Dr. Eric Burkart

Forschungsinteressen

  • Thematisch:
    • Praktiken des Kämpfens in der Vormoderne
    • Mittelalterliche Stadtgeschichte
    • Frankreich, Burgund und das Reich im Spätmittelalter
    • Kreuzzugsdiskurse im 14. und 15. Jahrhundert
    • Geschichte der Jagd im Mittelalter
    • Frühmittelalterliche Landwirtschaft
  • Methodisch/Theoretisch:
    • Körper- und Wissensgeschichte, Körpertechniken, praktisches Wissen und materielle Kultur
    • Kulturgeschichte des Politischen
    • Kodikologie und Digital Humanities
    • Performative Methoden in der Geschichtswissenschaft, Videografie und embodied knowledge
    • Mediävalismus, Public History, Citizen Science
    • Rekonstruktive Sozialforschung
    • Epistemologie und Methodologie der Geschichtswissenschaft

 

Forschungsprojekte

Embodied Interpretathon – Crowdbasierte Interpretation von mittelalterlichen Bewegungsbeschreibungen

Das Projekt verbindet die historische Erforschung der pragmatischen Dimension mittelalterlicher Texte zur Fechtkunst mit einer crowdbasierten Dokumentation von praktischem Wissen aus einer internationalen Community von Citizen Scholars im Medium des analytischen Video-Essays. Zentrale Eckpunkte sind dabei die Erprobung einer neuen digitalen Methode der Forschungsdokumentation mittels Videografie und ein Modellversuch im Sinne der Digital Public History, bei dem durch Public Outreach und Community Engagement ein Beitrag zur Verwissenschaftlichung der von Laien betriebenen performativen Erforschung mittelalterlicher Quellen geleistet werden soll.

Historiker:innen arbeiten in der Regel mit Text- und Bildzeugnissen sowie zuweilen auch mit Artefakten, um sich vielfältige Aspekte der untersuchten Vergangenheit sinnverstehend zu erschließen. Insbesondere die Arbeit mit der historischen Wissens- und Gebrauchsliteratur (Schultz-Balluf und Heiles 2020) stellt die Forschenden dabei jedoch vor zahlreiche Herausforderungen. Diese vormodernen Quellen enthalten unter anderem Kochrezepte, Abbildungen von komplexen Apparaturen, Aufzeichnungen zu spezialisierten Handwerksmethoden oder anderen komplexen Körpertechniken. Will man bei einer wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Texte nicht auf einer rein sprachlichen Ebene stehen bleiben und Worthäufigkeiten oder eine spezifische Fachlexik untersuchen, sondern sich ihrem „Sitz im Leben“ annähern, benötigt man zwangsläufig eine gewisse „Sachkunde“ (Droysen 1977, S. 174). Insbesondere in der Wissenschaftsgeschichte hat sich daher die Einbeziehung performativer Forschungsansätze etabliert (Hendriksen 2020) und es wurden in der Beschäftigung mit Textquellen der Vormoderne innovative Ansätze wie das von Pamela Smith initiierte „Making and Knowing Project“ ins Leben gerufen, bei dem praktische Lab-Workshops mit modernen Expert:innen für spezifische Handwerkstechniken die Erarbeitung der kommentierten digitalen Edition einer Handschrift des 16. Jahrhunderts flankierten (Smith et al. 2017; Smith 2022).

Das Projekt setzt an diesem Punkt an und erprobt neue digitale Methoden, um das praktische Wissen von sachkundigen modernen Expert:innen mittels Videografie digital zu dokumentieren und für die digital gestützte wissenschaftliche Textinterpretation zugänglich zu machen. Aufbauend auf einem DFG-Projekt zur Erforschung vormoderner Kampfbücher an der Universität Trier („Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts“, DFG-Projekt 465466524) werden im Rahmen eines „Interpretathons“ die bereits geknüpften Kontakte des Projektleiters zur internationalen Community der Praktizierenden von „Historical European Martial Arts“ (HEMA) genutzt, um eine performativ-interpretierende Annäherung an die Bewegungsbeschreibungen aus einer mittelalterlichen Handschrift zu erreichen. Als Quellenmaterial bietet sich hier die für die Überlieferung zur mittelalterlichen Fechtkunst zentrale Handschrift 3227a aus den Beständen des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg (GNM) an, die von der Digitalen Bibliothek des GNM als hochauflösendes Digitalisat bereitgestellt wird. Es handelt sich um die älteste bekannte Kommentierung der Fechtlehre des einflussreichen Meisters Johannes Liechtenauer (Wierschin 1965; Hils 1985; Welle 2014), die von einem anonymen Schreiber gegen Ende des 14. Jahrhunderts als Teil einer Sammlung persönlicher Notizen aufgezeichnet wurde (Burkart 2016, 2021). Die Handschrift beinhaltet die ersten detaillierten Beschreibungen von Grundtechniken und elaborierten Fechtlektionen einer Kampfkunst, die in den deutschsprachigen Fachschriften bis ins 17. Jahrhundert hinein tradiert wurde. Für nicht fechterisch geschulte Leser:innen erschließt sich die praktische Dimension dieses Textes und die Breite des Wissensraumes, auf den er verweist, jedoch nur in Ansätzen. Ähnlich wie eine musikalische Notation für nicht musikalisch geschulte Forscher:innen abstrakt bleiben muss, erschwert das Fehlen von praktischer Expertise und material literacy daher die wissenschaftliche Einordnung dieser Form von pragmatischer Schriftlichkeit.

Der Ansatz nutzt daher eine seit Beginn der 2000er Jahre bestehende Bewegung zur praktisch-kampfsportlichen Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Quellen (Jaquet und Sørensen 2015), deren Praktizierende im Rahmen eines Interpretathons aufgefordert werden, ihr in der Trainingspraxis erworbenes Wissen auf einen konkreten Quellenausschnitt anzuwenden und diesen praktisch zu interpretieren. Voraussetzung hierfür ist die Bereitstellung einer detaillierten Dokumentation, die sich an den für Transcribathons entwickelten Materialien orientiert und in der die im Zentrum stehenden Quellenpassagen für Citizen Scholars wissenschaftlich aufbereitet werden. Ebenfalls darin formuliert werden Ablauf und Ziele des Interpretationsprozesses, der zur Erarbeitung von Bewegungsabläufen führen soll, die mit den in der Quelle genannten Informationen kompatibel sind (Jaquet 2016). Entscheidend ist dabei zugleich, dass die Praktizierenden sich nicht auf eine einzelne Interpretation festlegen sollen, sondern im Zuge eines verkörperten Forschungsprozesses verschiedene konkurrierende Interpretationen der Quellenbeschreibung erarbeiten sollen, um sich auf diese Weise eine mittelalterliche Bewegungsnotation als performativen Möglichkeitsraum zu erschließen. In einem weiteren Abschnitt der Dokumentation wird in Anlehnung an die Beiträge im peer-reviewten Video-Journal „Journal of Embodied Research“ (JER) eine Anleitung für die videografische Dokumentation performativer Forschung gegeben, die sich an den Arbeiten von Ben Spatz orientiert (Spatz 2015, 2020). Die Dokumentation beinhaltet zudem Angaben zum genauen Zeitplan des Interpretathons (inklusive Zoom-Tutorien für die registrierten Teilnehmer:innen), den Modalitäten zur Einreichung der Beiträge sowie zu deren wissenschaftlicher Nachnutzung und zum Datenschutz.

Mit diesem Vorgehen werden zwei Ziele verbunden, die einen Austauschprozess zwischen fachwissenschaftlichem Diskurs und Bürgerforschung in Gang zu setzen helfen: Auf der einen Seite wird die praktisch-fechterische Expertise der Citizen Scholars im Sinne eines Crowd-sourcing einer fachwissenschaftlich-historischen Erforschung der mittelalterlichen Texte zur Kampfkunst zugänglich gemacht und durch archivierbare Videos nachnutzbar dokumentiert. Auf der anderen Seite wirkt das Projekt aber auch in die Community der praktizierenden Historischen Fechter:innen hinein und sorgt für eine Verwissenschaftlichung ihrer Praktiken und Diskurse. Ziel des Interprethatons ist nämlich nicht die Festschreibung einer finalen Bewegungsinterpretation, die im Sinne eines „so ist es gewesen“ die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und insbesondere der Alterität des Mittelalters behindern würde. Vielmehr geht es darum, verkörperte Technik als einen Wissensraum sichtbar zu machen, der von Varianz und (historischer wie individueller) Variation geprägt ist.

Das Projekt will im Sinne einer digital gestützten kritischen Körpergeschichte die Sensibilität für die historische Prägung menschlicher Körper auf materieller und neuronaler Ebene in Relation zu historischen Praktiken und Artefakten erhöhen. Mit Hilfe von digitalen Informationsmaterialien, Zoom-Tutorials und Anleitungen, die eine wissenschaftlich kontrollierte Produktion der Videoaufnahmen sicherstellen sollen, begleitet das Projekt Citizen Scholars in ihrer praktischen Embodied Research (zur Definition vgl. Spatz 2017) wissenschaftlich. In politisch-ethischer Hinsicht wirkt das Projekt u.a. über den Hinweis auf vernachlässigte Aspekte (mitunter den inhärenten Bezug der Kampfkunst zu mittelalterlichen Gewaltpraktiken) einem apologetischen und affirmativen Mittelalterbild entgegen, wie es etwa durch Imaginationen (i.d.R. männlich konnotierter) heroisierter Gewaltakteure in Video-Spielen, Kinofilmen und Serien vermittelt wird.

Aus ethischer Perspektive ist eine performative Erforschung mittelalterlicher Kampftechniken nämlich nur deshalb vertretbar, weil ein Erlernen und Einüben von Körpertechniken des Kämpfens nicht im Rahmen einer sozial-disruptiven Gewaltsituation erfolgt, sondern eine kooperative Übungsumgebung und eine handlungsfolgenentlastete Didaktisierung im Sinne des Bewegungslernens voraussetzt. Aufzeichnungen zur mittelalterlichen Kampfkunst – die im Übrigen die ältesten detaillierten Aufzeichnungen zu komplexen Körpertechniken im europäischen Kontext überhaupt darstellen – thematisieren damit zwar Akte der extremen Gewalt und wollen ihre Anwender:innen proaktiv auf diese vorbereiten, sie sind aber nicht mit faktischer Gewalttätigkeit gleichzusetzen. Oder, wie Paul Bowman bemerkt: „In martial arts, violence is not the problem; violence is the problematic“ (Bowman 2021, S. 237). Vielmehr stellt sich das Praktizieren von Kampfkunst aus (körper-)historischer Perspektive als ein für höfische wie auch städtische Kreise gleichermaßen hochgradig relevanter Bestandteil mittelalterlicher Kultur und Sozialität dar, dessen Bedeutung in der Forschung bisher nur ansatzweise erschlossen worden ist (Anglo 2000). Das Projekt bietet damit eine wissenschaftlich gerahmte Alternative zur Heroisierung von Gewaltakteuren in Video-Spielen und anderen Medien. Zugleich trägt es durch die wissenschaftlich begleitete, digital gestützte Erhebung und Sammlung videografischer Forschungsdaten zur Etablierung einer Datenkultur im Interaktionsraum von Wissenschaft und Bürgerwissenschaft bei.

Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts (DFG - Projektnummer 465466524, Laufzeit 06/2022-05/2025)

Homepage: fightbooks.uni-trier.de (im Aufbau)

Kämpfen stellt in den überlieferten Zeugnissen des Mittelalters eine der wichtigsten zwischenmenschlichen Interaktionsformen dar. Das gilt einerseits für die konkrete Praxis der gewalttätigen Auseinandersetzung in Krieg, Fehde oder Zweikampf, auf die heute aufgrund ihrer Flüchtigkeit lediglich Spuren wie archäologische Knochenbefunde oder im Kampf verwendete Artefakte verweisen können. Andererseits zählt das Kämpfen auch zu den am stärksten symbolisch aufgeladenen Handlungen menschlicher Kultur, sodass Darstellungen kämpferischer Handlungen in religiösen, historiographischen und literarischen Texten sowie als Motiv der bildenden Kunst eine zentrale Stellung einnehmen. Neben gewalttätigem Kämpfen im engeren Sinne sind aber auch Praktiken des reglementierten Wettkampfes und des nicht ernsten Kämpfens dokumentiert, die als Teil einer Übungs-, Freizeit- und Körperkultur eine wichtige soziale Rolle spielten.

Vor diesem Hintergrund entstanden im späten Mittelalter mit den Fecht- oder Kampfbüchern komplexe Fachschriften, welche das Beschreiben und Darstellen des Kämpfens mit der Praxis der physischen Auseinandersetzung verbanden: Anfang des 14. Jahrhunderts begannen Fechtmeister, ihr spezifisches Körperwissen und ihre didaktischen Praxislehren zu Ringkampf und Waffengebrauch in zumeist umfangreich bebilderten Handschriften aufzuzeichnen. Diese seit dem frühen 16. Jahrhundert auch im Druck verbreiteten Abhandlungen zum Kämpfen als (Handwerks-)Kunst stellen die ersten systematischen Aufzeichnungen zu mittelalterlichen Körpertechniken überhaupt dar. Sie setzten Maßstäbe auf dem Gebiet der Bewegungsnotation und prägten grundlegend den Aufbau unserer heutigen Ratgeberliteratur zu verschiedensten Sportarten. Bislang wurden die Kampfbücher jedoch noch nie umfassend aus einer kulturgeschichtlichen Perspektive untersucht.

Das Projekt nähert sich dem Korpus der handschriftlichen und gedruckten Kampfbücher des 14.–16. Jahrhunderts in Verbindung mit komplementären Zeugnissen auf einer

(1) diskurs- und mediengeschichtlichen,

(2) praxeographischen und

(3) kulturtheoretischen Ebene.

Entscheidend ist dabei, die Texte als Teil eines Ausbildungszusammenhangs zu analysieren, in dem das Kämpfen als subjektiv erlebte Praxis zum Gegenstand eines von Fechtmeistern dominierten Expertendiskurses wurde. Zentral hierfür war eine Professionalisierung im Verlauf des späten Mittelalters und die Gründung von zunftähnlichen Fechtbruderschaften auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches. Die Popularität von öffentlichem Unterricht und Fechtwettkämpfen zeugt zugleich von der Breitenwirksamkeit dieser Phänomene, die in erster Linie in einem städtischen Umfeld angesiedelt waren. Das Erkenntnisziel des Projekts besteht in der kulturgeschichtlichen Untersuchung der komplexen Beziehung zwischen handgreiflichen Praktiken des Kämpfens und ihrer Diskursivierung, Didaktisierung und Medialisierung unter Einbeziehung der Stadt als Produktionsraum kämpferischen Fachwissens.

International Conference: Fighting – Knowledge – Bodies (Trier, 11.-13.09.2019)

Fighting as a social practice and as a mode of interpersonal interaction is omnipresent in historical tradition. In addition to various forms of violent confrontation, normed forms of fighting as well as friendly fighting competitions can be observed throughout the ages. They were (and still are) part of a recreational and sports culture, have contributed to the creation of communities and are part of the articulation of gendered identities and the representation of social status. Nevertheless, fighting has yet to be examined in an overarching, systematic and historical perspective. So far, scholarly discourse has treated fighting practices in a compartmentalized way: as a means to resolve conflicts (political history), as an expression of violence (research in the history of violence and crime, sociology of violence), as an object of military history or sports science, and as a specialized topic examining concrete historical contexts (e.g. medieval judicial duels, tournaments, and fencing schools, early modern duels). This sectoral separation, usually associated with a categorical differentiation between violent and normative / playful forms of fighting, prohibits a systematic reconstruction of the entangled history of the transfer of knowledge and bodily practices.

This conference, by contrast, focuses on the structural similarities, knowledge systems and discourses as well as the material foundations of fighting practices. “Fighting”, in this context, is understood literally, without any metaphorical connotation, as a tangible confrontation between human actors. As such, fighting permeates all strata of society as a historically and culturally variable practice and experience. It is a polysemic phenomenon and takes various forms. The conference’s objective is to explore its dimensions in a historical perspective, to test different methodological approaches across epochs and to define common areas of interest for future research.
To achieve this goal, three analytical perspectives will be linked: Firstly, the praxeological perspective, which aims at reconstructing fighting practices in terms of their framework (persons involved, modalities, contemporary norms and sanctions), investigating how these practices were symbolically charged and reconstructing their significance in processes of social stratification. Secondly, the conference will question the topic from the perspective of the history of knowledge, tracing the resources and reservoirs of knowledges on combat. Thirdly, it will adopt a perspective developed to investigate the history of the body, asking what kind of physicalities were created by fighting practices (embodiment of knowledge).

The human body stands at the nexus of all three perspectives. It represents the conditio sine qua non of combative interaction. Its materiality determines the vulnerability of every body as well as its potential to mete out pain and violence onto others (Sofsky 2005). This materiality of human existence renders struggle and violence into a resource, which in principle is available to every individual. Yet the productivity of fighting (knowledge and practices) can only be understood fully by going beyond a narrow conception of fighting as a phenomenon of violence or violentia. Instead, the productivity of this corporeal practice has to be taken into account as well. To capture this characteristic, we employ a conceptual framework developed in feminist theory, gender and queer studies (Braidotti 2002, Ahmed 2008, Netzwerk Körper in den Kulturwissenschaften 2012) and consider the human body as a cultural artifact, articulated through the complex interaction of physical structure (heredity, abilities), social practices, and corporeal knowledge. In line with current sociological accounts coming from the field of theatre and performance studies, techniques are understood as "transmissible and repeatable
knowledge of relatively reliable possibilities afforded by human embodiment" (Spatz 2015) and thus conceived as a form of knowledge which affects and structures individual bodies, but also spreads from one body to another.

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Kreuzzug als Selbstbeschreibung. Burgundische Statuspolitik in den spätmittelalterlichen Traktaten des Jean Germain (Dissertation, im open access online verfügbar unter: https://doi.org/10.17885/heiup.628)

Die Geschichte der Valois-Herzöge von Burgund (1363–1477) kann aus der Retrospektive zu einer Gegenüberstellung von modernen und mittelalterlichen Elementen dieser Herrschaftsbildung verleiten. Insbesondere die Kreuzzugspläne Philipps des Guten (1419–1467) erscheinen vor dieser Folie wie das letzte Aufblühen einer mittelalterlichen Kultur, die nicht recht zu dem klassischen Narrativ eines »burgundischen Staates« passen will. Statt in Philipp dem Guten aber einen Don Quijote des 15. Jahrhunderts oder den Vorläufer des »letzten Ritters« Maximilian zu sehen, untersucht die Studie seine Kreuzzugsprojekte als Bestandteil einer burgundischen Statuspolitik: Die ostentative Bereitschaft zur Verteidigung des Glaubens erlaubte der jungen Dynastie, eine Höherrangigkeit im Kreis der europäischen Fürsten zu beanspruchen. Zur Analyse des burgundischen Kreuzzugsdiskurses stützt sich die Arbeit auf drei Traktate des Bischofs Jean Germain († 1461), die er als erster Kanzler des Ordens vom Goldenen Vlies verfasste. Methodologisch betritt sie dabei Neuland, indem eine sequenzanalytische Methode der rekonstruktiven Sozialforschung mit einer diskursanalytischen Perspektive verbunden und zur Untersuchung des Text-Bild-Programms spätmittelalterlicher Handschriften herangezogen wird.


Vita

  • 06/2025–12/2025
    Projektleiter des NFDI4Memory Incubator Projekts „Embodied Interpretathon – Crowdbasierte Interpretation von mittelalterlichen Bewegungsbeschreibungen“, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
  • 06/2022–05/2025
    Projektleiter des DFG-Projekts "Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts" (DFG - Projektnummer 465466524)
  • 12/2023
    Erwerb des Rheinland-Pfalz-Zertifikats für Hochschuldidaktik im Rahmen des Kurses "Embodied Research in der Geschichtswissenschaft – Eine Einführung in performative Methoden der Körpergeschichte"
  • 04/2022–05/2022
    Elternzeit (zweites Kind)
  • 08/2015–03/2022
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Assistenz) an der Professur für Mittelalterliche Geschichte der Universität Trier (Prof. Dr. Petra Schulte)
  • 07/2015
    Promotion zum Thema  "Kreuzzugsbereitschaft als Selbstbeschreibung. Die Verteidigung des Glaubens als Element burgundischer Statuspolitik in den Traktaten des Jean Germain (†1461)" (Prof. Dr. Heribert Müller/Prof. Dr. Bernhard Jussen, Frankfurt a. M.)
  • 07/2013–06/2015
    Wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Projekt "Der mittelalterliche Zweikampf als agonale Praktik zwischen Recht, Ritual und Leibesübung" an der Technischen Universität Dresden (Prof. Dr. Uwe Israel)
  • 08/2012
    Forschungsstipendiat des Deutschen Historischen Instituts, Paris
  • 07/2011 und 02/2012
    Stipendiat des Collège doctoral franco-allemand der Johann Wolfgang Goethe-Universität und der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne
  • 07/2009–06/2012
    Promotionsstipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes
  • 11/2003–11/2008
    Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes
  • 10/2003–11/2008
    Studium der Politikwissenschaft sowie der Mittleren und Neueren Geschichte an der Goethe-Universität, Frankfurt a. M.

Publikationen

Monographien

  1. Kreuzzug als Selbstbeschreibung. Burgundische Statuspolitik in den spätmittelalterlichen Traktaten des Jean Germain (Pariser Historische Studien, 117), Heidelberg 2020. DOI: 10.17885/heiup.628.
  2. Die Verschriftlichung der Kampfkunst. Praktiken des Kämpfens als Wissensobjekte in den Fechtbüchern des 14.–16. Jahrhunderts, Habilitationsschrift, Universität Trier [in Vorbereitung]

Herausgeberschaften

  1. [mit Vincenz Schwab]: Informationsverarbeitung in der Stadt des 12.–16. Jahrhunderts. Beiträge des interdisziplinären (Post-)Doc-Workshop des Trierer Zentrums für Mediävistik im November 2018 (Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, Beihefte 2), 2021. DOI: 10.26012/mittelalter-26920
  2. [mit Jacob Deacon]: A Companion to Fight Books and Fencing Practices in Late Medieval and Early Modern Europe. Woodbridge: Boydell&Brewer (Armour and Weapons) [in Vorbereitung].

Aufsätze und Beiträge in Zeitschriften

  1. [in Vorbereitung, angen. 02/2025] Ways of Transmitting Embodied Knowledge as the Common Denominator for a Global History of Martial Arts. Contrasting Approaches to the Didactic Legacy of Master Johannes Liechtenauer in the 15th Century Fight Books of Paulus Kal and Hans Talhofer. In: Hing Chao (Hg.), Proceedings of the 5th International Martial Studies Conference. Singapore: Springer Nature (Martial Studies, 3).
  2. [in Vorbereitung, angen. 05/2022] The Martial Self of Paul Hector Mair. Burgher Self-Fashioning and Martial Arts Literature in 16th Century Augsburg. In: Regula Schmid und Daniel Jaquet (Hg.): Martial Culture in European Towns. Woodbridge: Boydell&Brewer (Armour and Weapons).
  3. [in Vorbereitung, angen. 05/2022] Die Verschriftlichung der Kampfkunst im Spätmittelalter. Landshuter Expertenkulturen des Kämpfens am Beispiel der Werke von Paul Kal und Hans Wurm. In: Verena Linseis-Meier und Klaus Wolf (Hg.): Literatur und Text im Umkreis des Landshuter Hofs und in der Stadt bis 1503. Landshut: Museen der Stadt Landshut.
  4. [in Vorbereitung, angen. 02/2019] Kampfbücher, in: Quellen zur frühneuzeitlichen Militärgeschichte, hrsg. v. Marian Füssel/ Daniel Hohrath/Thomas Weißbrich, Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.
  5. Informationsverarbeitung durch autographe Notizen. Die ältesten Aufzeichnungen zur Kampfkunst des Johannes Liechtenauer als Spuren einer Aneignung praktischen Wissens, in: Informationsverarbeitung in der Stadt des 12.-16. Jahrhunderts. Beiträge des interdisziplinären (Post-)Doc-Workshop des Trierer Zentrums für Mediävistik im November 2018, hrsg. v. Eric Burkart/Vincenz Schwab (Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, Beihefte 2), 2020, S. 117–158. DOI: 10.26012/mittelalter-25866.
  6. La production littéraire de Jean Germain, dans: Jean Germain (v.1396-1461) - Évêque de Chalon, chancelier de l'ordre de la Toison d'or, dir. Delphine Lannaud/Jacques Paviot, Charnay-les-Mâcon 2019, p. 129-136.
  7. Mensch – Waffe – Körperwissen. Die bildliche und textliche Repräsentation von embodied knowledge in vormodernen Kampfbüchern, in: Objekte des Krieges, hrsg. v. Romana Kaske/Julia Saviello, Berlin/Boston 2019, S. 49–66. DOI: 10.1515/9783110608410-003
  8. Die Erforschung spätmittelalterlicher Kampfbücher. Vier Buchbesprechungen zu einem neuen Forschungsfeld, in: Francia 45 (2018), S. 219–240. DOI: 10.11588/fr.2018.0.70118
  9. Plaider pour la croisade et légitimer le pouvoir : Les traités de Jean Germain, présentés en 1451 au chapitre de la Toison d'or, dans: Cultures de la décision dans l’espace bourguignon: acteurs, conflits, représentation, dir. Alain Marchandisse/Gilles Docquier, coll. Nils Bock (Publications du Centre Européen d'Etudes Bourguignonnes, 57), Neuchâtel 2017, p. 143–156. DOI: 10.1484/J.PCEEB.4.2017031
  10. Kreuzzugsrhetorik als burgundische Selbstbeschreibung. Der Beitrag des Jean Germain († 1461), Bischof von Chalon-sur-Saône und erster Kanzler des Ordens vom Goldenen Vlies, zu einer burgundischen Statuspolitik, in: Et l'homme dans tout cela? Von Menschen, Mächten und Motiven. Festschrift für Heribert Müller zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Gabriele Annas/Jessika Nowak (Frankfurter Historische Abhandlungen, 48), Stuttgart 2017, S. 651–667.
  11. Body Techniques of Combat: The Depiction of a Personal Fighting System in the Fight Books of Hans Talhofer (1443-1467 CE), in: Killing and Being Killed. Perspectives on Bodies in Battle, ed. by Jörg Rogge (Mainz Historical Cultural Sciences, 38), Bielefeld 2017, pp. 109–130. DOI: 10.14361/9783839437834-008
  12. Limits of Understanding in the Study of Lost Martial Arts. Epistemological Reflections on the Mediality of Historical Records of Technique and the Status of Modern (Re-)Constructions, in: Acta Periodica Duellatorum 4-2 (2016), pp. 5–30. DOI: 10.1515/apd-2016-0008
  13. Den Kampf anhalten. Bildliche Bewegungsdidaktiken in moderner Ratgeberliteratur und in europäischen Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts, in: »Die Welt anhalten«. Von Bildern, Fotografie und Wissenschaft, hrsg. v. Günter Burkart/Nikolaus Meyer, Weinheim/Basel 2016, S. 174–201.
  14. The Autograph of an Erudite Martial Artist: A Close Reading of Nuremberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs. 3227a, in: Late Medieval and Early Modern Fight Books. Transmission and Tradition of Martial Arts in Europe (14th-17th Centuries), ed. by Daniel Jaquet et al. (History of Warfare, 112), Leiden/Boston 2016, pp. 451–80. DOI: 10.1163/9789004324725_017
  15. Zweikampfpraktiken zwischen sozialer Normierung, medialer Präsentation und wissenschaftlicher Einordnung, in: Agon und Distinktion. Soziale Räume des Zweikampfs zwischen Mittelalter und Neuzeit, hrsg. v. Uwe Israel/Christian Jaser (Geschichte, Forschung und Wissenschaft, 47), Berlin/Münster 2016, S. 4–14.
  16. Kommentar zur Sektion „Militär – Söldner“, in: Agon und Distinktion. Soziale Räume des Zweikampfs zwischen Mittelalter und Neuzeit, hrsg. v. Uwe Israel/Christian Jaser (Geschichte, Forschung und Wissenschaft, 47), Berlin/Münster 2016, S. 169–178.
  17. Die Aufzeichnung des Nicht-Sagbaren. Annäherung an die kommunikative Funktion der Bilder in den Fechtbüchern des Hans Talhofer, in: Zweikämpfer: Fechtmeister – Kämpen – Samurai, hrsg. v. Uwe Israel/Christian Jaser (Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung 19.2), Berlin 2014, S. 253–301. DOI: 10.1515/mial-2014-0017
  18. [mit Matthias Hofferberth/Tanja Brühl/Marco Fey/Anne Peltner]: Multinational Enterprises as »Social Actors« – Constructivist Explanations for Corporate Social Responsibility, Global Society 25: 2 (2011), 205-226. DOI: 10.1080/13600826.2011.553533

Kleinere Beiträge und Public Outreach

  1. [Podcast-Interview] On Historical European Fight Books and Cultural Theory with Dr. Eric Burkart, Martial Arts Studies Podcast, Prof. Paul Bowman, 22.02.2021, https://youtu.be/1hePZ6x0_7M.
  2. [Podcast-Interview] HEMA vs. Wissenschaft, Schwertgeflüster - Der HEMA Podcast, 17.12.2020, https://www.schwertgefluester.de/hema-vs-wissenschaft-eric-burkart/.
  3. [Keynote] Fighting Complexity. Fight Books as Attempts to Organise Embodied Knowledge, gehalten am Deutschen Klingenmuseum Solingen anlässlich der Konferenz "Fight Books in Comparative Perspective", 17.09.2019, https://youtu.be/A30i2unzQ1Q.
  4. Kämpfen als Kunst im Spätmittelalter, in: Blog des Cusanus-Instituts – Werktsatt für Intellectual History, 15.08.2018, https://cusanus.hypotheses.org/295.

Tagungsberichte

  1. Gleichheit in einer ungleichen Welt? Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte e.V., 12.03.2024 – 15.03.2024, Reichenau, in: H-Soz-Kult, 13.11.2024,https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-151244.
  2. HT 2018: Rat und Resilienz. Krisenbewältigung in der Stadt des 14. bis 16. Jahrhunderts, 25.09.2018 – 28.09.2018, Münster, in: H-Soz-Kult, 21.12.2018, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8029.
  3. Kampf um Reputation. Kämpen, Fechtmeister und Duellanten zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit, 19.01.2012 – 20.01.2012, Dresden, in: H-Soz-Kult, 14.03.2012, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-4120.
  4. [mit Christian Kleinert]: La cour de Bourgogne et l’Europe. Le rayonnement et les limites d’un modèle culturel, 09.10.2007 – 11.10.2007, Paris, in: Mitteilungen der Residenzen- Kommission 18/2 (2008), 45-57.

Rezensionen

  1. Bernd Schneidmüller, Grenzerfahrung und monarchische Ordnung, Europa 1200–1500 (C.H. Beck Geschichte Europas), München 2011, in: Francia-Recensio 1/2012, online verfügbar unter: http://www.perspectivia.net/publikationen/francia/francia-recensio/2012-1/MA/schneidmueller_burkart.

 

Mitgliedschaften

  • Trierer Kolleg für Mittelalter und Neuzeit (TriKo)
  • Junges Kolleg am TriKo (wiss. Leitung)
  • Netzwerk Historische Wissens- und Gebrauchsliteratur e.V. (Gründungsmitglied)
  • Experimentalarchäologisches Freilichtlabor Lauresham, UNESCO Welterbe Kloster Lorsch (ehrenamtlicher Mitarbeiter)
  • Deutscher Dachverband für Historisches Fechten e.V. (Organisator des Citizen Science Projekts „DDHF Forschungsforum“)
  • DFG-Netzwerk Jagd, Interdisziplinäres Netzwerk für ein Handbuch zur Kulturgeschichte der Jagd (nachnominiertes Mitglied)
  • Zeitschrift „Acta Periodica Duellatorum” (Scientific Committee, Peer Reviewer)
  • Martial Arts Studies Research Network, Cardiff University (Mitglied und Peer Reviewer für das Martial Arts Studies Journal)
  • Centre européen d'études bourguignonnes (XIVe-XVIe siècles) (Mitglied)
  • Freunde des Deutschen Klingenmuseums e. V. (Mitglied)
  • Verband der Historiker:innen Deutschlands (Mitglied)