Zensus 2011 - Ein Projekt zur methodischen Grundlagenforschung

Mit dem Zensus 2011 findet nach 1981 (DDR) bzw. 1987 (BRD) wieder ein Zensus im Rahmen einer EU-weiten Volkszählungsrunde statt. Statt einer traditionellen Volkszählung mit einer Befragung aller Haushalte durch Interviewer wird 2011 ein registergestützter Zensus durchgeführt. Diese Erhebungsmethode ist durch geringere Kosten und eine erhebliche Reduktion der Befragungsbelastung der Bevölkerung gekennzeichnet.
Beim Zensus 2011 werden zunächst Informationen aus den Melderegistern zur Ermittlung der Bevölkerungszahl herangezogen. Zur Abschätzung möglicher vorhandener Registerfehler, Karteileichen und Fehlbestände, mit deren Hilfe die amtliche Einwohnermeldezahl bestimmt wird, sowie weiterer interessierender personenbezogener Zensusmerkmale, wie etwa zur Ausbildung oder zum Erwerbsleben, wird eine ergänzende Stichprobe gezogen. Weitere Informationen zu den verschiedenen Bestandteilen des Zensus sind unter http://www.zensus2011.de zu finden.

Das Ziel des Zensus-Stichprobenforschungsprojektes, welches von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gefördert wurde, bestand aus zwei Teilen:

  1. Entwicklung eines geeigneten Stichprobenplans, der möglichst geringe Kosten und einen moderaten Befragungsaufwand der Bürger mit qualitativ hohen Angaben für den Zensus verbindet;
  2. Entwicklung einer Schätzmethodik, mit deren Hilfe die Qualitätsvorgaben eingehalten werden können. Hierfür sollten neue Erhebungsstrategien erforscht und auf ihren praktischen Einsatz hin getestet werden.  

Untersucht wurden im Rahmen des Stichprobenforschungsprojektes zum einen unterschiedliche Stichprobenpläne und zum anderen in der statistischen Forschung aktuelle Schätzmethodiken, insbesondere Small Area-Methoden. Für die Stichprobenziehung wurde hierbei ein neues Verfahren entwickelt, das optimal die verfügbaren Informationen nutzt und so die Erfüllung der statistischen wie auch der gesetzlich festgelegten Anforderungen an den Zensus ermöglicht. Weiterhin wurden aktuelle Schätzer auf ihre Chancen (Verbesserung der Ergebnisse) und Risiken (mögliche Qualitätsverluste bei ungeeignetem Einsatz) hin untersucht. Um die Untersuchungen möglichst reliabel zu gestalten, wurde eine groß angelegte Simulationsstudie programmiert. Hierbei wurden verschiedene plausible Registerfehlermodelle implementiert, anhand derer gezeigt wurde, wie sich die verschiedenen Kombinationen von Schätzern, Stichprobendesigns und Fragestellung bei unterschiedlichen Registerfehlerstrukturen verhalten. Weiterhin wurden in anderen Ländern existierende Ansätze auf ihre Anwendbarkeit im deutschen Zensus hin überprüft.

Das Forschungsprojekt startete 2007 und wurde Ende 2010 erfolgreich beendet.

Die abschließenden Ergebnisse der Untersuchungen und die Methodenempfehlungen werden in einem Buch veröffentlicht, das voraussichtlich im 1. Quartal 2012 erscheint.

 

Liste der zugehörigen Publikationen:

Publikationen:

Münnich, R. ; Gabler, S. ; Ganninger, M. ; Burgard, J.P. ; Kolb, J.-P.(2012): Statistik und Wissenschaft. Bd. 21:Stichprobenoptimierung und Schätzung im Zensus 2011. Destatis: Wiesbaden, 2012. 

Burgard, J.P.; Münnich, R. (2010): Modelling over and undercounts for design-based Monte Carlo studies in small area estimation: An application to the German register-assisted census. Computational Statistics and Data Analysis. Für die Forschungsarbeiten zu diesem Artikel hat Herr Burgard den Josef A. Schumpeter-Preis von der Hauptverwaltung Mainz der Deutschen Bundesbank im Novemeber 2011 verliehen bekommen.

Münnich, R.; Burgard, J. P. (2011):Sampling and Weighting in Small Area Statistics. Journal of the Indian Society of Agricultural Statistics. Invited Paper für den Sonderband zur Small Area-Statistik. (Status: Eingereicht)

Münnich, R.; Gabler, S.; Ganninger, M.; Burgard, J. P.; Kolb, J.-P. (2011):Das Stichprobendesign des registergestützten Zensus 2011. Methoden - Daten - Analysen.

Münnich, R.; Sachs, E.; Wagner, M.:
A comparison of box constraint optimization algorithms for optimal allocation in strati_ed random sampling. (Status: Eingereicht)

Gabler, S.; Ganninger, M.; Münnich, R. (2010):
Optimal allocation of the sample size to strata under box constraints. Metrika.

Vorarbeiten:

Magg, K.; Münnich, R.; Schäfer, J. (2006):Small Area Estimation beim Zensus 2011. In: Forschungsdatenzentrum der Statistischen Landesämter (Hrsg.): Amtliche Mikrodaten für die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Beiträge zu den Nutzerkonferenzen des FDZ der Statistischen Landesämter 2005.

Münnich, R.; Gabler, S.; Ganninger, M. (2007):Some remarks on the register-based Census 2010/2011 in Germany. Proceedings of the ISI Satellite Meeting on Innovative Methodologies for Censuses in the New Millenium.

Münnich, R.; Magg, K. (2006):Design und Schätzqualität im registergestützten Zensus - Ergebnisse einer Monte-Carlo-Studie. In: Faulbaum, F.; Wolf, C. (Hrsg.): Stichprobenqualität in Bevölkerungsumfragen. Tagungsberichte, Band 12, Informationszentrum Sozialwissenschaften,Bonn. Proceedings der ASI Jahrestagung 2005 in Berlin.

Dissertationen:

Lucie Dostal:Alternative Methoden zur Small Area-Schätzung. (Abgegeben im Februar 2011)

Martin Vogt:Spatial modeling in small area statistics: a model comparison with applications to the German Census 2011.

Diplomarbeiten:

Jan Pablo Burgard:Schätzung von Fehlbeständen und Karteileichen mit Hilfe von Multi-level Modellen.

Jan-Philipp Kolb:Die Erzeugung synthetischer Populationen als Basis zur Mikrosimulation.

Martin Vogt:Small Area Estimation: Die Schätzer von Fay-Herriot und Battese-Fuller-Harter. Diese Arbeit wurde vom Statistischen Bundesamt 2008 mit dem Gerhard-Fürst-Preis ausgezeichnet.