Urteil der Woche (KW 04)

Das heutige Urteil der Woche kommt ausnahmsweise vom BVerfG! Das BVerfG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht vorgesehen ist.

Kläger im vorliegenden Fall ist eine gewerblich tätige GmbH & Co. KG, die zwei bebaute Grundstücke aus ihrem Gesamthandsvermögen an eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft veräußerte. Der Kaufpreis der beiden Grundstücke entsprach dem bilanziellen Buchwert. Die Klägerin behandelte den Veräußerungsvorgang erfolgsneutral. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass die Veräußerung zu einer vollständigen Aufdeckung der in den Grundstücken enthaltenen stillen Reserven geführt habe und berücksichtigte einen entsprechenden Gewinn. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der Fassung des UntStFG insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, als danach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sei.

Das BVerfG kam zu dem Schluss, dass § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der Fassung des UntStFG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Der Transfer eines Einzelwirtschaftsguts zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften könne nicht unter das Tatbestandsmerkmal der „Überführung“ zwischen zwei Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen im Sinne des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG subsumiert werden. § 6 Abs. 5 S. 3 EStG könne ebenfalls nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Transfer von Einzelwirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften von der Erstreckung der Buchwertübertragung auf weitere Fallgruppen erfasst sei. Der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm spreche gegen eine solche Auslegung. Eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG scheide ebenfalls aus: es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke, da die Frage der Buchwertübertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften im Gesetzgebungsverfahren mehrmals diskutiert worden, eine gesetzliche Regelung jedoch nicht zustande gekommen sei. Ein Wirtschaftsguttransfer zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften habe damit die Aufdeckung stiller Reserven zur Folge, obwohl es sich dabei ebenfalls um einen Wirtschaftsguttransfer im Kreis der Mitunternehmerschaft handele. Diese Benachteiligung der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, da keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung ersichtlich seien.

Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, rückwirkend für Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten bleibt § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit der Maßgabe anwendbar, dass die Regelung auch für den Transfer von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften gilt.

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