstanden europaweite Korrespondenz-Netzwerke, in denen politische Ideen diskutiert und politische Aktivitäten geplant wurden. Der Austausch über Briefe ließ regelrechte virtuelle Salons entstehen.

In Kontrast zu dieser großen Bedeutung für die politische Agenda des 19. Jahrhunderts fristet die Briefforschung ein Schattendasein. Viel mehr interessante Briefe sind bereits ediert, als in der Forschung benutzt werden. Oftmals sind diese Briefe in regionalhistorischen Zeitschriften oder als Anhänge von Monografien erschienen, was ihre Auffindbarkeit sehr erschwert. Zudem werden historische Materialien, die nicht digital erschlossen sind, insbesondere von jüngeren Forscher:innen kaum noch benutzt, die die Mühe der Benutzung von Spezialbibliografien scheuen.

Deshalb entsteht eine Datenbank, die für edierte Briefe liberaler und demokratischer Politiker aus der nachrevolutionären Epoche der Nationalstaatsgründung die Namen der Schreiber und Empfänger, Ort und Datum erfasst, sie anhand der GND normiert und angibt, in welcher Edition diese Briefe zu finden sind.


3. Eine neue Perspektive auf die deutsche Nationalstaatsgründung: Das preußische Königspaar Wilhelm I. und Augusta zwischen Neuer Ära und Reichsgründung (1857-1871). Eine digitale Edition

Das preußische Königs- und deutsche Kaiserpaar Wilhelm I. (1797–1888) und Augusta (1811–1890) steht bis heute im Schatten des „Eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck. Sowohl seitens der Forschung als auch der Öffentlichkeit wurde und wird ihnen eine marginale historische Rolle zugeschrieben. Dass bis heute mit Blick auf die preußische und deutsche Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einer „Ära Bismarck“ oder gar einem „Bismarckreich“ gesprochen wird, ist in nicht unerheblichem Maße eine Konsequenz einseitiger Quellenarbeit. Während die „Gedanken und Erinnerungen“ neben mehreren Editionen der „Gesammelten Werke“ des ersten deutschen Reichskanzlers sowie anderen „Bismarckquellen“ griffbereit in allen Bibliotheken stehen, und zudem auch in nicht unerheblichem Maße online verfügbar sind, liegt ein vergleichbares Quellenkorpus für Wilhelm I. und Augusta nicht vor.

Das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Jahre 2023 bis 2027 geförderte Forschungsprojekt „Eine neue Perspektive auf die deutsche Nationalstaatsgründung: Das preußische Königspaar Wilhelm I. und Augusta zwischen Neuer Ära und Reichsgründung (1857–1871). Eine digitale Edition“ soll diese Problematik beheben. Unter der Projektleitung von Prof. Dr. Christian Jansen und begleitet von einem Gremium internationaler wissenschaftlicher Beraterinnen und Berater wird die umfangreiche archivalische Korrespondenz des Monarchenpaares erstmals wissenschaftlich ediert. Insgesamt sollen die etwa 2.500 Briefe, die sich Wilhelm I. und Augusta zwischen dem Beginn der sogenannten Neuen Ära in Preußen 1857 und der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 schrieben, vollständig transkribiert, wissenschaftlich kommentiert und auf einer Online-Plattform zusammen mit den digitalisierten Originalarchivalien der Forschung und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die zeitintensive Transkription der handschriftlichen Briefe wird dabei durch das KI-gestützte Programm Transkribus unterstützt...