Urteil der Woche (KW 12)

Im heutigen Urteil der Woche widmen wir uns einem Urteil des BFH (v. 18.10.2023 – X R 7/20), in dem sich der Senat mit der Frage beschäftigen musste, ob Prozesskosten zur Erlangung eines nachehelichen Unterhalts als Werbungskosten abziehbar sind.

 

Klägerin ist eine Steuerpflichtige, die sich 2014 von ihrem Ehepartner scheiden ließ. Ihr früherer Ehemann wurde verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 582,50€ monatlich zu zahlen. Das von der Klägerin geführte Beschwerdeverfahren wurde im März 2015 vor dem OLG durch einen Vergleich beendet, in welchem sich der frühere Ehemann zur Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts von 900€ monatlich verpflichtete. Die Verfahrenskosten wurden in beiden Verfahren jeweils gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin entrichtete Gerichts- und Anwaltskosten im Jahre 2015. Im Einkommensteuerbescheid 2015 erfasste das Finanzamt die von der Klägerin erklärten Einnahmen aus Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1a EStG). Zusätzlich machte die Klägerin die getragenen Anwalts- und Gerichtskosten i.H.v. 7082€ als außergewöhnliche Belastungen geltend. Letztere ließ das Finanzamt unberücksichtigt. Der anschließenden Klage auf steuerliche Berücksichtigung der auf den nachehelichen Unterhalt entfallenden anteiligen Prozesskosten i.H.v. 4983€ gab das FG statt. Die Aufwendungen seien als (vorweggenommene) Werbungskosten im Rahmen der sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 1a EStG) zu erfassen.

Die Revision des Finanzamts sah der BFH als begründet an. Voraussetzung für die Berücksichtigung vorweggenommener Werbungskosten sei, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart bestehe. Prozesskosten hinsichtlich eines nachehelichen Unterhalts seien grundsätzlich nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Unterhaltseinkünften i.S.d. § 22 Nr. 1a EStG abziehbar. Unterhaltszahlungen - und damit auch die zu ihrer Erlangung aufgewendeten Prozesskosten - seien dem Privatbereich zuzuordnen. Erst der Antrag überführe die Unterhaltsleistungen in den steuerrechtlich relevanten Bereich und bestimme die zeitliche Grenze für das Vorliegen abzugsfähiger Erwerbsaufwendungen. Vor diesem Antrag verursachte Aufwendungen des Unterhaltsempfängers können keine Werbungskosten begründen, da sie zu diesem Zeitpunkt noch zu keiner Einkünfteebene in einem objektiven Veranlassungszusammenhang stehen.

 

https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410025/