Projektpräsentationen


Eileen Bergmann

Dissertationsschrift (in Bearbeitung)

Der venezianische Consiglio dei Dieci. Aufgaben - Strukturen - Verfahren (1405-1435)

Auch wenn der Mythos-Venedig eine besondere Stabilität der Republik postuliert, stand Venedig in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor einer Vielzahl von politischen, ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die es zu bewältigen galt. Eine besondere Rolle nahm dabei der 1310 gegründete Consiglio dei Dieci ein, der ein entscheidender Bestandteil des politischen Kompetenz- und Kontrollsystems in Venedig war und sich in erster Linie mit Angelegenheiten der Staatssicherheit und damit einhergehend mit der Gefahrenabwehr befasste. Neben krisenhaften Ereignissen rund um die Handelssperren (1412-13, 1418-1433), die der ungarische und römisch-deutsche König Sigismund (*1368 / †1437) gegen die Serenissima verhing, werden im Rahmen des Dissertationsvorhabens weitere Problemkomplexe, auf die der Rat der Zehn reagieren musste, zu eruieren sein. Untersucht wird somit nicht nur, auf welche disruptiven Ereignisse die Mitglieder des Rats der Zehn reagierten, sondern auch welche Strategien und Mechanismen sie zur Krisenbewältigung entwickelten, um die Stadt vor krisenhaften Ereignissen widerstandsfähiger zu machen.


Eric Burkart

DFG-Projekt

Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts (DFG - Projektnummer 465466524, Laufzeit 06/2022-06/2025)

Homepage: fightbooks.uni-trier.de

Kämpfen stellt in den überlieferten Zeugnissen des Mittelalters eine der wichtigsten zwischenmenschlichen Interaktionsformen dar. Das gilt einerseits für die konkrete Praxis der gewalttätigen Auseinandersetzung in Krieg, Fehde oder Zweikampf, auf die heute aufgrund ihrer Flüchtigkeit lediglich Spuren wie archäologische Knochenbefunde oder im Kampf verwendete Artefakte verweisen können. Andererseits zählt das Kämpfen auch zu den am stärksten symbolisch aufgeladenen Handlungen menschlicher Kultur, sodass Darstellungen kämpferischer Handlungen in religiösen, historiographischen und literarischen Texten sowie als Motiv der bildenden Kunst eine zentrale Stellung einnehmen. Neben gewalttätigem Kämpfen im engeren Sinne sind aber auch Praktiken des reglementierten Wettkampfes und des nicht ernsten Kämpfens dokumentiert, die als Teil einer Übungs-, Freizeit- und Körperkultur eine wichtige soziale Rolle spielten.

Vor diesem Hintergrund entstanden im späten Mittelalter mit den Fecht- oder Kampfbüchern komplexe Fachschriften, welche das Beschreiben und Darstellen des Kämpfens mit der Praxis der physischen Auseinandersetzung verbanden: Anfang des 14. Jahrhunderts begannen Fechtmeister, ihr spezifisches Körperwissen und ihre didaktischen Praxislehren zu Ringkampf und Waffengebrauch in zumeist umfangreich bebilderten Handschriften aufzuzeichnen. Diese seit dem frühen 16. Jahrhundert auch im Druck verbreiteten Abhandlungen zum Kämpfen als (Handwerks-)Kunst stellen die ersten systematischen Aufzeichnungen zu mittelalterlichen Körpertechniken überhaupt dar. Sie setzten Maßstäbe auf dem Gebiet der Bewegungsnotation und prägten grundlegend den Aufbau unserer heutigen Ratgeberliteratur zu verschiedensten Sportarten. Bislang wurden die Kampfbücher jedoch noch nie umfassend aus einer kulturgeschichtlichen Perspektive untersucht.

Das Projekt nähert sich dem Korpus der handschriftlichen und gedruckten Kampfbücher des 14.–16. Jahrhunderts in Verbindung mit komplementären Zeugnissen auf einer

(1) diskurs- und mediengeschichtlichen,

(2) praxeographischen und

(3) kulturtheoretischen Ebene.

Entscheidend ist dabei, die Texte als Teil eines Ausbildungszusammenhangs zu analysieren, in dem das Kämpfen als subjektiv erlebte Praxis zum Gegenstand eines von Fechtmeistern dominierten Expertendiskurses wurde. Zentral hierfür war eine Professionalisierung im Verlauf des späten Mittelalters und die Gründung von zunftähnlichen Fechtbruderschaften auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches. Die Popularität von öffentlichem Unterricht und Fechtwettkämpfen zeugt zugleich von der Breitenwirksamkeit dieser Phänomene, die in erster Linie in einem städtischen Umfeld angesiedelt waren. Das Erkenntnisziel des Projekts besteht in der kulturgeschichtlichen Untersuchung der komplexen Beziehung zwischen handgreiflichen Praktiken des Kämpfens und ihrer Diskursivierung, Didaktisierung und Medialisierung unter Einbeziehung der Stadt als Produktionsraum kämpferischen Fachwissens.


Aline Fries

Dissertationsschrift (in Bearbeitung)

Krieg im politischen Denken Burgunds des 15. Jahrhunderts

Krieg ist eine Konstante innerhalb der Menschheitsgeschichte. Durch die Epochen hindurch führte und führt der Mensch unter anderem aufgrund von Nahrung, Ruhm, Ehre, Macht, Religion oder Ländereien Krieg gegen seinesgleichen. Dies gilt auch für die Herrschaftszeit der vier Valois-Herzöge im Burgund des Spätmittelalters, die von inneren wie äußeren Kriegen mitbestimmt wurde.

In der Dissertationsschrift soll die Reflexion über Krieg am burgundischen Hof zur Zeit des dritten und vierten Valois-Herzogs, Philipps des Guten bzw. Karls des Kühnen im Fokus stehen. Schwerpunkt sind einerseits der Hundertjährige Krieg, die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Armagnacs und Bourguignons sowie die Kämpfe innerhalb Flanderns, andererseits aber auch die Kreuzzugsunternehmungen Philipps des Guten und die Burgunderkriege unter Karl dem Kühnen. Es soll herausgearbeitet werden, wie Krieg und Kriegsfolgen beschrieben, wie Krieg legitimiert und bewertet, wie über mögliche Verbündete und Feinde nachgedacht und inwiefern die Kriegsfinanzierung reflektiert wurde. Dabei soll zudem der Frage nachgegangen werden, ob und inwiefern sich das Nachdenken über den Krieg unter den beiden Herzögen verändert hat und in einem Ausblick, welche Aspekte des Krieges am burgundischen Hof im Vergleich zum Französischen, Englischen und Italienischen Hof besonders hervorgehoben werden.

Als Quellengrundlage dienen u.a. Fürstenspiegel, Ratgeberliteratur, Briefe, Chroniken darunter u.a. auch die Schriften Hugues de Lannoys, einem der bedeutendsten Berater Philipps des Guten.


Ingo Keuser

Dissertationsschrift (in Bearbeitung)

Nikolaus von Kues (1401-1464) und der Codex Cusanus 221 (Cusanus-Chartular): Informationsgewinnung, -verarbeitung und -deutung als Grundlage einer rechtlichen Position.

Bei Codex Cusanus 221 handelt es sich um eine der Hauptquellen zur Auseinandersetzung zwischen Nikolaus von Kues und Sigismund, Herzog von Österreich-Tirol, die 1462/63 von Simon von Wehlen im Zuge der Ausgleichsverhandlungen mit Venedig zusammengestellt wurde. Hierin finden sich auf 550 Seiten mehr als 420 lateinische und deutsche Dokumente, die Cusanus zu seiner Verteidigung sammeln und abschreiben ließ. Die bisher nur unzureichend untersuchte Handschrift bietet verschiedene Zugänge zur Forschung. Neben einer erstmaligen ausführlichen Beschreibung des Manuskripts ist eine inhaltliche Untersuchung des Codex vorgesehen, der aus Sicht des Nikolaus von Kues eine der bedeutendsten Quellensammlungen zu diesem Konflikt darstellt.

Im Mittelpunkt der inhaltlichen Untersuchung steht die z.T. mehrgleisige Verteidigungsstrategie des Cusanus. So finden sich im Codex sowohl Dokumente mit den venezianischen Unterhändlern, in denen er sich um eine friedliche Lösung des Konflikts bemühte, als auch die Korrespondenz mit den Schweizer Eidgenossen, in der er diese von einem militärischen Vorgehen gegen Sigismund zu überzeugen versuchte.


Jan Schmitt

Dissertationsschrift (abgeschlossen 2022)

Erzbischof Kuno II. von Falkenstein (1362-1388) und die machtpolitische Instrumentalisierung der Kurwürde


Elke Välilä

Dissertationsschrift (in Bearbeitung)

Raymond Klibanksy (1905-2005) und die deutsche Cusanus-Forschung im 20. Jahrhundert

Beeindruckend viele Akademiker studierten das Werk, die Philosophie und das Leben von Nikolaus von Kues (1401-1464), aka Cusanus. Theologen, Philosophen, Mathematiker, Politikwissenschafter und Kulturforscher zogen jeweils eigene, nicht immer kongruente Schlussfolgerungen. Der international renommierte Philosophiehistoriker Raymond Klibansky (1905-2005) sticht durch seine jüdische Herkunft, seine Zugehörigkeit zum Forscherkreis um Aby Warburg und Ernst Cassirer und die Umstände seiner Flucht vor nationalsozialistischer Verfolgung unter den Cusanus-Experten des 20. Jahrhunderts heraus. Von England bzw. Kanada aus setzte er seine Cusanus-Forschungen und insbesondere seine Editionsprojekte fort, teils in Konkurrenz, teils in wiederversuchter Annäherung an das Editionsprojekt der Heidelberger Akademie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Eng an der Biografie Klibanskys bleibend möchte ich die Erfolge aber auch die Problematik der deutschen Cusanus-Rezeption im 20. Jahrhundert beschreiben.


Noah Weissmüller

Dissertationsschrift (in Bearbeitung)

Die ideale Bibliothek in Frankreich um 1400

In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich die höfischen Bibliotheken der Valois-Könige und -Herzöge im Zeitraum 1380 bis 1422. Zu dieser Zeit war Frankreich von politischen, ökonomischen und sozialen Verwerfungen geprägt, zugleich aber auch mit einer kulturellen Blütezeit gesegnet. Diese Blüte zeigt sich nicht zuletzt in der Anlage der gerühmten Louvre-Bibliothek durch König Karl V. (reg. 1364–1380), der sich durch seine Patronage von Gelehrten den Beinamen „der Weise” verdiente. Nach seinem frühen Tod teilten sich seine Brüder, die Herzöge von Anjou, Berry und Burgund die Regentschaft für den noch minderjährigen Karl VI. (reg. 1380–1422). Während der krankheitsbedingten Regierungsunfähigkeit Karls VI. kamen als zentrale politische Akteure sein jüngerer Bruder Ludwig von Orléans, sein ältester Sohn Ludwig von Guyenne sowie der burgundische Erbe Johann Ohnefurcht hinzu. Vor der Eskalation ihrer Rivalitäten im Bürgerkrieg gingen diese königlichen Herzöge auch einen kulturellen Wettbewerb ein: Nach dem Vorbild des weisen Königs Karl V. legten sie eigene Hofbibliotheken an. Das wurde in der traditionellen Forschung gerne als Bibliophilie der Valois-Prinzen charakterisiert. Meine Arbeit hingegen möchte dieses Narrativ kritisch ergänzen: Die Hofbibliotheken nicht (nur) Ausdruck von verschwenderischer Schöngeisterei, sondern auch Mittel der Repräsentation, Legitimation und Traditionsbildung in einer Zeit besonderer politischer Unruhen.

Meine Arbeit geht dabei in drei Schritten vor: 1) Ein systematischer Vergleich der königlichen und herzöglichen Bibliotheksbestände anhand verschiedener Quellentypen verdeutlicht die Kanonbildung, insbesondere in Hinblick auf politische Traktate, die unter Karl V. ins Französische übertragen und damit erstmals einer höfischen Öffentlichkeit zugänglich wurden. 2) Die Bibliotheken sollen auch in ihren konkreteren Kontext eingebettet werden, namentlich sollen die Finanzierung, die räumliche Verortung und der Verwendungskontext herausgearbeitet werden. Ergebnis ist das Bild einer idealen Bibliothek um 1400, die von Karl V. inspiriert wurde und sich in den konkreten Hofbibliotheken der um die politische Macht ringenden Herzöge verwirklichte. 3) Der Vergleich der Miniaturen der überlieferten Prachthandschriften gibt Hinweise auf die inhaltliche Rezeption der Werke durch die Herzöge. Er dient zugleich einem ersten Schritt auf das Feld der Politischen Ikonographie der Buchmalerei um 1400, die bisher noch kaum erforscht worden ist.