69. Bitburger Gespräche: Öffentliche Sicherheit als Leitprinzip des internationalen Wirtschaftsrechts ‒ Überforderung oder angemessene Indienstnahme der Wirtschaft zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben?
Zum Thema der Tagung
Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Christoph Herrmann, LL.M.,
Universität Passau
Das internationale Wirtschaftssystem befindet sich in einem fundamentalen Umbruch. Die Globalisierung aller Wirtschaftsbeziehungen und der Freihandel, getrieben von einem bloßen Kosten- und Effizienzparadigma, scheinen „fertig zu haben“ (Felbermayr/Braml), das deutsche Wirtschaftsmodell als „Exportweltmeister“ (Hesse) scheint „kaputt“ (Münchau). Seit einigen Jahren werden Wirtschaftsbeziehungen immer mehr unter dem Aspekt der Resilienz, der Vermeidung strategischer Abhängigkeiten, des Zugangs zu kritischen Ressourcen und des Friendshorings betrachtet (Geoökonomie). China als die aufstrebende (Wirtschafts-)Macht in der Welt stellt einen strategischen Rivalen dar, die USA unter der Regierung Trump 2.0 schotten sich immer stärker mit Zöllen von der Weltwirtschaft ab. Immer zahlreicher kommt es vor diesem Hintergrund zu staatlichen Eingriffen in die grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen, die mit einer Gefährdung der öffentlichen oder nationalen Sicherheit gerechtfertigt werden. Die Fälle des Hamburger Hafenterminals „Tollerort“, die immer strikter werdenden Exportkontrollvorschriften und nicht zuletzt die Sanktionen gegen Russland liefern hier sichtbare Beispiele. Ganz allgemein wird von einer „Weaponisation of Everything“ oder dem „Neuen Wirtschaftskrieg“ gesprochen.
Wenn aber Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit geht, welche Rolle kommt Unternehmen dann noch zu? Wie weit dürfen wirtschaftliche grenzüberschreitende Handels- und Investitionsbeziehungen zu Zwecken der Sicherheit beschränkt werden? Diesen Fragen wollen die 69. Bitburger Gespräche nachgehen und aufzeigen, was den internationalen Handel wirklich prägt, wie Unternehmen darauf reagieren und welche Beschränkungen und Veränderungen im internationalen Handels-, Investitions- und Beihilfenrecht mittlerweile schon bestehen.
Programm
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Christoph Herrmann, LL.M., Universität Passau
1. Tag: Donnerstag, 15. Januar 2026
| 12.00 | Imbiss |
| 13.00 | Begrüßung Prof. Dr. Christian Winterhoff, Vorsitzender des Vorstands der gfr |
Einführung in das Thema Prof. Dr. Christoph Herrmann, LL.M. | |
| Ökonomische Grundlegung | |
| 13.40 | Die Entwicklung der internationalen Wirtschaft zwischen Verflechtung, Entflechtung, Abhängigkeit und Autonomiebestreben Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D., Wirtschaftsuniversität Wien, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung |
| Disskussion | |
| 15.30 | Pause |
| Rechtliche Grundlegung | |
| 16.00 | Überblick über die Entwicklung der wesentlichen Instrumente des internationalen Wirtschaftsrechts/Sicherheit als Leitprinzip Prof. Dr. Christian Tietje, LL.M. (Michigan), Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg |
| Diskussion | |
| Unternehmenspraktische Perspektive | |
| 17.30 | Kriegswirtschaft 2.0? Spannungslagen zwischen privater Wirtschaft und öffentlicher Sicherheit Prof. Dr. Stephan Wernicke, Bereichsleiter Recht, Deutsche Industrie- und Handelskammer |
| Diskussion | |
| 19.00 | Sektempfang, anschließend Abendessen im Tagungshotel und Dinner-Speech Building European Economic Sovereignty through the rule of law: the contribution of the euro Prof. Dr. Chiara Zilioli, LL.M. (Harvard), Generaldirektorin der Rechtsabteilung der Europäischen Zentralbank |
2. Tag: Freitag, 16. Januar 2026
| Relevante Teilrechtsgebiete | |
| 9.00 | Neue deutsche (Sicherheits-) Interessen? - Zur geoökonomischen Hegemonie als legitimer Zweck im Recht der Investitionskontrolle Prof. Dr. Till Patrik Holterhus, MLE., LL.M. (Yale), Leuphana Universität Lüneburg, Direktor des Center for European and International Law |
| 9.40 | Wesentliche Sicherheitsinteressen im deutschen Außenhandelsrecht – eine Standortbestimmung in Zeiten der inflationären Rechtfertigung protektionistischer Maßnahmen aus Gründen der nationalen Sicherheit Dr. Bärbel Sachs, LL.M., Rechtsanwältin und Partnerin bei Noerr |
| 10.20 | Beihilfenkontrolle in Zeiten geopolitischer Umwälzungen Dr. Ulrich Soltész, LL.M., Rechtsanwalt und Partner bei Gleiss Lutz |
| 11.00 | Pause |
| 11.30 | Diskussion Moderation: Heike Göbel, Verantwortliche Redakteurin für Wirtschaftspolitik, Frankfurter Allgemeine Zeitung |
| 13.00 | Abschließende Zusammenfassung durch den wissenschaftlichen Leiter Prof. Dr. Christoph Herrmann, LL.M. |
| 13.15 | Ende der Veranstaltung und Imbiss |
