Grenzräume früher Kindheit

Grenzüberschreitende Prozesse der Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung in der Großregion


Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung, die die hiesige Großregion im Leben von Familien mit jungen Kindern einnimmt, widmet sich dieser Forschungsschwerpunkt grenzüberschreitenden Prozessen im Feld der Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE).

Immer mehr junge Kinder wachsen in der Großregion in Familien auf, in denen mindestens ein, häufig beide Elternteile zur Arbeit in eines der Nachbarländer pendeln. Auch steigt die Anzahl der jungen Familien, die sich für das Wohnen im Nachbarland entscheiden. Entsprechend stellen sich Kommunen, Kitas und Tagespflegepersonen im Grenzgebiet im zunehmenden Maße auf die Bedürfnisse dieser mobilen Familien und Grenzgänger-Eltern ein. Darüber hinaus pendelt auch eine steigende Anzahl junger Kinder täglich mit ihren Eltern ins Nachbarland, um dort eine Tagespflege, Kita oder Vorschule zu besuchen.

Die zunehmende Alltags- und Wohnmobilität junger Familien in der Großregion schlägt sich in veränderten Betreuungsbedarfen und Bildungsambitionen von Eltern nieder, die durch grenzüberschreitende Bildungs- und Betreuungspolitiken zusätzlich angeregt werden. Einzelne Kommunen organisieren die Kindertagesbetreuung beispielsweise bereits gemeinsam mit den Nachbargemeinden jenseits der Grenze und der luxemburgische Staat gibt seit 2016 die in Luxemburg gültigen Betreuungsgutscheine zur kostengünstigen frühen Bildung, Betreuung und Erziehung auch an die ca. 20.000 Grenzgänger mit Kindern unter 6 Jahre ab. Im Jahr 2018 nutzten bereits 1637 Kinder von Grenzgängern diese Betreuungsgutscheine und besuchten entsprechende Einrichtungen im Nachbarland Luxemburg.

Zu beobachten ist insofern eine zunehmende Transnationalisierung der (groß-)regionalen FBBE, die sich sowohl auf der Ebene familialer Bildungs- und Betreuungsarrangements, organisationaler Veränderungsprozesse, sowie kommunaler und transnationaler Betreuungspolitiken bemerkbar macht. Untersucht sind diese grenzüberschreitenden Verflechtungszusammenhänge zwischen Familie(n), Staat(en), Märkte(n) und FBBE-Organisationen indes für die hiesige Großregion, aber auch für andere europäische Grenzregionen noch kaum.

Das heißt, es ist kaum etwas darüber bekannt, wie viele Kinder konkret täglich grenzpendeln, um Bildungs- und Betreuungseinrichtungen im Nachbarland zu besuchen, welche Familien sich aus welchen Gründen dafür entscheiden (oder dagegen), welche Einrichtungen sich wie auf Grenzgänger-Eltern oder grenzpendelnde Kinder einstellen, welche neuartigen Formen von Bildungs- und Betreuungsarrangements sich darüber ausbilden und wie dies die Bildungs- und Betreuungsrealitäten von Kindern in der Großregion und den pädagogischen Alltag in den betreffenden Einrichtungen verändert. Diese Fragen sind jedoch hochgradig relevant um zu erkennen, welche neuen Grenzräume früher Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) sich in den europäischen Grenzregionen ausbilden, wie diese das Feld der FBBE jeweils verändern, welche Bildungsbiographien und neuen Bildungsungleichheiten mit diesen grenzüberschreitenden FBBE-Räumen verknüpft sind und wie in fachlicher Perspektive darauf reagiert werden sollte.

Der Forschungsschwerpunkt „Grenzräume früher Kindheit“ an der Abteilung Sozialpädagogik II der Universität Trier widmet sich diesen Fragen aus der Perspektive der wohlfahrtsanalytischen Kindheitsforschung sowie der border studies/Grenzraumforschung.

Zurzeit wird der angestrebte drittmittelbasierte Forschungs- und Transferschwerpunkts zur grenzüberschreitenden frühen Bildung, Betreuung und Erziehung in der Großregion über kleinere Pilotprojekte aufgebaut. Seit Mitte 2019 führen wir qualitative Interviews mit Kita-Leitungen, Tagespflegepersonen, Vertretern der Kommune sowie mit Eltern, um in einem ersten Schritt unterschiedliche Ebenen und Bedingungsgefüge grenzüberschreitender FBBE zu identifizieren. Die Ergebnisse dienen zur weiteren Antragstellung. Die Pilotprojekte werden zudem in die Lehre des Masterstudiengangs Erziehungswissenschaft: Organisation des Sozialen integriert, bspw. über das Lehrforschungsprojekt „Caring across the border“ im Wintersemester 2019/2020.

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Förderung: Gleichstellungsbeauftragte der Universität Trier und Gleichstellungsbeauftrage des Fachbereichs I (03/2019 – 11/2019), Forschungsfonds der Universität Trier (04/2020 – 12/2020).

Projektmitarbeiterinnen: Selina Behnke (B.A.), Jonas Jutz (B.A.). Anne Mootz (B.A.)

Elya Craig (Forschungspraktikantin)

Kontakt:Prof.‘in Dr. Sabine Bollig