Clemens Schmidt im Radiointerview mit dem SWR 2 (Rainer Volk)

Forschungsprojekt: Digitale Märkte aus wirtschaftssoziologischer Perspektive. Die Soziale Strukturierung des Marktes für Algorithmen-Journalismus.

Ziel/Fragestellung:

Im Zuge der Digitalisierung werden immer mehr Aufgaben, die zuvor von Menschen erledigt wurden, von Algorithmen ausgeführt. Auch der wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutsame Journalismus-Markt ist hiervon betroffen. Große Datensätze (Big Data), neue Software und insbesondere Künstliche Intelligenz, wie im Falle von ChatGPT, ermöglichen die automatisierte Erstellung von Zeitungsartikeln. Ein viel beachteter Text erschien bereits 2014 in der Los Angeles Times in Form einer Erdbeben-Meldung. Seither wird solche Software zwar für Börsennachrichten und Sportmeldungen eingesetzt, weniger jedoch in Bereichen Kultur, Politik oder Wissenschaft.

Im Forschungsprojekt möchten wir diese Marktkonstitution mit Verweis auf Richtigkeits-Vorstellungen erklären.  Dem liegt die These zugrunde, dass Richtigkeits-Vorstellungen der Akteure die Etablierung und Nutzung von Algorithmen-Journalismus befördern und auch die Marktstruktur prägen. Es wird davon ausgegangen, dass Akteure in bestimmten journalistischen Bereichen Algorithmen aufgrund der zugeschriebenen Objektivität und des Informationsgehalts schätzen, in anderen jedoch die Urteile von menschlichen Journalisten bevorzugen.

In dem Projekt sollen für den deutschen Markt die Richtigkeits-Vorstellungen, welche bei der Nutzung bzw. Nicht-Nutzung von Algorithmen-Journalismus auftreten, und deren Einfluss auf die Marktkoordination untersucht werden. Zur empirischen Ermittlung der relevanten Richtigkeits-Vorstellungen und Marktformen werden Experteninterviews mit Anbietern (spezialisierte IT-Unternehmen) und Nachfragern (Zeitungen) sowie eine Befragung mit einem Choice-Experiment unter Rezipientinnen und Rezipienten durchgeführt. Somit wird an die wirtschaftssoziologische Forschung zur sozialen Konstitution und Strukturierung von Märkten angeknüpft und eine theoretische Weiterentwicklung zentraler Konzepte geleistet. Das Projekt versteht sich als ein Beitrag zur konstruktiven Weiterführung der aktuellen theoretischen Entwicklungen in der Wirtschaftssoziologie.

Projektgeber: 

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Dauer: 

01.04.2022 – 31.03.2025

Ansprechpartnerin:

Leonie Mader